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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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Platz, um einen Sorgenbecher in der Stille zu leeren,
den der Conditor seinen andern Gästen nicht vor¬
setzte; er war kein Weinschenk. Es war in dem
Raume wirklich klein und dunkel, wie in einer Tonne,
recht zur Selbstbeschauung geschaffen, denn durch die
vergitterten Fensterspalten drang nur bei Mittag ein
Dämmerschein, der sich von den hohen Hintergebäuden
in den feuchten Winkel, der Hof hieß, hinabließ.
Das eigentliche Licht kam von einer dünnen Spar¬
lampe in einer Mauerblende, um den Tisch, die Bank,
die Wandspinden spärlich anzuleuchten. Ein Ort, ge¬
schaffen, um das innere Licht leuchten zu lassen.

"Einen Rothspohn, Herr Josty!" rief der Ritt¬
meister, als er sich zwischen Bank und Tisch ge¬
klemmt.

"Pontac oder Medoc?"

Auch darüber noch nachdenken! Was hatte nicht
der Rittmeister zu denken!

"I nu Medoc," sagte er nach einer Weile, den
Kopf in der Hand und den Ellenbogen auf dem
Tische.

"Ist auch gesunder fürs Blut, klärt mehr die
Gedanken auf. Die Engländer nennen ihn darum
Claret," sagte Herr Josty, als er den langen Pfropfen
aus der Flasche gezogen.

Als der Wirth die kleine Thür leise hinter sich
zugedrückt, störte nichts die drei -- nenn' ich sie Ge¬
schöpfe, Wesen, Mächte -- die hier zurückgeblieben
zu stillem Verkehr: den Rittmeister, die Lampe und

Platz, um einen Sorgenbecher in der Stille zu leeren,
den der Conditor ſeinen andern Gäſten nicht vor¬
ſetzte; er war kein Weinſchenk. Es war in dem
Raume wirklich klein und dunkel, wie in einer Tonne,
recht zur Selbſtbeſchauung geſchaffen, denn durch die
vergitterten Fenſterſpalten drang nur bei Mittag ein
Dämmerſchein, der ſich von den hohen Hintergebäuden
in den feuchten Winkel, der Hof hieß, hinabließ.
Das eigentliche Licht kam von einer dünnen Spar¬
lampe in einer Mauerblende, um den Tiſch, die Bank,
die Wandſpinden ſpärlich anzuleuchten. Ein Ort, ge¬
ſchaffen, um das innere Licht leuchten zu laſſen.

„Einen Rothſpohn, Herr Joſty!“ rief der Ritt¬
meiſter, als er ſich zwiſchen Bank und Tiſch ge¬
klemmt.

„Pontac oder Medoc?“

Auch darüber noch nachdenken! Was hatte nicht
der Rittmeiſter zu denken!

„I nu Medoc,“ ſagte er nach einer Weile, den
Kopf in der Hand und den Ellenbogen auf dem
Tiſche.

„Iſt auch geſunder fürs Blut, klärt mehr die
Gedanken auf. Die Engländer nennen ihn darum
Claret,“ ſagte Herr Joſty, als er den langen Pfropfen
aus der Flaſche gezogen.

Als der Wirth die kleine Thür leiſe hinter ſich
zugedrückt, ſtörte nichts die drei — nenn' ich ſie Ge¬
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[71/0081] Platz, um einen Sorgenbecher in der Stille zu leeren, den der Conditor ſeinen andern Gäſten nicht vor¬ ſetzte; er war kein Weinſchenk. Es war in dem Raume wirklich klein und dunkel, wie in einer Tonne, recht zur Selbſtbeſchauung geſchaffen, denn durch die vergitterten Fenſterſpalten drang nur bei Mittag ein Dämmerſchein, der ſich von den hohen Hintergebäuden in den feuchten Winkel, der Hof hieß, hinabließ. Das eigentliche Licht kam von einer dünnen Spar¬ lampe in einer Mauerblende, um den Tiſch, die Bank, die Wandſpinden ſpärlich anzuleuchten. Ein Ort, ge¬ ſchaffen, um das innere Licht leuchten zu laſſen. „Einen Rothſpohn, Herr Joſty!“ rief der Ritt¬ meiſter, als er ſich zwiſchen Bank und Tiſch ge¬ klemmt. „Pontac oder Medoc?“ Auch darüber noch nachdenken! Was hatte nicht der Rittmeiſter zu denken! „I nu Medoc,“ ſagte er nach einer Weile, den Kopf in der Hand und den Ellenbogen auf dem Tiſche. „Iſt auch geſunder fürs Blut, klärt mehr die Gedanken auf. Die Engländer nennen ihn darum Claret,“ ſagte Herr Joſty, als er den langen Pfropfen aus der Flaſche gezogen. Als der Wirth die kleine Thür leiſe hinter ſich zugedrückt, ſtörte nichts die drei — nenn' ich ſie Ge¬ ſchöpfe, Weſen, Mächte — die hier zurückgeblieben zu ſtillem Verkehr: den Rittmeiſter, die Lampe und

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/81>, abgerufen am 21.11.2024.