Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

zu haben! Wie er dalag auf der Schwelle, zerknirscht,
gebrochen an Leib und Seele, und nun zückte das
Gnadenwort des Vaters wie ein Sonnenstrahl nach
langen grauen Tagen, der Himmel that sich auf in
seiner Herrlichkeit, als die Arme des Vaters sich
öffneten ihn zu umschließen. Er ward ein neuer
Mensch, er gesundete an Leib und Seele, alle Welt
wußte es, alle Welt freute sich mit ihm und das
große Geheimniß der Liebe ward Himmel und Erde
offenkundig!"

Es klang wunderschön, die Baronin wußte aber
doch nicht, was sie damit machen sollte: "Wenn ich
nur wüßte --"

"Weiß Ihr lieber Mann darum?" fiel die
Fürstin ein.

"Ach der! -- Er würde sich halb todt lachen,
wenn er alles wüßte. Es hat ihm schon Spaß ge¬
macht, daß er mich necken konnte."

"Wenn aber aus dem Spaß doch Ernst würde?
Wenn er in eifersüchtiger Laune -- es könnte eine
unangenehme Scene -- eine Scheidungsklage --"

"Ach, da hat er schon eine andre."

"Die Spanische Tänzerin soll ihm viel Geld
kosten."

"Das meinen Sie! Nein, ich meine die Braun¬
biegler."

"Die reiche corpulente Wittwe, mit den Edel¬
steinen und Ketten um den Hals! Die muß ja eine
fünfzigerin sein!"

zu haben! Wie er dalag auf der Schwelle, zerknirſcht,
gebrochen an Leib und Seele, und nun zückte das
Gnadenwort des Vaters wie ein Sonnenſtrahl nach
langen grauen Tagen, der Himmel that ſich auf in
ſeiner Herrlichkeit, als die Arme des Vaters ſich
öffneten ihn zu umſchließen. Er ward ein neuer
Menſch, er geſundete an Leib und Seele, alle Welt
wußte es, alle Welt freute ſich mit ihm und das
große Geheimniß der Liebe ward Himmel und Erde
offenkundig!“

Es klang wunderſchön, die Baronin wußte aber
doch nicht, was ſie damit machen ſollte: „Wenn ich
nur wüßte —“

„Weiß Ihr lieber Mann darum?“ fiel die
Fürſtin ein.

„Ach der! — Er würde ſich halb todt lachen,
wenn er alles wüßte. Es hat ihm ſchon Spaß ge¬
macht, daß er mich necken konnte.“

„Wenn aber aus dem Spaß doch Ernſt würde?
Wenn er in eiferſüchtiger Laune — es könnte eine
unangenehme Scene — eine Scheidungsklage —“

„Ach, da hat er ſchon eine andre.“

„Die Spaniſche Tänzerin ſoll ihm viel Geld
koſten.“

„Das meinen Sie! Nein, ich meine die Braun¬
biegler.“

„Die reiche corpulente Wittwe, mit den Edel¬
ſteinen und Ketten um den Hals! Die muß ja eine
fünfzigerin ſein!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="178"/>
zu haben! Wie er dalag auf der Schwelle, zerknir&#x017F;cht,<lb/>
gebrochen an Leib und Seele, und nun zückte das<lb/>
Gnadenwort des Vaters wie ein Sonnen&#x017F;trahl nach<lb/>
langen grauen Tagen, der Himmel that &#x017F;ich auf in<lb/>
&#x017F;einer Herrlichkeit, als die Arme des Vaters &#x017F;ich<lb/>
öffneten ihn zu um&#x017F;chließen. Er ward ein neuer<lb/>
Men&#x017F;ch, er ge&#x017F;undete an Leib und Seele, alle Welt<lb/>
wußte es, alle Welt freute &#x017F;ich mit ihm und das<lb/>
große Geheimniß der Liebe ward Himmel und Erde<lb/>
offenkundig!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Es klang wunder&#x017F;chön, die Baronin wußte aber<lb/>
doch nicht, was &#x017F;ie damit machen &#x017F;ollte: &#x201E;Wenn ich<lb/>
nur wüßte &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Weiß Ihr lieber Mann darum?&#x201C; fiel die<lb/>
Für&#x017F;tin ein.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach der! &#x2014; Er würde &#x017F;ich halb todt lachen,<lb/>
wenn er alles wüßte. Es hat ihm &#x017F;chon Spaß ge¬<lb/>
macht, daß er mich necken konnte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn aber aus dem Spaß doch Ern&#x017F;t würde?<lb/>
Wenn er in eifer&#x017F;üchtiger Laune &#x2014; es könnte eine<lb/>
unangenehme Scene &#x2014; eine Scheidungsklage &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach, da hat er &#x017F;chon eine andre.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Spani&#x017F;che Tänzerin &#x017F;oll ihm viel Geld<lb/>
ko&#x017F;ten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das meinen Sie! Nein, ich meine die Braun¬<lb/>
biegler.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die reiche corpulente Wittwe, mit den Edel¬<lb/>
&#x017F;teinen und Ketten um den Hals! Die muß ja eine<lb/>
fünfzigerin &#x017F;ein!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0188] zu haben! Wie er dalag auf der Schwelle, zerknirſcht, gebrochen an Leib und Seele, und nun zückte das Gnadenwort des Vaters wie ein Sonnenſtrahl nach langen grauen Tagen, der Himmel that ſich auf in ſeiner Herrlichkeit, als die Arme des Vaters ſich öffneten ihn zu umſchließen. Er ward ein neuer Menſch, er geſundete an Leib und Seele, alle Welt wußte es, alle Welt freute ſich mit ihm und das große Geheimniß der Liebe ward Himmel und Erde offenkundig!“ Es klang wunderſchön, die Baronin wußte aber doch nicht, was ſie damit machen ſollte: „Wenn ich nur wüßte —“ „Weiß Ihr lieber Mann darum?“ fiel die Fürſtin ein. „Ach der! — Er würde ſich halb todt lachen, wenn er alles wüßte. Es hat ihm ſchon Spaß ge¬ macht, daß er mich necken konnte.“ „Wenn aber aus dem Spaß doch Ernſt würde? Wenn er in eiferſüchtiger Laune — es könnte eine unangenehme Scene — eine Scheidungsklage —“ „Ach, da hat er ſchon eine andre.“ „Die Spaniſche Tänzerin ſoll ihm viel Geld koſten.“ „Das meinen Sie! Nein, ich meine die Braun¬ biegler.“ „Die reiche corpulente Wittwe, mit den Edel¬ ſteinen und Ketten um den Hals! Die muß ja eine fünfzigerin ſein!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/188
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/188>, abgerufen am 21.11.2024.