der Natur, will alles an sich reißen, vom Lamme seine Eingeweide, um eine Harfe widertönen zu lassen, vom Wallfisch seine Barten, um das Mieder des jungen Mädchens zu halten; seine Tafeln sind bedeckt mit Cadavern. Ja, dem Menschen ist in dem unerforsch¬ lichen Rathschluß des Ewigen das Amt gegeben, den Menschen zu erwürgen, und der Krieg ists, der den Spruch erfüllt. Die Erde selbst schreit nach Blut. Das der Thiere genügt ihr nicht, auch nicht das der Schuldigen, das durch das Schwert des Gesetzes vergossen wird. Sie will mehr Blut, reineres. Der Mensch, von einer göttlichen Wuth ergriffen, an der Haß und Zorn keinen Theil haben, rückt ins Schlachtfeld und thut mit Begeisterung, wovor er schaudert. In Erfüllung des großen Gesetzes, das gewaltsame Zerstörung unter den lebenden Wesen fordert, ist die ganze Erde, fortwährend von Blut getränkt, nur ein ungeheurer Altar, auf dem alles geopfert werden muß ohne Ende. Ja, meine Theure, zweifeln Sie daran, wenn Sie die Weltgeschichte durchblättern, wenn Sie die rothen Schlachtfelder überblicken, mit denen der gekrönte Korse die Länder füllt, daß der Würgeengel sie umkreist wie die Sonne, und eine Nation nur aufkommen läßt, um andere zu schlagen! Wenn die Verbrechen sich gehäuft über das Maaß, dann verfolgt mit Hast der Engel, ohne Maaß zu kennen, seinen unermüdlichen Flug. Die sicht- und greifbaren Anlässe erklären den Krieg nicht; jeder kennt ja das Uebel; wenn sie wollten,
der Natur, will alles an ſich reißen, vom Lamme ſeine Eingeweide, um eine Harfe widertönen zu laſſen, vom Wallfiſch ſeine Barten, um das Mieder des jungen Mädchens zu halten; ſeine Tafeln ſind bedeckt mit Cadavern. Ja, dem Menſchen iſt in dem unerforſch¬ lichen Rathſchluß des Ewigen das Amt gegeben, den Menſchen zu erwürgen, und der Krieg iſts, der den Spruch erfüllt. Die Erde ſelbſt ſchreit nach Blut. Das der Thiere genügt ihr nicht, auch nicht das der Schuldigen, das durch das Schwert des Geſetzes vergoſſen wird. Sie will mehr Blut, reineres. Der Menſch, von einer göttlichen Wuth ergriffen, an der Haß und Zorn keinen Theil haben, rückt ins Schlachtfeld und thut mit Begeiſterung, wovor er ſchaudert. In Erfüllung des großen Geſetzes, das gewaltſame Zerſtörung unter den lebenden Weſen fordert, iſt die ganze Erde, fortwährend von Blut getränkt, nur ein ungeheurer Altar, auf dem alles geopfert werden muß ohne Ende. Ja, meine Theure, zweifeln Sie daran, wenn Sie die Weltgeſchichte durchblättern, wenn Sie die rothen Schlachtfelder überblicken, mit denen der gekrönte Korſe die Länder füllt, daß der Würgeengel ſie umkreiſt wie die Sonne, und eine Nation nur aufkommen läßt, um andere zu ſchlagen! Wenn die Verbrechen ſich gehäuft über das Maaß, dann verfolgt mit Haſt der Engel, ohne Maaß zu kennen, ſeinen unermüdlichen Flug. Die ſicht- und greifbaren Anläſſe erklären den Krieg nicht; jeder kennt ja das Uebel; wenn ſie wollten,
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der Natur, will alles an ſich reißen, vom Lamme
ſeine Eingeweide, um eine Harfe widertönen zu laſſen,
vom Wallfiſch ſeine Barten, um das Mieder des jungen
Mädchens zu halten; ſeine Tafeln ſind bedeckt mit
Cadavern. Ja, dem Menſchen iſt in dem unerforſch¬
lichen Rathſchluß des Ewigen das Amt gegeben, den
Menſchen zu erwürgen, und der Krieg iſts, der den
Spruch erfüllt. Die Erde ſelbſt ſchreit nach Blut.
Das der Thiere genügt ihr nicht, auch nicht das der
Schuldigen, das durch das Schwert des Geſetzes
vergoſſen wird. Sie will mehr Blut, reineres. Der
Menſch, von einer göttlichen Wuth ergriffen, an der
Haß und Zorn keinen Theil haben, rückt ins
Schlachtfeld und thut mit Begeiſterung, wovor er
ſchaudert. In Erfüllung des großen Geſetzes, das
gewaltſame Zerſtörung unter den lebenden Weſen
fordert, iſt die ganze Erde, fortwährend von Blut
getränkt, nur ein ungeheurer Altar, auf dem alles
geopfert werden muß ohne Ende. Ja, meine Theure,
zweifeln Sie daran, wenn Sie die Weltgeſchichte
durchblättern, wenn Sie die rothen Schlachtfelder
überblicken, mit denen der gekrönte Korſe die Länder
füllt, daß der Würgeengel ſie umkreiſt wie die Sonne,
und eine Nation nur aufkommen läßt, um andere
zu ſchlagen! Wenn die Verbrechen ſich gehäuft über
das Maaß, dann verfolgt mit Haſt der Engel, ohne
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/183>, abgerufen am 09.11.2024.
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