Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Nun verloren, Herr von Wandel, geb ich mich
noch nicht."

"Aber eine Frau, die der Wahrheit als Priesterin
sich geweiht hat, darf nicht diese Unwahrheit um sich
dulden. Das ist es, was ich nicht dulden darf.
Dieser Dunstkreis muß verschwinden. -- Zurück¬
schicken ins elterliche Haus wollen Sie sie nicht?"

"Es würde mir jetzt übel ausgelegt werden."

"Sie haben recht. Es gäbe zu viel Gerede;
sie ist einmal die Modepuppe. Ja, wenn man sie
entführte! Sie selbst deuteten vorhin darauf."

"Adelheid läßt sich nicht entführen."

"Und eine Mariage --"

"Sie scheinen wieder zerstreut."

"In der That ich bin es. Verzeihung! Nein
fort muß sie jedenfalls, Ihrer Ruhe wegen. Bedenken
Sie, daß Sie jetzt auch die Kinder im Haus haben
Also sorgen Sie dafür, auf eine oder die andere
Weise. Finden wird sie sich."

"A propos! rief er von der Thür zurückkehrend.
Etwas noch. Sie müssen die Mode mitmachen.
Hüllen Sie sich in Patriotismus, von so tiefer Farbe,
als Sie können. Immer exaltirt. Beim allgemeinen
Fanatismus merkt man nicht das zuviel. Franzosenhaß,
Durst nach Blut und Rache, auf den Lippen. Man kann
nicht zu stark auftragen, denn man weiß nicht wie bald
man überboten wird. Und wer nicht voraus schwimmt,
ist bald zurück gedrängt und ans Ufer geworfen."

War schon vorhin ihre Erscheinung geisterhaft,

„Nun verloren, Herr von Wandel, geb ich mich
noch nicht.“

„Aber eine Frau, die der Wahrheit als Prieſterin
ſich geweiht hat, darf nicht dieſe Unwahrheit um ſich
dulden. Das iſt es, was ich nicht dulden darf.
Dieſer Dunſtkreis muß verſchwinden. — Zurück¬
ſchicken ins elterliche Haus wollen Sie ſie nicht?“

„Es würde mir jetzt übel ausgelegt werden.“

„Sie haben recht. Es gäbe zu viel Gerede;
ſie iſt einmal die Modepuppe. Ja, wenn man ſie
entführte! Sie ſelbſt deuteten vorhin darauf.“

„Adelheid läßt ſich nicht entführen.“

„Und eine Mariage —“

„Sie ſcheinen wieder zerſtreut.“

„In der That ich bin es. Verzeihung! Nein
fort muß ſie jedenfalls, Ihrer Ruhe wegen. Bedenken
Sie, daß Sie jetzt auch die Kinder im Haus haben
Alſo ſorgen Sie dafür, auf eine oder die andere
Weiſe. Finden wird ſie ſich.“

A propos! rief er von der Thür zurückkehrend.
Etwas noch. Sie müſſen die Mode mitmachen.
Hüllen Sie ſich in Patriotismus, von ſo tiefer Farbe,
als Sie können. Immer exaltirt. Beim allgemeinen
Fanatismus merkt man nicht das zuviel. Franzoſenhaß,
Durſt nach Blut und Rache, auf den Lippen. Man kann
nicht zu ſtark auftragen, denn man weiß nicht wie bald
man überboten wird. Und wer nicht voraus ſchwimmt,
iſt bald zurück gedrängt und ans Ufer geworfen.“

