rühmen, daß ich Sie einen Augenblick für ehrlich hielt."
"Wenn meine Ansichten oder meine Darstellung Euer Excellenz Mißfallen erregten, so glaube ich wenigstens diese Behandlung nicht verdient zu haben, da ich mich Ihnen damit nicht aufgedrängt habe. -- Wenn Euer Excellenz mich nur deshalb rufen ließen, setzte er nach einer Pause hinzu, so glaube ich jetzt entlassen zu sein."
"Unversch -- Ihre Ansichten! Herr, in drei -- hat ein Plagiarius Ansichten? Kann ein Dieb sagen, der einen Kasten aus dem offnen Fenster stahl, daß ihm die Sachen darin gehören, wenn er sie in seiner Spelunke in Schränke und Fächer gestellt hat?"
Walters Blut stürzte gegen seine Brust, er preßte die Lippen, seine Stirn glühte, und wie ein eiskalter Strahl fuhr es ihm zugleich vom Wirbel bis zur Zeh: "Was haben Euer Excellenz mir zu befehlen?" Er sprach es mit fester Stimme, aber es war der letzte Moment der Fassung.
"Scheeren Sie sich zum -- wo Sie hergekommen, und unterstehen sich nicht, mir wieder unter Augen zu treten."
Der Minister hatte mit halber Wendung ihm den Rücken gekehrt.
"Ich werde nicht gehen, hörte er hinter sich eine klar tönende Stimme. Denn darum haben, darum können Excellenz mich nicht herberufen haben. Ich gehe nicht, weil ich es mir schuldig bin, und ich
rühmen, daß ich Sie einen Augenblick für ehrlich hielt.“
„Wenn meine Anſichten oder meine Darſtellung Euer Excellenz Mißfallen erregten, ſo glaube ich wenigſtens dieſe Behandlung nicht verdient zu haben, da ich mich Ihnen damit nicht aufgedrängt habe. — Wenn Euer Excellenz mich nur deshalb rufen ließen, ſetzte er nach einer Pauſe hinzu, ſo glaube ich jetzt entlaſſen zu ſein.“
„Unverſch — Ihre Anſichten! Herr, in drei — hat ein Plagiarius Anſichten? Kann ein Dieb ſagen, der einen Kaſten aus dem offnen Fenſter ſtahl, daß ihm die Sachen darin gehören, wenn er ſie in ſeiner Spelunke in Schränke und Fächer geſtellt hat?“
Walters Blut ſtürzte gegen ſeine Bruſt, er preßte die Lippen, ſeine Stirn glühte, und wie ein eiskalter Strahl fuhr es ihm zugleich vom Wirbel bis zur Zeh: „Was haben Euer Excellenz mir zu befehlen?“ Er ſprach es mit feſter Stimme, aber es war der letzte Moment der Faſſung.
„Scheeren Sie ſich zum — wo Sie hergekommen, und unterſtehen ſich nicht, mir wieder unter Augen zu treten.“
Der Miniſter hatte mit halber Wendung ihm den Rücken gekehrt.
„Ich werde nicht gehen, hörte er hinter ſich eine klar tönende Stimme. Denn darum haben, darum können Excellenz mich nicht herberufen haben. Ich gehe nicht, weil ich es mir ſchuldig bin, und ich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0193"n="183"/>
rühmen, daß ich Sie einen Augenblick für ehrlich<lb/>
hielt.“</p><lb/><p>„Wenn meine Anſichten oder meine Darſtellung<lb/>
Euer Excellenz Mißfallen erregten, ſo glaube ich<lb/>
wenigſtens dieſe Behandlung nicht verdient zu haben,<lb/>
da ich mich Ihnen damit nicht aufgedrängt habe. —<lb/>
Wenn Euer Excellenz mich nur deshalb rufen ließen,<lb/>ſetzte er nach einer Pauſe hinzu, ſo glaube ich jetzt<lb/>
entlaſſen zu ſein.“</p><lb/><p>„Unverſch — Ihre Anſichten! Herr, in drei —<lb/>
hat ein Plagiarius Anſichten? Kann ein Dieb ſagen,<lb/>
der einen Kaſten aus dem offnen Fenſter ſtahl, daß<lb/>
ihm die Sachen darin gehören, wenn er ſie in<lb/>ſeiner Spelunke in Schränke und Fächer geſtellt hat?“</p><lb/><p>Walters Blut ſtürzte gegen ſeine Bruſt, er<lb/>
preßte die Lippen, ſeine Stirn glühte, und wie ein<lb/>
eiskalter Strahl fuhr es ihm zugleich vom Wirbel<lb/>
bis zur Zeh: „Was haben Euer Excellenz mir zu<lb/>
befehlen?“ Er ſprach es mit feſter Stimme, aber<lb/>
es war der letzte Moment der Faſſung.</p><lb/><p>„Scheeren Sie ſich zum — wo Sie hergekommen,<lb/>
und unterſtehen ſich nicht, mir wieder unter Augen<lb/>
zu treten.“</p><lb/><p>Der Miniſter hatte mit halber Wendung ihm<lb/>
den Rücken gekehrt.</p><lb/><p>„Ich werde nicht gehen, hörte er hinter ſich<lb/>
eine klar tönende Stimme. Denn darum haben,<lb/>
darum <hirendition="#g">können</hi> Excellenz mich nicht herberufen haben.<lb/>
Ich gehe nicht, weil ich es mir ſchuldig bin, und ich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[183/0193]
rühmen, daß ich Sie einen Augenblick für ehrlich
hielt.“
„Wenn meine Anſichten oder meine Darſtellung
Euer Excellenz Mißfallen erregten, ſo glaube ich
wenigſtens dieſe Behandlung nicht verdient zu haben,
da ich mich Ihnen damit nicht aufgedrängt habe. —
Wenn Euer Excellenz mich nur deshalb rufen ließen,
ſetzte er nach einer Pauſe hinzu, ſo glaube ich jetzt
entlaſſen zu ſein.“
„Unverſch — Ihre Anſichten! Herr, in drei —
hat ein Plagiarius Anſichten? Kann ein Dieb ſagen,
der einen Kaſten aus dem offnen Fenſter ſtahl, daß
ihm die Sachen darin gehören, wenn er ſie in
ſeiner Spelunke in Schränke und Fächer geſtellt hat?“
Walters Blut ſtürzte gegen ſeine Bruſt, er
preßte die Lippen, ſeine Stirn glühte, und wie ein
eiskalter Strahl fuhr es ihm zugleich vom Wirbel
bis zur Zeh: „Was haben Euer Excellenz mir zu
befehlen?“ Er ſprach es mit feſter Stimme, aber
es war der letzte Moment der Faſſung.
„Scheeren Sie ſich zum — wo Sie hergekommen,
und unterſtehen ſich nicht, mir wieder unter Augen
zu treten.“
Der Miniſter hatte mit halber Wendung ihm
den Rücken gekehrt.
„Ich werde nicht gehen, hörte er hinter ſich
eine klar tönende Stimme. Denn darum haben,
darum können Excellenz mich nicht herberufen haben.
Ich gehe nicht, weil ich es mir ſchuldig bin, und ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/193>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.