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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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sie sich. Man darf doch nicht gegen den Strom
schwimmen. Es gab sanfte Händedrücke, beinahe kam's
zu Umarmungen."

"Finis Germaniae!" seufzte der Rath.

"Gott bewahre! Der Fisch Germanien kann noch
lange zappeln. Tausend Harpunen ihm ins Herz,
sein Blut ins Meer verspritzt, er lebt doch, er ist
eine geduldige Bestie und schnappt immer wieder nach
jedem neuen glänzenden Köder, den ihm ein listiger
Nachbar hinwirft. Will er nicht, so braucht er nur
zu drohen, dann frißt er doch."

"Genug! Leben Sie wohl!"

"Nein, Bester, jetzt wird sich erst der eigenthümliche
Glanz der Staatskunst entfalten. Nichts thun, und wenn
man in der Klemme steckt, sich justificiren und glorifici¬
ren, daß man die Hände in den Schooß gelegt. Warten
Sie nur auf die herrlichen Staatsschriften und Zei¬
tungsartikel. Das wird salbungsvoll riechen. Mit
Humanität und Philosophie und Christenthum wird
man dem Volk beweisen, daß die Weisheit selbst nicht
weiser hätte handeln können. Die guten Bürger
werden sich die Augen wischen vor Rührung, und
das "Heil dir im Siegerkranz" wird noch einmal so
schön klingen, als wenn der König gesiegt hätte.
Man wird auf uns hetzen, die wir gehetzt haben, bis
das Volk es glaubt, daß wir nur ehrgeizige, unruhige
Köpfe waren. Sie glauben nicht, was dies Volk
glaubt, wenn man ihm sagt, daß wir seine Fleisch¬
töpfe am Feuer verrücken wollten. Man wird anrüchig

ſie ſich. Man darf doch nicht gegen den Strom
ſchwimmen. Es gab ſanfte Händedrücke, beinahe kam's
zu Umarmungen.“

„Finis Germaniae!“ ſeufzte der Rath.

„Gott bewahre! Der Fiſch Germanien kann noch
lange zappeln. Tauſend Harpunen ihm ins Herz,
ſein Blut ins Meer verſpritzt, er lebt doch, er iſt
eine geduldige Beſtie und ſchnappt immer wieder nach
jedem neuen glänzenden Köder, den ihm ein liſtiger
Nachbar hinwirft. Will er nicht, ſo braucht er nur
zu drohen, dann frißt er doch.“

„Genug! Leben Sie wohl!“

„Nein, Beſter, jetzt wird ſich erſt der eigenthümliche
Glanz der Staatskunſt entfalten. Nichts thun, und wenn
man in der Klemme ſteckt, ſich juſtificiren und glorifici¬
ren, daß man die Hände in den Schooß gelegt. Warten
Sie nur auf die herrlichen Staatsſchriften und Zei¬
tungsartikel. Das wird ſalbungsvoll riechen. Mit
Humanität und Philoſophie und Chriſtenthum wird
man dem Volk beweiſen, daß die Weisheit ſelbſt nicht
weiſer hätte handeln können. Die guten Bürger
werden ſich die Augen wiſchen vor Rührung, und
das „Heil dir im Siegerkranz“ wird noch einmal ſo
ſchön klingen, als wenn der König geſiegt hätte.
Man wird auf uns hetzen, die wir gehetzt haben, bis
das Volk es glaubt, daß wir nur ehrgeizige, unruhige
Köpfe waren. Sie glauben nicht, was dies Volk
glaubt, wenn man ihm ſagt, daß wir ſeine Fleiſch¬
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[295/0305] ſie ſich. Man darf doch nicht gegen den Strom ſchwimmen. Es gab ſanfte Händedrücke, beinahe kam's zu Umarmungen.“ „Finis Germaniae!“ ſeufzte der Rath. „Gott bewahre! Der Fiſch Germanien kann noch lange zappeln. Tauſend Harpunen ihm ins Herz, ſein Blut ins Meer verſpritzt, er lebt doch, er iſt eine geduldige Beſtie und ſchnappt immer wieder nach jedem neuen glänzenden Köder, den ihm ein liſtiger Nachbar hinwirft. Will er nicht, ſo braucht er nur zu drohen, dann frißt er doch.“ „Genug! Leben Sie wohl!“ „Nein, Beſter, jetzt wird ſich erſt der eigenthümliche Glanz der Staatskunſt entfalten. Nichts thun, und wenn man in der Klemme ſteckt, ſich juſtificiren und glorifici¬ ren, daß man die Hände in den Schooß gelegt. Warten Sie nur auf die herrlichen Staatsſchriften und Zei¬ tungsartikel. Das wird ſalbungsvoll riechen. Mit Humanität und Philoſophie und Chriſtenthum wird man dem Volk beweiſen, daß die Weisheit ſelbſt nicht weiſer hätte handeln können. Die guten Bürger werden ſich die Augen wiſchen vor Rührung, und das „Heil dir im Siegerkranz“ wird noch einmal ſo ſchön klingen, als wenn der König geſiegt hätte. Man wird auf uns hetzen, die wir gehetzt haben, bis das Volk es glaubt, daß wir nur ehrgeizige, unruhige Köpfe waren. Sie glauben nicht, was dies Volk glaubt, wenn man ihm ſagt, daß wir ſeine Fleiſch¬ töpfe am Feuer verrücken wollten. Man wird anrüchig

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/305>, abgerufen am 24.11.2024.