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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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Gegenwart des geschwätzigen Weibes befreit sein.
Sie ging in einen weinerlichen Ton über, indem
sie ihren Drahtleuchter ergriff.

"Viele haben schlecht von ihm gedacht, das
weiß ich, denn die Welt ist auch schlecht, und Jugend
muß austoben; und wer weiß, wer besser ist, ob der
alte Herr, oder mein junger. Und wie's bei den
vornehmsten Geheimräthen aussieht, Herr Jesus,
lieber Herr van Asten, bei diesen vornehmen Herr¬
schaften, da ist ja eine Zucht, daß mal der Gott sei
bei uns drein schlagen möchte. Er thut's auch noch,
glauben Sie's mir, und die Julchen, die wir auf
der Straße nicht ansehen mögen, ist nicht schlechter,
als viele von den vornehmen Damen in Brüsseler
Spitzen. Wenn die sich schämen wollten, man sieht's
nur nicht, weil sie so dick geschminkt sind. Jugend
muß austoben, sonst kommt's nachher, aber dann
einen Strich gemacht. So hab' ich's auch meinem
Seligen gesagt: nu sei zufrieden, was Du hast, und
um was rückwärts ist, da hast Du Dich nicht zu
kümmern. Mein guter Herr, nun ja, tolle Streiche
genug. Nüchtern ist er nicht immer nach Haus ge¬
kommen, und ist allerdings auch sonst nicht immer
nach Haus gekommen, und den Regenschirm hat er
im Theater aufgespannt, dafür ward er arretirt,
und er ist oft arretirt worden, aber wenn sie Alle
in's Prison bringen wollten, die's verdient haben,
da ist der König nicht reich genug, um Gefängnisse
zu bauen. Und wenn ein Armer kam, da blieb kein

Gegenwart des geſchwätzigen Weibes befreit ſein.
Sie ging in einen weinerlichen Ton über, indem
ſie ihren Drahtleuchter ergriff.

„Viele haben ſchlecht von ihm gedacht, das
weiß ich, denn die Welt iſt auch ſchlecht, und Jugend
muß austoben; und wer weiß, wer beſſer iſt, ob der
alte Herr, oder mein junger. Und wie's bei den
vornehmſten Geheimräthen ausſieht, Herr Jeſus,
lieber Herr van Aſten, bei dieſen vornehmen Herr¬
ſchaften, da iſt ja eine Zucht, daß mal der Gott ſei
bei uns drein ſchlagen möchte. Er thut's auch noch,
glauben Sie's mir, und die Julchen, die wir auf
der Straße nicht anſehen mögen, iſt nicht ſchlechter,
als viele von den vornehmen Damen in Brüſſeler
Spitzen. Wenn die ſich ſchämen wollten, man ſieht's
nur nicht, weil ſie ſo dick geſchminkt ſind. Jugend
muß austoben, ſonſt kommt's nachher, aber dann
einen Strich gemacht. So hab' ich's auch meinem
Seligen geſagt: nu ſei zufrieden, was Du haſt, und
um was rückwärts iſt, da haſt Du Dich nicht zu
kümmern. Mein guter Herr, nun ja, tolle Streiche
genug. Nüchtern iſt er nicht immer nach Haus ge¬
kommen, und iſt allerdings auch ſonſt nicht immer
nach Haus gekommen, und den Regenſchirm hat er
im Theater aufgeſpannt, dafür ward er arretirt,
und er iſt oft arretirt worden, aber wenn ſie Alle
in's Priſon bringen wollten, die's verdient haben,
da iſt der König nicht reich genug, um Gefängniſſe
zu bauen. Und wenn ein Armer kam, da blieb kein

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[248/0258] Gegenwart des geſchwätzigen Weibes befreit ſein. Sie ging in einen weinerlichen Ton über, indem ſie ihren Drahtleuchter ergriff. „Viele haben ſchlecht von ihm gedacht, das weiß ich, denn die Welt iſt auch ſchlecht, und Jugend muß austoben; und wer weiß, wer beſſer iſt, ob der alte Herr, oder mein junger. Und wie's bei den vornehmſten Geheimräthen ausſieht, Herr Jeſus, lieber Herr van Aſten, bei dieſen vornehmen Herr¬ ſchaften, da iſt ja eine Zucht, daß mal der Gott ſei bei uns drein ſchlagen möchte. Er thut's auch noch, glauben Sie's mir, und die Julchen, die wir auf der Straße nicht anſehen mögen, iſt nicht ſchlechter, als viele von den vornehmen Damen in Brüſſeler Spitzen. Wenn die ſich ſchämen wollten, man ſieht's nur nicht, weil ſie ſo dick geſchminkt ſind. Jugend muß austoben, ſonſt kommt's nachher, aber dann einen Strich gemacht. So hab' ich's auch meinem Seligen geſagt: nu ſei zufrieden, was Du haſt, und um was rückwärts iſt, da haſt Du Dich nicht zu kümmern. Mein guter Herr, nun ja, tolle Streiche genug. Nüchtern iſt er nicht immer nach Haus ge¬ kommen, und iſt allerdings auch ſonſt nicht immer nach Haus gekommen, und den Regenſchirm hat er im Theater aufgeſpannt, dafür ward er arretirt, und er iſt oft arretirt worden, aber wenn ſie Alle in's Priſon bringen wollten, die's verdient haben, da iſt der König nicht reich genug, um Gefängniſſe zu bauen. Und wenn ein Armer kam, da blieb kein

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/258>, abgerufen am 27.11.2024.