Aber das Schauspiel war ein anderes als neu¬ lich das der durchmarschirenden Truppen. Diese waren nicht mit Staub bedeckt, an ihren Kamaschen klebte nicht der Koth der Landstraße; sie funkelten im glän¬ zendsten Paradeanzug und nur der Puder ihrer wohl¬ frisirten Haarlocken stäubte auf das dunkle Blau ihrer Monturen; sie rückten auch nicht ins Feld, sondern kehrten von einer Paradeaufstellung zurück. Es wa¬ ren die auserlesenen Regimenter Möllendorf, Knebel, Rheinbaben, die Grenadiere Prinz August von Preu¬ ßen und die Gendarmen und Garde du Corps, die vom Schloß bis ans Thor eine große Chaine ge¬ bildet, um den einziehenden Kaiser Alexander zu empfangen.
Wie viele Jahre waren es her, daß ein Selbst¬ herrscher aller Reußen in die Thore Berlins einge¬ zogen! Wer ihn gesehen, den jugendlich strahlenden, humansten Fürsten, dessen Blick Güte und Wohl¬ wollen lächelte, der die Majestät vergessen ließ in der Liebenswürdigkeit, glaubte etwas gesehn zu haben, was er sein Leben durch nicht vergessen dürfe. Wie mehr als gnädig hatte er gegrüßt, mit welcher Huld die Anreden empfangen. Wie viele Frauen schworen, wenigstens bei sich, daß das Auge des Unwidersteh¬ lichen auf ihnen gehaftet.
Aber er war nicht zu Tanz und süßem Liebesspiel gekommen. Der Ernst der Gegenwart dämpfte wieder die aufsteigende Lust; in die Jubelstimmen hatten sich andre Laute gemischt, kühne Rufe, die der unbewachten
Aber das Schauſpiel war ein anderes als neu¬ lich das der durchmarſchirenden Truppen. Dieſe waren nicht mit Staub bedeckt, an ihren Kamaſchen klebte nicht der Koth der Landſtraße; ſie funkelten im glän¬ zendſten Paradeanzug und nur der Puder ihrer wohl¬ friſirten Haarlocken ſtäubte auf das dunkle Blau ihrer Monturen; ſie rückten auch nicht ins Feld, ſondern kehrten von einer Paradeaufſtellung zurück. Es wa¬ ren die auserleſenen Regimenter Möllendorf, Knebel, Rheinbaben, die Grenadiere Prinz Auguſt von Preu¬ ßen und die Gendarmen und Garde du Corps, die vom Schloß bis ans Thor eine große Chaine ge¬ bildet, um den einziehenden Kaiſer Alexander zu empfangen.
Wie viele Jahre waren es her, daß ein Selbſt¬ herrſcher aller Reußen in die Thore Berlins einge¬ zogen! Wer ihn geſehen, den jugendlich ſtrahlenden, humanſten Fürſten, deſſen Blick Güte und Wohl¬ wollen lächelte, der die Majeſtät vergeſſen ließ in der Liebenswürdigkeit, glaubte etwas geſehn zu haben, was er ſein Leben durch nicht vergeſſen dürfe. Wie mehr als gnädig hatte er gegrüßt, mit welcher Huld die Anreden empfangen. Wie viele Frauen ſchworen, wenigſtens bei ſich, daß das Auge des Unwiderſteh¬ lichen auf ihnen gehaftet.
Aber er war nicht zu Tanz und ſüßem Liebesſpiel gekommen. Der Ernſt der Gegenwart dämpfte wieder die aufſteigende Luſt; in die Jubelſtimmen hatten ſich andre Laute gemiſcht, kühne Rufe, die der unbewachten
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Aber das Schauſpiel war ein anderes als neu¬
lich das der durchmarſchirenden Truppen. Dieſe waren
nicht mit Staub bedeckt, an ihren Kamaſchen klebte
nicht der Koth der Landſtraße; ſie funkelten im glän¬
zendſten Paradeanzug und nur der Puder ihrer wohl¬
friſirten Haarlocken ſtäubte auf das dunkle Blau ihrer
Monturen; ſie rückten auch nicht ins Feld, ſondern
kehrten von einer Paradeaufſtellung zurück. Es wa¬
ren die auserleſenen Regimenter Möllendorf, Knebel,
Rheinbaben, die Grenadiere Prinz Auguſt von Preu¬
ßen und die Gendarmen und Garde du Corps, die
vom Schloß bis ans Thor eine große Chaine ge¬
bildet, um den einziehenden Kaiſer Alexander zu
empfangen.
Wie viele Jahre waren es her, daß ein Selbſt¬
herrſcher aller Reußen in die Thore Berlins einge¬
zogen! Wer ihn geſehen, den jugendlich ſtrahlenden,
humanſten Fürſten, deſſen Blick Güte und Wohl¬
wollen lächelte, der die Majeſtät vergeſſen ließ in der
Liebenswürdigkeit, glaubte etwas geſehn zu haben,
was er ſein Leben durch nicht vergeſſen dürfe. Wie
mehr als gnädig hatte er gegrüßt, mit welcher Huld
die Anreden empfangen. Wie viele Frauen ſchworen,
wenigſtens bei ſich, daß das Auge des Unwiderſteh¬
lichen auf ihnen gehaftet.
Aber er war nicht zu Tanz und ſüßem Liebesſpiel
gekommen. Der Ernſt der Gegenwart dämpfte wieder
die aufſteigende Luſt; in die Jubelſtimmen hatten ſich
andre Laute gemiſcht, kühne Rufe, die der unbewachten
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/62>, abgerufen am 21.11.2024.
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