Auslande betrachtet, wenn sein zornschnaubender Hauch nicht mal diese Lumpenmänner fortbläst!"
"Die Nation besteht nicht allein aus dem Militair."
Der Major war sonst kein Mann von vielen Worten, aber, wenn eine Schleuse geöffnet, hältst Du das Wasser nicht zurück. Die Feuersäule, die ein Haus ergreift, sprüht mit dem trocknen Ge¬ müll auch Gebälk und Steine in die Luft.
"Ich kenne nun auch die Andern. Durch das Geflimmer der Worte sah ich ihre Wahrheit. Viel buntes Glas, einige böhmische Steine und wenige Diamanten; durch die gut geschliffenen Gläser glänzt es von fern wie ein Eldorado. Große Versicherungen und kleine Thaten, ein beständiges Streben nach dem Höchsten, aber der Weg führt durch Moor und Sandsteppen des Albernen und Frivolen. Auf Stel¬ zen vor Freund und Feind, und wenn sie die Thür zuschlossen, spotten und lachen sie über sich selbst. Gedanken, große und schöne, aber wie Irr¬ lichter; sie erblassen schon auf der Lippe. Vom Boden habt Ihr Euch gelöst, der dürftigen Na¬ tur, die Euch der Himmel anwies. Ihr konn¬ tet wie Sturmvogel Euch andre Regionen suchen, aber nun flattert Ihr, von Euren ermatteten Adlern verlassen, zwischen Himmel und Erde und wißt nicht, wohin. Ueberall vor Rücksichten scheuend, zittert Ihr vor Eurer eignen Kraft. Um's Euch nicht zu ge¬ stehen, woran Ihr krankt, am Glauben an Euch
Auslande betrachtet, wenn ſein zornſchnaubender Hauch nicht mal dieſe Lumpenmänner fortbläſt!“
„Die Nation beſteht nicht allein aus dem Militair.“
Der Major war ſonſt kein Mann von vielen Worten, aber, wenn eine Schleuſe geöffnet, hältſt Du das Waſſer nicht zurück. Die Feuerſäule, die ein Haus ergreift, ſprüht mit dem trocknen Ge¬ müll auch Gebälk und Steine in die Luft.
„Ich kenne nun auch die Andern. Durch das Geflimmer der Worte ſah ich ihre Wahrheit. Viel buntes Glas, einige böhmiſche Steine und wenige Diamanten; durch die gut geſchliffenen Gläſer glänzt es von fern wie ein Eldorado. Große Verſicherungen und kleine Thaten, ein beſtändiges Streben nach dem Höchſten, aber der Weg führt durch Moor und Sandſteppen des Albernen und Frivolen. Auf Stel¬ zen vor Freund und Feind, und wenn ſie die Thür zuſchloſſen, ſpotten und lachen ſie über ſich ſelbſt. Gedanken, große und ſchöne, aber wie Irr¬ lichter; ſie erblaſſen ſchon auf der Lippe. Vom Boden habt Ihr Euch gelöſt, der dürftigen Na¬ tur, die Euch der Himmel anwies. Ihr konn¬ tet wie Sturmvogel Euch andre Regionen ſuchen, aber nun flattert Ihr, von Euren ermatteten Adlern verlaſſen, zwiſchen Himmel und Erde und wißt nicht, wohin. Ueberall vor Rückſichten ſcheuend, zittert Ihr vor Eurer eignen Kraft. Um's Euch nicht zu ge¬ ſtehen, woran Ihr krankt, am Glauben an Euch
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Auslande betrachtet, wenn ſein zornſchnaubender Hauch
nicht mal dieſe Lumpenmänner fortbläſt!“
„Die Nation beſteht nicht allein aus dem
Militair.“
Der Major war ſonſt kein Mann von vielen
Worten, aber, wenn eine Schleuſe geöffnet, hältſt
Du das Waſſer nicht zurück. Die Feuerſäule, die
ein Haus ergreift, ſprüht mit dem trocknen Ge¬
müll auch Gebälk und Steine in die Luft.
„Ich kenne nun auch die Andern. Durch das
Geflimmer der Worte ſah ich ihre Wahrheit. Viel
buntes Glas, einige böhmiſche Steine und wenige
Diamanten; durch die gut geſchliffenen Gläſer glänzt
es von fern wie ein Eldorado. Große Verſicherungen
und kleine Thaten, ein beſtändiges Streben nach
dem Höchſten, aber der Weg führt durch Moor und
Sandſteppen des Albernen und Frivolen. Auf Stel¬
zen vor Freund und Feind, und wenn ſie die
Thür zuſchloſſen, ſpotten und lachen ſie über ſich
ſelbſt. Gedanken, große und ſchöne, aber wie Irr¬
lichter; ſie erblaſſen ſchon auf der Lippe. Vom
Boden habt Ihr Euch gelöſt, der dürftigen Na¬
tur, die Euch der Himmel anwies. Ihr konn¬
tet wie Sturmvogel Euch andre Regionen ſuchen,
aber nun flattert Ihr, von Euren ermatteten Adlern
verlaſſen, zwiſchen Himmel und Erde und wißt nicht,
wohin. Ueberall vor Rückſichten ſcheuend, zittert Ihr
vor Eurer eignen Kraft. Um's Euch nicht zu ge¬
ſtehen, woran Ihr krankt, am Glauben an Euch
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/308>, abgerufen am 25.11.2024.
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