War ſchon vorhin ihre Erſcheinung geiſterhaft,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0057" n="47"/>
        <p>&#x201E;Nun verloren, Herr von Wandel, geb ich mich<lb/>
noch nicht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber eine Frau, die der Wahrheit als Prie&#x017F;terin<lb/>
&#x017F;ich geweiht hat, darf nicht die&#x017F;e Unwahrheit um &#x017F;ich<lb/>
dulden. Das i&#x017F;t es, was ich nicht dulden darf.<lb/>
Die&#x017F;er Dun&#x017F;tkreis <hi rendition="#g">muß</hi> ver&#x017F;chwinden. &#x2014; Zurück¬<lb/>
&#x017F;chicken ins elterliche Haus wollen Sie &#x017F;ie nicht?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es würde mir jetzt übel ausgelegt werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie haben recht. Es gäbe zu viel Gerede;<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t einmal die Modepuppe. Ja, wenn man &#x017F;ie<lb/>
entführte! Sie &#x017F;elb&#x017F;t deuteten vorhin darauf.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Adelheid läßt &#x017F;ich nicht entführen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und eine Mariage &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;cheinen wieder zer&#x017F;treut.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;In der That ich bin es. Verzeihung! Nein<lb/>
fort muß &#x017F;ie jedenfalls, Ihrer Ruhe wegen. Bedenken<lb/>
Sie, daß Sie jetzt auch die Kinder im Haus haben<lb/>
Al&#x017F;o &#x017F;orgen Sie dafür, auf eine oder die andere<lb/>
Wei&#x017F;e. Finden wird &#x017F;ie &#x017F;ich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#aq">A propos</hi>! rief er von der Thür zurückkehrend.<lb/>
Etwas noch. Sie mü&#x017F;&#x017F;en die Mode mitmachen.<lb/>
Hüllen Sie &#x017F;ich in Patriotismus, von &#x017F;o tiefer Farbe,<lb/>
als Sie können. Immer exaltirt. Beim allgemeinen<lb/>
Fanatismus merkt man nicht das zuviel. Franzo&#x017F;enhaß,<lb/>
Dur&#x017F;t nach Blut und Rache, auf den Lippen. Man kann<lb/>
nicht zu &#x017F;tark auftragen, denn man weiß nicht wie bald<lb/>
man überboten wird. Und wer nicht voraus &#x017F;chwimmt,<lb/>
i&#x017F;t bald zurück gedrängt und ans Ufer geworfen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>War &#x017F;chon vorhin ihre Er&#x017F;cheinung gei&#x017F;terhaft,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0057] „Nun verloren, Herr von Wandel, geb ich mich noch nicht.“ „Aber eine Frau, die der Wahrheit als Prieſterin ſich geweiht hat, darf nicht dieſe Unwahrheit um ſich dulden. Das iſt es, was ich nicht dulden darf. Dieſer Dunſtkreis muß verſchwinden. — Zurück¬ ſchicken ins elterliche Haus wollen Sie ſie nicht?“ „Es würde mir jetzt übel ausgelegt werden.“ „Sie haben recht. Es gäbe zu viel Gerede; ſie iſt einmal die Modepuppe. Ja, wenn man ſie entführte! Sie ſelbſt deuteten vorhin darauf.“ „Adelheid läßt ſich nicht entführen.“ „Und eine Mariage —“ „Sie ſcheinen wieder zerſtreut.“ „In der That ich bin es. Verzeihung! Nein fort muß ſie jedenfalls, Ihrer Ruhe wegen. Bedenken Sie, daß Sie jetzt auch die Kinder im Haus haben Alſo ſorgen Sie dafür, auf eine oder die andere Weiſe. Finden wird ſie ſich.“ „A propos! rief er von der Thür zurückkehrend. Etwas noch. Sie müſſen die Mode mitmachen. Hüllen Sie ſich in Patriotismus, von ſo tiefer Farbe, als Sie können. Immer exaltirt. Beim allgemeinen Fanatismus merkt man nicht das zuviel. Franzoſenhaß, Durſt nach Blut und Rache, auf den Lippen. Man kann nicht zu ſtark auftragen, denn man weiß nicht wie bald man überboten wird. Und wer nicht voraus ſchwimmt, iſt bald zurück gedrängt und ans Ufer geworfen.“ War ſchon vorhin ihre Erſcheinung geiſterhaft,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/57
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/57>, abgerufen am 21.11.2024.