leichtsinnig spielt wie mit den Goldrollen, die er alle Abend am Pharotisch verliert."
"Jammerschade, daß unser Haugwitz sich von ihm leiten läßt. Sonst ein so liebenswürdiger heller Geist."
"Mich dünkt, es ist der höchste Grad des Un¬ verstandes, das Werkzeug der Verworfenheit Anderer zu werden."
Auf einen solchen Ausspruch aus dem Munde einer Königin muß der Unterthan in Ehrfurcht schweigen. Hoym schwieg; auch die Königin schwieg einen Augenblick, wie im Gefühl, mehr gesagt zu haben, als die Etikette einer Königin zu sagen er¬ laubt. Die leichte Röthe war wieder von ihrem huldstrahlenden Gesicht verschwunden, als sie fortfuhr:
"Ihm, ihm allein verdanken wir es, daß das Ungeheuer mit kaltem Hohn auf uns herabblickt. Er verachtet unsre Machthaber, weil wir solchen an ihn bevollmächtigten. Ich sage nichts davon, wie er in Brünn sich fortschicken, in Wien behandeln, in Schön¬ brunn dupiren ließ; ich zerdrücke meinen Schmerz, daß er es war, der Hannover uns schenken ließ, der Brocken, an dem unser Adler ersticken sollte. Daß er aber nach dieser Erfahrung, belastet von den Ver¬ wünschungen einer ganzen edlen Nation, jetzt in Paris wieder dieselbe Rolle der Insouciance spielen konnte!"
"Er war vielleicht, wie Lombard in Brüssel, von der Grandeur der neuen Majestät eblouirt. Il est un
leichtſinnig ſpielt wie mit den Goldrollen, die er alle Abend am Pharotiſch verliert.“
„Jammerſchade, daß unſer Haugwitz ſich von ihm leiten läßt. Sonſt ein ſo liebenswürdiger heller Geiſt.“
„Mich dünkt, es iſt der höchſte Grad des Un¬ verſtandes, das Werkzeug der Verworfenheit Anderer zu werden.“
Auf einen ſolchen Ausſpruch aus dem Munde einer Königin muß der Unterthan in Ehrfurcht ſchweigen. Hoym ſchwieg; auch die Königin ſchwieg einen Augenblick, wie im Gefühl, mehr geſagt zu haben, als die Etikette einer Königin zu ſagen er¬ laubt. Die leichte Röthe war wieder von ihrem huldſtrahlenden Geſicht verſchwunden, als ſie fortfuhr:
„Ihm, ihm allein verdanken wir es, daß das Ungeheuer mit kaltem Hohn auf uns herabblickt. Er verachtet unſre Machthaber, weil wir ſolchen an ihn bevollmächtigten. Ich ſage nichts davon, wie er in Brünn ſich fortſchicken, in Wien behandeln, in Schön¬ brunn dupiren ließ; ich zerdrücke meinen Schmerz, daß er es war, der Hannover uns ſchenken ließ, der Brocken, an dem unſer Adler erſticken ſollte. Daß er aber nach dieſer Erfahrung, belaſtet von den Ver¬ wünſchungen einer ganzen edlen Nation, jetzt in Paris wieder dieſelbe Rolle der Inſouciance ſpielen konnte!“
„Er war vielleicht, wie Lombard in Brüſſel, von der Grandeur der neuen Majeſtät eblouirt. Il est un
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0113"n="103"/>
leichtſinnig ſpielt wie mit den Goldrollen, die er alle<lb/>
Abend am Pharotiſch verliert.“</p><lb/><p>„Jammerſchade, daß unſer Haugwitz ſich von<lb/>
ihm leiten läßt. Sonſt ein ſo liebenswürdiger heller<lb/>
Geiſt.“</p><lb/><p>„Mich dünkt, es iſt der höchſte Grad des Un¬<lb/>
verſtandes, das Werkzeug der Verworfenheit Anderer<lb/>
zu werden.“</p><lb/><p>Auf einen ſolchen Ausſpruch aus dem Munde<lb/>
einer Königin muß der Unterthan in Ehrfurcht<lb/>ſchweigen. Hoym ſchwieg; auch die Königin ſchwieg<lb/>
einen Augenblick, wie im Gefühl, mehr geſagt zu<lb/>
haben, als die Etikette einer Königin zu ſagen er¬<lb/>
laubt. Die leichte Röthe war wieder von ihrem<lb/>
huldſtrahlenden Geſicht verſchwunden, als ſie fortfuhr:</p><lb/><p>„Ihm, ihm allein verdanken wir es, daß das<lb/>
Ungeheuer mit kaltem Hohn auf uns herabblickt. Er<lb/>
verachtet unſre Machthaber, weil wir ſolchen an ihn<lb/>
bevollmächtigten. Ich ſage nichts davon, wie er in<lb/>
Brünn ſich fortſchicken, in Wien behandeln, in Schön¬<lb/>
brunn dupiren ließ; ich zerdrücke meinen Schmerz,<lb/>
daß er es war, der Hannover uns ſchenken ließ, der<lb/>
Brocken, an dem unſer Adler erſticken ſollte. Daß<lb/>
er aber nach dieſer Erfahrung, belaſtet von den Ver¬<lb/>
wünſchungen einer ganzen edlen Nation, jetzt in<lb/>
Paris wieder dieſelbe Rolle der Inſouciance ſpielen<lb/>
konnte!“</p><lb/><p>„Er war vielleicht, wie Lombard in Brüſſel, von<lb/>
der Grandeur der neuen Majeſtät eblouirt. <hirendition="#aq">Il est un<lb/></hi></p></div></body></text></TEI>
[103/0113]
leichtſinnig ſpielt wie mit den Goldrollen, die er alle
Abend am Pharotiſch verliert.“
„Jammerſchade, daß unſer Haugwitz ſich von
ihm leiten läßt. Sonſt ein ſo liebenswürdiger heller
Geiſt.“
„Mich dünkt, es iſt der höchſte Grad des Un¬
verſtandes, das Werkzeug der Verworfenheit Anderer
zu werden.“
Auf einen ſolchen Ausſpruch aus dem Munde
einer Königin muß der Unterthan in Ehrfurcht
ſchweigen. Hoym ſchwieg; auch die Königin ſchwieg
einen Augenblick, wie im Gefühl, mehr geſagt zu
haben, als die Etikette einer Königin zu ſagen er¬
laubt. Die leichte Röthe war wieder von ihrem
huldſtrahlenden Geſicht verſchwunden, als ſie fortfuhr:
„Ihm, ihm allein verdanken wir es, daß das
Ungeheuer mit kaltem Hohn auf uns herabblickt. Er
verachtet unſre Machthaber, weil wir ſolchen an ihn
bevollmächtigten. Ich ſage nichts davon, wie er in
Brünn ſich fortſchicken, in Wien behandeln, in Schön¬
brunn dupiren ließ; ich zerdrücke meinen Schmerz,
daß er es war, der Hannover uns ſchenken ließ, der
Brocken, an dem unſer Adler erſticken ſollte. Daß
er aber nach dieſer Erfahrung, belaſtet von den Ver¬
wünſchungen einer ganzen edlen Nation, jetzt in
Paris wieder dieſelbe Rolle der Inſouciance ſpielen
konnte!“
„Er war vielleicht, wie Lombard in Brüſſel, von
der Grandeur der neuen Majeſtät eblouirt. Il est un
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/113>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.