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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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"Wird kein Narr gewesen sein! Auf Höhe dessen
hatte er sich vorher auf mein Haus in der Span¬
dauerstraße intabuliren lassen. Jedes Kind sieht
nun ein, daß ich mit Excellenz nicht die Schuld
eines Schreibfehlers halbiren kann, und Excellenz
haben zwar einen vortrefflichen Magen, aber die
Hälfte von meinem Wein trinkt auch er nicht aus."

Eine Pause trat ein. Der Legationsrath blickte
mit verschränkten Armen vor sich nieder:

"Ihre Lage ist traurig, aber nur wer sich selbst
aufgiebt, ist verloren. Die Weine unter dem Steuer¬
verschluß, gleichviel ob hier oder in Stettin, sind
ein todtes Kapital, welches das größte Haus ruiniren
könnte. Darüber täusche ich mich nicht; täuschen Sie
sich auch nicht, mein Freund. Wechselprolongationen
auf den Credit eines einmal erschütterten Hauses,
Moratorien, die Ihre Gönner Ihnen verschaffen möchten,
sind mißliche Auskunftsmittel. Selbst müssen Sie
sich helfen."

"Ich denke schon daran."

"Nichts Kleines. Um Gotteswillen das nicht.
Ein Verschwender, der die Groschen zusammenzu¬
scharren anfängt, ist verloren. Er muß auf's Neue
verschwenden, um die Verschwendung zu verstecken.
Das todte Kapital muß flüssig gemacht, der Wein
ausgetrunken werden. Das können Sie durch Ihre
Verbindungen -- ich sage Ihnen, es ist möglich."

Der Kaufmann sah ihn pfiffig an: "Etwa eine
Kabinetsordre extrahiren, daß Jedermann zur Stär¬

„Wird kein Narr geweſen ſein! Auf Höhe deſſen
hatte er ſich vorher auf mein Haus in der Span¬
dauerſtraße intabuliren laſſen. Jedes Kind ſieht
nun ein, daß ich mit Excellenz nicht die Schuld
eines Schreibfehlers halbiren kann, und Excellenz
haben zwar einen vortrefflichen Magen, aber die
Hälfte von meinem Wein trinkt auch er nicht aus.“

Eine Pauſe trat ein. Der Legationsrath blickte
mit verſchränkten Armen vor ſich nieder:

„Ihre Lage iſt traurig, aber nur wer ſich ſelbſt
aufgiebt, iſt verloren. Die Weine unter dem Steuer¬
verſchluß, gleichviel ob hier oder in Stettin, ſind
ein todtes Kapital, welches das größte Haus ruiniren
könnte. Darüber täuſche ich mich nicht; täuſchen Sie
ſich auch nicht, mein Freund. Wechſelprolongationen
auf den Credit eines einmal erſchütterten Hauſes,
Moratorien, die Ihre Gönner Ihnen verſchaffen möchten,
ſind mißliche Auskunftsmittel. Selbſt müſſen Sie
ſich helfen.“

„Ich denke ſchon daran.“

„Nichts Kleines. Um Gotteswillen das nicht.
Ein Verſchwender, der die Groſchen zuſammenzu¬
ſcharren anfängt, iſt verloren. Er muß auf's Neue
verſchwenden, um die Verſchwendung zu verſtecken.
Das todte Kapital muß flüſſig gemacht, der Wein
ausgetrunken werden. Das können Sie durch Ihre
Verbindungen — ich ſage Ihnen, es iſt möglich.“

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[313/0323] „Wird kein Narr geweſen ſein! Auf Höhe deſſen hatte er ſich vorher auf mein Haus in der Span¬ dauerſtraße intabuliren laſſen. Jedes Kind ſieht nun ein, daß ich mit Excellenz nicht die Schuld eines Schreibfehlers halbiren kann, und Excellenz haben zwar einen vortrefflichen Magen, aber die Hälfte von meinem Wein trinkt auch er nicht aus.“ Eine Pauſe trat ein. Der Legationsrath blickte mit verſchränkten Armen vor ſich nieder: „Ihre Lage iſt traurig, aber nur wer ſich ſelbſt aufgiebt, iſt verloren. Die Weine unter dem Steuer¬ verſchluß, gleichviel ob hier oder in Stettin, ſind ein todtes Kapital, welches das größte Haus ruiniren könnte. Darüber täuſche ich mich nicht; täuſchen Sie ſich auch nicht, mein Freund. Wechſelprolongationen auf den Credit eines einmal erſchütterten Hauſes, Moratorien, die Ihre Gönner Ihnen verſchaffen möchten, ſind mißliche Auskunftsmittel. Selbſt müſſen Sie ſich helfen.“ „Ich denke ſchon daran.“ „Nichts Kleines. Um Gotteswillen das nicht. Ein Verſchwender, der die Groſchen zuſammenzu¬ ſcharren anfängt, iſt verloren. Er muß auf's Neue verſchwenden, um die Verſchwendung zu verſtecken. Das todte Kapital muß flüſſig gemacht, der Wein ausgetrunken werden. Das können Sie durch Ihre Verbindungen — ich ſage Ihnen, es iſt möglich.“ Der Kaufmann ſah ihn pfiffig an: „Etwa eine Kabinetsordre extrahiren, daß Jedermann zur Stär¬

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/323>, abgerufen am 24.11.2024.