"Nein, bis ich auch Dich in's Verderben riß -- damals -- bis ich auch den einzigen, den treusten, wahrsten Freund nun um sein Heiligthum betrügen muß. Was ich berühre, opfere ich. Soll ich es hinnehmen, wie die Götter der Alten an dem rauchenden Blut der ihnen geschlachteten Menschen sich weideten! Was ist's denn in mir, frage ich, dies düster glühende Auge, das Zücken meiner Lippen, der nie gestillte Durst meiner Seele, daß mir das Beste, Köstlichste aufbewahrt ist! -- Nun ich siech bin, trostlos hinter mir, trostlos vor mir, willst Du blühendes, junges, reines Leben Dich an den morschen Stamm ranken, ich soll, muß Dich zerstören, weil Du mein bist. -- Ja, Walter hat Recht, nicht für ihn, aber Du bist auch nicht für mich."
"Für wen denn?" sprach sie, und der Ernst, der aus Louis Worten hauchte, schien plötzlich auf sie übergegangen. Aber Louis Ernst war ein düsterer, ihre Worte waren ein sonorer Metallklang. Er hatte es nicht gesehen, wie sie in krampfhafter Erschüt¬ terung den Arm von seiner Schulter zurückgezogen hatte, und das Gesicht mit beiden Händen bedeckte. So setzte sie sich in die andere Ecke des Sopha's, und eine Pause trat ein.
"Weinst Du? Habe ich Dich gekränkt, Adelheid?"
"Ich weine nicht, sagte sie im selben Tone, und Du kannst mich nicht beleidigen. Ich dachte nur über mein Schicksal nach, und -- bei Deinen
„Bis Du Dich ſelbſt aufraffteſt!“
„Nein, bis ich auch Dich in's Verderben riß — damals — bis ich auch den einzigen, den treuſten, wahrſten Freund nun um ſein Heiligthum betrügen muß. Was ich berühre, opfere ich. Soll ich es hinnehmen, wie die Götter der Alten an dem rauchenden Blut der ihnen geſchlachteten Menſchen ſich weideten! Was iſt's denn in mir, frage ich, dies düſter glühende Auge, das Zücken meiner Lippen, der nie geſtillte Durſt meiner Seele, daß mir das Beſte, Köſtlichſte aufbewahrt iſt! — Nun ich ſiech bin, troſtlos hinter mir, troſtlos vor mir, willſt Du blühendes, junges, reines Leben Dich an den morſchen Stamm ranken, ich ſoll, muß Dich zerſtören, weil Du mein biſt. — Ja, Walter hat Recht, nicht für ihn, aber Du biſt auch nicht für mich.“
„Für wen denn?“ ſprach ſie, und der Ernſt, der aus Louis Worten hauchte, ſchien plötzlich auf ſie übergegangen. Aber Louis Ernſt war ein düſterer, ihre Worte waren ein ſonorer Metallklang. Er hatte es nicht geſehen, wie ſie in krampfhafter Erſchüt¬ terung den Arm von ſeiner Schulter zurückgezogen hatte, und das Geſicht mit beiden Händen bedeckte. So ſetzte ſie ſich in die andere Ecke des Sopha's, und eine Pauſe trat ein.
„Weinſt Du? Habe ich Dich gekränkt, Adelheid?“
„Ich weine nicht, ſagte ſie im ſelben Tone, und Du kannſt mich nicht beleidigen. Ich dachte nur über mein Schickſal nach, und — bei Deinen
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„Bis Du Dich ſelbſt aufraffteſt!“
„Nein, bis ich auch Dich in's Verderben riß —
damals — bis ich auch den einzigen, den treuſten,
wahrſten Freund nun um ſein Heiligthum betrügen muß.
Was ich berühre, opfere ich. Soll ich es hinnehmen,
wie die Götter der Alten an dem rauchenden Blut
der ihnen geſchlachteten Menſchen ſich weideten! Was
iſt's denn in mir, frage ich, dies düſter glühende
Auge, das Zücken meiner Lippen, der nie geſtillte
Durſt meiner Seele, daß mir das Beſte, Köſtlichſte
aufbewahrt iſt! — Nun ich ſiech bin, troſtlos hinter
mir, troſtlos vor mir, willſt Du blühendes, junges,
reines Leben Dich an den morſchen Stamm ranken,
ich ſoll, muß Dich zerſtören, weil Du mein biſt. —
Ja, Walter hat Recht, nicht für ihn, aber Du biſt
auch nicht für mich.“
„Für wen denn?“ ſprach ſie, und der Ernſt,
der aus Louis Worten hauchte, ſchien plötzlich auf
ſie übergegangen. Aber Louis Ernſt war ein düſterer,
ihre Worte waren ein ſonorer Metallklang. Er hatte
es nicht geſehen, wie ſie in krampfhafter Erſchüt¬
terung den Arm von ſeiner Schulter zurückgezogen
hatte, und das Geſicht mit beiden Händen bedeckte.
So ſetzte ſie ſich in die andere Ecke des Sopha's,
und eine Pauſe trat ein.
„Weinſt Du? Habe ich Dich gekränkt, Adelheid?“
„Ich weine nicht, ſagte ſie im ſelben Tone,
und Du kannſt mich nicht beleidigen. Ich dachte
nur über mein Schickſal nach, und — bei Deinen
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/286>, abgerufen am 24.11.2024.
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