je weiter Zeit und Ort uns entfernen, um so inni¬ ger wird unser Bund, denn er ist unauflöslich. -- Und Adelheidchen, so könnten Sie auch fortlieben und glücklich sein -- "
"Und lügen -- lügen in Ewigkeit!" brach es aus der gepreßten Brust. Es war unwillkürlich; die Eitelbach wollte sie nicht zur Vertrauten ihrer Gefühle machen.
"Entsagen, Liebe, ist das lügen! Der Besitz tödtet die Freude des Verlangens, hat mir Jemand ins Stammbuch geschrieben. Würde ich ihn lieben, wie jetzt, wenn er vor acht Jahren -- Nun ja, wäre er mein Mann, dann würden wir uns vielleicht recht gut sein, aber hätten sich unsre Seelen kennen ge¬ lernt! Die gemeinschaftliche Menage, sagt der Le¬ gationsrath, das tägliche Beieinander stumpft die fei¬ neren, sinnigen Gefühlsfäden ab, nur Verlangen und Entbehrung weckt die edleren Seelenkräfte. Er will's mir auch ins Buch schreiben. Er braucht es nicht, ich fühle es, ich weiß es. Ich ward eine an¬ dere, mein Mann sagt, er kennt mich nicht wieder. Nun bin ich erst froh, ich weiß warum, ich lebe. Wir nicken uns durch die Lüfte einen guten Morgen zu. Wenn ich ausfahre, freue ich mich der frischen Luft; auch ihn kühlt sie ja, wenn er über die Haide sprengt. Abends schüttelt er treuherzig den Kopf und ruft mir Gute Nacht! zu."
Adelheid faßte krampfhaft den Arm ihrer Be¬ gleiterin: "Soll das Ihr Leben dauern?"
je weiter Zeit und Ort uns entfernen, um ſo inni¬ ger wird unſer Bund, denn er iſt unauflöslich. — Und Adelheidchen, ſo könnten Sie auch fortlieben und glücklich ſein — “
„Und lügen — lügen in Ewigkeit!“ brach es aus der gepreßten Bruſt. Es war unwillkürlich; die Eitelbach wollte ſie nicht zur Vertrauten ihrer Gefühle machen.
„Entſagen, Liebe, iſt das lügen! Der Beſitz tödtet die Freude des Verlangens, hat mir Jemand ins Stammbuch geſchrieben. Würde ich ihn lieben, wie jetzt, wenn er vor acht Jahren — Nun ja, wäre er mein Mann, dann würden wir uns vielleicht recht gut ſein, aber hätten ſich unſre Seelen kennen ge¬ lernt! Die gemeinſchaftliche Menage, ſagt der Le¬ gationsrath, das tägliche Beieinander ſtumpft die fei¬ neren, ſinnigen Gefühlsfäden ab, nur Verlangen und Entbehrung weckt die edleren Seelenkräfte. Er will's mir auch ins Buch ſchreiben. Er braucht es nicht, ich fühle es, ich weiß es. Ich ward eine an¬ dere, mein Mann ſagt, er kennt mich nicht wieder. Nun bin ich erſt froh, ich weiß warum, ich lebe. Wir nicken uns durch die Lüfte einen guten Morgen zu. Wenn ich ausfahre, freue ich mich der friſchen Luft; auch ihn kühlt ſie ja, wenn er über die Haide ſprengt. Abends ſchüttelt er treuherzig den Kopf und ruft mir Gute Nacht! zu.“
Adelheid faßte krampfhaft den Arm ihrer Be¬ gleiterin: „Soll das Ihr Leben dauern?“
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je weiter Zeit und Ort uns entfernen, um ſo inni¬
ger wird unſer Bund, denn er iſt unauflöslich. —
Und Adelheidchen, ſo könnten Sie auch fortlieben und
glücklich ſein — “
„Und lügen — lügen in Ewigkeit!“ brach es
aus der gepreßten Bruſt. Es war unwillkürlich;
die Eitelbach wollte ſie nicht zur Vertrauten ihrer
Gefühle machen.
„Entſagen, Liebe, iſt das lügen! Der Beſitz
tödtet die Freude des Verlangens, hat mir Jemand
ins Stammbuch geſchrieben. Würde ich ihn lieben,
wie jetzt, wenn er vor acht Jahren — Nun ja, wäre
er mein Mann, dann würden wir uns vielleicht recht
gut ſein, aber hätten ſich unſre Seelen kennen ge¬
lernt! Die gemeinſchaftliche Menage, ſagt der Le¬
gationsrath, das tägliche Beieinander ſtumpft die fei¬
neren, ſinnigen Gefühlsfäden ab, nur Verlangen
und Entbehrung weckt die edleren Seelenkräfte. Er
will's mir auch ins Buch ſchreiben. Er braucht es
nicht, ich fühle es, ich weiß es. Ich ward eine an¬
dere, mein Mann ſagt, er kennt mich nicht wieder.
Nun bin ich erſt froh, ich weiß warum, ich lebe. Wir
nicken uns durch die Lüfte einen guten Morgen zu.
Wenn ich ausfahre, freue ich mich der friſchen Luft;
auch ihn kühlt ſie ja, wenn er über die Haide ſprengt.
Abends ſchüttelt er treuherzig den Kopf und ruft mir
Gute Nacht! zu.“
Adelheid faßte krampfhaft den Arm ihrer Be¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/95>, abgerufen am 23.11.2024.
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