Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die
Schrift hin: "Wollen Sie probiren -- englische Im¬
mortell-Dinte, neueste Erfindung von Parry --
es ließe sich darin ein Geschäft machen. Um alle
Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem
Datum acceptirt."

"Wollen Herr Legationsrath noch gefälligst da¬
runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬
ceptirten Solawechsels."

"Wozu, theuerster Mann, wir tauschen die Pa¬
piere aus und damit ist die Sache abgemacht."

"Möchte gern den ersten Wechsel auch behalten,
nur aus Curiosität, von wegen der sympathetischen
Dinte. Geschieht Ihnen ja kein Schade dadurch,
lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬
heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. s. w., wodurch
der Primawechsel außer Kraft gesetzt ist. Weiter
nichts. Bin ein Raritätensammler, und trenne mich
nicht gern von Seltenheiten."

Wandel war in die Höhe gesprungen, wie der
Tiger beim Geräusch des herangeschlichenen Jägers.
So funkelte auch sein Auge, als er krampfhaft die
Stuhllehne preßte. Der Stuhl in seiner Hand hätte
zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der
ihm gegenüber stand. Die markigen Hände des
Kaufmanns umklammerten den Stock, sein Kinn
lehnte sich darauf und seine hellblauen Augen fielen
ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.

"Was wollen Sie noch?" fragte Wandel.

Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die
Schrift hin: „Wollen Sie probiren — engliſche Im¬
mortell-Dinte, neueſte Erfindung von Parry —
es ließe ſich darin ein Geſchäft machen. Um alle
Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem
Datum acceptirt.“

„Wollen Herr Legationsrath noch gefälligſt da¬
runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬
ceptirten Solawechſels.“

„Wozu, theuerſter Mann, wir tauſchen die Pa¬
piere aus und damit iſt die Sache abgemacht.“

„Möchte gern den erſten Wechſel auch behalten,
nur aus Curioſität, von wegen der ſympathetiſchen
Dinte. Geſchieht Ihnen ja kein Schade dadurch,
lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬
heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. ſ. w., wodurch
der Primawechſel außer Kraft geſetzt iſt. Weiter
nichts. Bin ein Raritätenſammler, und trenne mich
nicht gern von Seltenheiten.“

Wandel war in die Höhe geſprungen, wie der
Tiger beim Geräuſch des herangeſchlichenen Jägers.
So funkelte auch ſein Auge, als er krampfhaft die
Stuhllehne preßte. Der Stuhl in ſeiner Hand hätte
zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der
ihm gegenüber ſtand. Die markigen Hände des
Kaufmanns umklammerten den Stock, ſein Kinn
lehnte ſich darauf und ſeine hellblauen Augen fielen
ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.

„Was wollen Sie noch?“ fragte Wandel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0334" n="324"/>
        <p>Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die<lb/>
Schrift hin: &#x201E;Wollen Sie probiren &#x2014; engli&#x017F;che Im¬<lb/>
mortell-Dinte, neue&#x017F;te Erfindung von Parry &#x2014;<lb/>
es ließe &#x017F;ich darin ein Ge&#x017F;chäft machen. Um alle<lb/>
Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem<lb/>
Datum acceptirt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wollen Herr Legationsrath noch gefällig&#x017F;t da¬<lb/>
runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬<lb/>
ceptirten Solawech&#x017F;els.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wozu, theuer&#x017F;ter Mann, wir tau&#x017F;chen die Pa¬<lb/>
piere aus und damit i&#x017F;t die Sache abgemacht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Möchte gern den er&#x017F;ten Wech&#x017F;el auch behalten,<lb/>
nur aus Curio&#x017F;ität, von wegen der &#x017F;ympatheti&#x017F;chen<lb/>
Dinte. Ge&#x017F;chieht Ihnen ja kein Schade dadurch,<lb/>
lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬<lb/>
heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. &#x017F;. w., wodurch<lb/>
der Primawech&#x017F;el außer Kraft ge&#x017F;etzt i&#x017F;t. Weiter<lb/>
nichts. Bin ein Raritäten&#x017F;ammler, und trenne mich<lb/>
nicht gern von Seltenheiten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Wandel war in die Höhe ge&#x017F;prungen, wie der<lb/>
Tiger beim Geräu&#x017F;ch des herange&#x017F;chlichenen Jägers.<lb/>
So funkelte auch &#x017F;ein Auge, als er krampfhaft die<lb/>
Stuhllehne preßte. Der Stuhl in &#x017F;einer Hand hätte<lb/>
zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der<lb/>
ihm gegenüber &#x017F;tand. Die markigen Hände des<lb/>
Kaufmanns umklammerten den Stock, &#x017F;ein Kinn<lb/>
lehnte &#x017F;ich darauf und &#x017F;eine hellblauen Augen fielen<lb/>
ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was wollen Sie noch?&#x201C; fragte Wandel.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0334] Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die Schrift hin: „Wollen Sie probiren — engliſche Im¬ mortell-Dinte, neueſte Erfindung von Parry — es ließe ſich darin ein Geſchäft machen. Um alle Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem Datum acceptirt.“ „Wollen Herr Legationsrath noch gefälligſt da¬ runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬ ceptirten Solawechſels.“ „Wozu, theuerſter Mann, wir tauſchen die Pa¬ piere aus und damit iſt die Sache abgemacht.“ „Möchte gern den erſten Wechſel auch behalten, nur aus Curioſität, von wegen der ſympathetiſchen Dinte. Geſchieht Ihnen ja kein Schade dadurch, lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬ heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. ſ. w., wodurch der Primawechſel außer Kraft geſetzt iſt. Weiter nichts. Bin ein Raritätenſammler, und trenne mich nicht gern von Seltenheiten.“ Wandel war in die Höhe geſprungen, wie der Tiger beim Geräuſch des herangeſchlichenen Jägers. So funkelte auch ſein Auge, als er krampfhaft die Stuhllehne preßte. Der Stuhl in ſeiner Hand hätte zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der ihm gegenüber ſtand. Die markigen Hände des Kaufmanns umklammerten den Stock, ſein Kinn lehnte ſich darauf und ſeine hellblauen Augen fielen ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern. „Was wollen Sie noch?“ fragte Wandel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/334
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/334>, abgerufen am 24.11.2024.