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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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verlangend schweben. Er bedurfte nicht mehr Credit,
als er besaß. Aber auch der Satte lächelt, wenn
seine Gäste die Speisen loben, die er ihnen vorge¬
setzt. Der Baron von Eitelbach lächelte wohlgefällig
über die Bewunderung, welche man der Schönheit
seiner Gemahlin zollte, während man ihre Reize mit
der der Comteß verglich. Zum Vortheil der ersteren;
es waren Kenner, die hier urtheilten. Auf den
Hacken sich wiegend, die Hände noch immer in den
Taschen, die breite Unterlippe aufgeworfen, hatte er
gleichgültig die Gesellschaft im andern Zimmer ge¬
mustert, während sein Ohr doch bei der Unterhaltung
blieb, als er es für schicklich hielt eine Diversion zu
machen:

"Sehn Sie mal, wie die Alltag eingepackt hat.
Gar nicht wieder zu erkennen."

"Etwas blaß, äußerte der dritte Intimus. Das
kann seine Ursachen haben."

"Man hat zu viel Geschrei von ihr gemacht."
Der Baron hatte es gleich gesagt.

Das Kennerauge des dritten Intimus ließ sich
nicht täuschen.

"Vorübergehende Indisposition. Frisch begossen
und die Blume ist wieder in voller Pracht."

Ueber die Indisposition lächelten die Kenner;
der Baron fühlte sich geistreich gestimmt; er nannte
die unglückliche Liebe eine Klippe für die Schönheit.
Lob erndtete er dafür nicht, denn die Aufmerksamkeit
der Andern war wieder auf die schöne Comteß gerichtet.

verlangend ſchweben. Er bedurfte nicht mehr Credit,
als er beſaß. Aber auch der Satte lächelt, wenn
ſeine Gäſte die Speiſen loben, die er ihnen vorge¬
ſetzt. Der Baron von Eitelbach lächelte wohlgefällig
über die Bewunderung, welche man der Schönheit
ſeiner Gemahlin zollte, während man ihre Reize mit
der der Comteß verglich. Zum Vortheil der erſteren;
es waren Kenner, die hier urtheilten. Auf den
Hacken ſich wiegend, die Hände noch immer in den
Taſchen, die breite Unterlippe aufgeworfen, hatte er
gleichgültig die Geſellſchaft im andern Zimmer ge¬
muſtert, während ſein Ohr doch bei der Unterhaltung
blieb, als er es für ſchicklich hielt eine Diverſion zu
machen:

„Sehn Sie mal, wie die Alltag eingepackt hat.
Gar nicht wieder zu erkennen.“

„Etwas blaß, äußerte der dritte Intimus. Das
kann ſeine Urſachen haben.“

„Man hat zu viel Geſchrei von ihr gemacht.“
Der Baron hatte es gleich geſagt.

Das Kennerauge des dritten Intimus ließ ſich
nicht täuſchen.

„Vorübergehende Indispoſition. Friſch begoſſen
und die Blume iſt wieder in voller Pracht.“

Ueber die Indispoſition lächelten die Kenner;
der Baron fühlte ſich geiſtreich geſtimmt; er nannte
die unglückliche Liebe eine Klippe für die Schönheit.
Lob erndtete er dafür nicht, denn die Aufmerkſamkeit
der Andern war wieder auf die ſchöne Comteß gerichtet.

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[108/0118] verlangend ſchweben. Er bedurfte nicht mehr Credit, als er beſaß. Aber auch der Satte lächelt, wenn ſeine Gäſte die Speiſen loben, die er ihnen vorge¬ ſetzt. Der Baron von Eitelbach lächelte wohlgefällig über die Bewunderung, welche man der Schönheit ſeiner Gemahlin zollte, während man ihre Reize mit der der Comteß verglich. Zum Vortheil der erſteren; es waren Kenner, die hier urtheilten. Auf den Hacken ſich wiegend, die Hände noch immer in den Taſchen, die breite Unterlippe aufgeworfen, hatte er gleichgültig die Geſellſchaft im andern Zimmer ge¬ muſtert, während ſein Ohr doch bei der Unterhaltung blieb, als er es für ſchicklich hielt eine Diverſion zu machen: „Sehn Sie mal, wie die Alltag eingepackt hat. Gar nicht wieder zu erkennen.“ „Etwas blaß, äußerte der dritte Intimus. Das kann ſeine Urſachen haben.“ „Man hat zu viel Geſchrei von ihr gemacht.“ Der Baron hatte es gleich geſagt. Das Kennerauge des dritten Intimus ließ ſich nicht täuſchen. „Vorübergehende Indispoſition. Friſch begoſſen und die Blume iſt wieder in voller Pracht.“ Ueber die Indispoſition lächelten die Kenner; der Baron fühlte ſich geiſtreich geſtimmt; er nannte die unglückliche Liebe eine Klippe für die Schönheit. Lob erndtete er dafür nicht, denn die Aufmerkſamkeit der Andern war wieder auf die ſchöne Comteß gerichtet.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/118>, abgerufen am 21.11.2024.