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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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Die Fürstin warf einen ihrer himmlischen Blicke
an den Plafond:

"So mußte es kommen, und es muß noch mehr
kommen. Meine Herren, ich halte es für eine frohe
Botschaft. Ja, der Mann ist groß, denn ein Größerer
hat ihn gewürdigt seine Geissel zu sein. Es soll noch
mehr Blut fließen, um die Welt zu reinigen, und
wir haben kein Maaß für die Ströme, die da rau¬
schen werden über die Länder."

"Ach du mein Gott, das ist ja schrecklich!" rief
die Kriegsräthin erblassend. Adelheid war zuge¬
sprungen, und umfaßte die Mutter, die auf einen
Stuhl gesunken war.

"Warum schrecklich, sagte die Fürstin mit Hold¬
seligkeit, wenn es Sein Wille ist! Er, der die Haare
auf unserm Kopfe gezählt hat, weiß auch, wen er
opfern, wen er retten will. Und über seinen Er¬
wählten schweben seine Engel. Einen weißen leuch¬
tenden Fittich seh ich gebreitet über dieses Kindes
Haupt!" sprach sie, und legte wie segnend ihren Arm
auf Adelheids Locken.

Die von solcher Huld gerührte Kriegsräthin
wollte aufstehen. Die Fürstin drückte sie sanft zurück:
"Glückliche Mutter, auf deren Kindes Stirn die
Worte des Dichters stehen:

Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das schaut in Einfalt ein kindlich Gemüth!

Die Königin hat sich neulich sehr angelegentlich nach
Ihrer Tochter erkundigt. Sie wünscht sie einmal zu

Die Fürſtin warf einen ihrer himmliſchen Blicke
an den Plafond:

„So mußte es kommen, und es muß noch mehr
kommen. Meine Herren, ich halte es für eine frohe
Botſchaft. Ja, der Mann iſt groß, denn ein Größerer
hat ihn gewürdigt ſeine Geiſſel zu ſein. Es ſoll noch
mehr Blut fließen, um die Welt zu reinigen, und
wir haben kein Maaß für die Ströme, die da rau¬
ſchen werden über die Länder.“

„Ach du mein Gott, das iſt ja ſchrecklich!“ rief
die Kriegsräthin erblaſſend. Adelheid war zuge¬
ſprungen, und umfaßte die Mutter, die auf einen
Stuhl geſunken war.

„Warum ſchrecklich, ſagte die Fürſtin mit Hold¬
ſeligkeit, wenn es Sein Wille iſt! Er, der die Haare
auf unſerm Kopfe gezählt hat, weiß auch, wen er
opfern, wen er retten will. Und über ſeinen Er¬
wählten ſchweben ſeine Engel. Einen weißen leuch¬
tenden Fittich ſeh ich gebreitet über dieſes Kindes
Haupt!“ ſprach ſie, und legte wie ſegnend ihren Arm
auf Adelheids Locken.

Die von ſolcher Huld gerührte Kriegsräthin
wollte aufſtehen. Die Fürſtin drückte ſie ſanft zurück:
„Glückliche Mutter, auf deren Kindes Stirn die
Worte des Dichters ſtehen:

Und was kein Verſtand der Verſtändigen ſieht,
Das ſchaut in Einfalt ein kindlich Gemüth!

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[22/0032] Die Fürſtin warf einen ihrer himmliſchen Blicke an den Plafond: „So mußte es kommen, und es muß noch mehr kommen. Meine Herren, ich halte es für eine frohe Botſchaft. Ja, der Mann iſt groß, denn ein Größerer hat ihn gewürdigt ſeine Geiſſel zu ſein. Es ſoll noch mehr Blut fließen, um die Welt zu reinigen, und wir haben kein Maaß für die Ströme, die da rau¬ ſchen werden über die Länder.“ „Ach du mein Gott, das iſt ja ſchrecklich!“ rief die Kriegsräthin erblaſſend. Adelheid war zuge¬ ſprungen, und umfaßte die Mutter, die auf einen Stuhl geſunken war. „Warum ſchrecklich, ſagte die Fürſtin mit Hold¬ ſeligkeit, wenn es Sein Wille iſt! Er, der die Haare auf unſerm Kopfe gezählt hat, weiß auch, wen er opfern, wen er retten will. Und über ſeinen Er¬ wählten ſchweben ſeine Engel. Einen weißen leuch¬ tenden Fittich ſeh ich gebreitet über dieſes Kindes Haupt!“ ſprach ſie, und legte wie ſegnend ihren Arm auf Adelheids Locken. Die von ſolcher Huld gerührte Kriegsräthin wollte aufſtehen. Die Fürſtin drückte ſie ſanft zurück: „Glückliche Mutter, auf deren Kindes Stirn die Worte des Dichters ſtehen: Und was kein Verſtand der Verſtändigen ſieht, Das ſchaut in Einfalt ein kindlich Gemüth! Die Königin hat ſich neulich ſehr angelegentlich nach Ihrer Tochter erkundigt. Sie wünſcht ſie einmal zu

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/32>, abgerufen am 21.11.2024.