fuhr. Die Dame darin in Pelz, Hut und Schleier verhüllt, sah ihn nicht, aber der Mops auf dem Rücksitz bellte heftig den Officier an. Ob die Dame auf¬ merksam ward, wissen wir nicht, wenn sie sich aber verbeugte, um nach dem Gegenstand auszuschauen, der den Eifer ihres Hundes verursachte, konnte sie ihn nicht mehr sehen; denn der Rittmeister hatte sich hinter den Pfeiler gelehnt.
Er schien, mit geschlossenen Augen, auf das Rollen der Räder zu hören, bis es unter dem Klap¬ pern der Werderschen Mühlen verrollte. Dann riß er sich auf, machte sich durch einen schweren Athemzug Luft und -- wollte auch ins Freie, in den Thier¬ garten. Es mußten wunderbare Dinge im Rittmeister Stier von Dohleneck vorgegangen sein. Er freute sich auf einen Spaziergang in den stillen, einsamen Alleen des Thiergartens. Er hatte seinen Plan gemacht: links durch die Buschpartien an den Zelten vorbei, nach dem Poetensteig. Da traf er gewiß Niemand.
Aber -- wenn nur die Aber nicht wären, als er an der Conditorei vorüberging, öffnete Herr Josty freundlich die Thür. Er glaubte der Gast wolle zu¬ rückkehren. Solchen Glauben darf ein Cavalier nicht täuschen. Einen Schritt war er schon vorbei, es kostete also nur einen zurück, und er stand wieder in dem traulichen, gemüthlichen Local. Es war ja auch da einsam geworden. Als Herr Josty die Thür ver¬ bindlich schloß, hatte er wieder ein Haupt seiner Lie¬ ben in seinen Mauern.
fuhr. Die Dame darin in Pelz, Hut und Schleier verhüllt, ſah ihn nicht, aber der Mops auf dem Rückſitz bellte heftig den Officier an. Ob die Dame auf¬ merkſam ward, wiſſen wir nicht, wenn ſie ſich aber verbeugte, um nach dem Gegenſtand auszuſchauen, der den Eifer ihres Hundes verurſachte, konnte ſie ihn nicht mehr ſehen; denn der Rittmeiſter hatte ſich hinter den Pfeiler gelehnt.
Er ſchien, mit geſchloſſenen Augen, auf das Rollen der Räder zu hören, bis es unter dem Klap¬ pern der Werderſchen Mühlen verrollte. Dann riß er ſich auf, machte ſich durch einen ſchweren Athemzug Luft und — wollte auch ins Freie, in den Thier¬ garten. Es mußten wunderbare Dinge im Rittmeiſter Stier von Dohleneck vorgegangen ſein. Er freute ſich auf einen Spaziergang in den ſtillen, einſamen Alleen des Thiergartens. Er hatte ſeinen Plan gemacht: links durch die Buſchpartien an den Zelten vorbei, nach dem Poetenſteig. Da traf er gewiß Niemand.
Aber — wenn nur die Aber nicht wären, als er an der Conditorei vorüberging, öffnete Herr Joſty freundlich die Thür. Er glaubte der Gaſt wolle zu¬ rückkehren. Solchen Glauben darf ein Cavalier nicht täuſchen. Einen Schritt war er ſchon vorbei, es koſtete alſo nur einen zurück, und er ſtand wieder in dem traulichen, gemüthlichen Local. Es war ja auch da einſam geworden. Als Herr Joſty die Thür ver¬ bindlich ſchloß, hatte er wieder ein Haupt ſeiner Lie¬ ben in ſeinen Mauern.
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fuhr. Die Dame darin in Pelz, Hut und Schleier
verhüllt, ſah ihn nicht, aber der Mops auf dem Rückſitz
bellte heftig den Officier an. Ob die Dame auf¬
merkſam ward, wiſſen wir nicht, wenn ſie ſich aber
verbeugte, um nach dem Gegenſtand auszuſchauen,
der den Eifer ihres Hundes verurſachte, konnte ſie
ihn nicht mehr ſehen; denn der Rittmeiſter hatte ſich
hinter den Pfeiler gelehnt.
Er ſchien, mit geſchloſſenen Augen, auf das
Rollen der Räder zu hören, bis es unter dem Klap¬
pern der Werderſchen Mühlen verrollte. Dann riß er
ſich auf, machte ſich durch einen ſchweren Athemzug
Luft und — wollte auch ins Freie, in den Thier¬
garten. Es mußten wunderbare Dinge im Rittmeiſter
Stier von Dohleneck vorgegangen ſein. Er freute
ſich auf einen Spaziergang in den ſtillen, einſamen
Alleen des Thiergartens. Er hatte ſeinen Plan gemacht:
links durch die Buſchpartien an den Zelten vorbei,
nach dem Poetenſteig. Da traf er gewiß Niemand.
Aber — wenn nur die Aber nicht wären, als
er an der Conditorei vorüberging, öffnete Herr Joſty
freundlich die Thür. Er glaubte der Gaſt wolle zu¬
rückkehren. Solchen Glauben darf ein Cavalier nicht
täuſchen. Einen Schritt war er ſchon vorbei, es
koſtete alſo nur einen zurück, und er ſtand wieder in
dem traulichen, gemüthlichen Local. Es war ja auch
da einſam geworden. Als Herr Joſty die Thür ver¬
bindlich ſchloß, hatte er wieder ein Haupt ſeiner Lie¬
ben in ſeinen Mauern.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/79>, abgerufen am 21.11.2024.
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