Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

keit, die einen entzückten Liebhaber vielleicht er¬
schreckt hätte:

"Aber, gnädigste Königin, ich bin nicht aus
fürstlichem Blute, und weiß daher nicht, warum ich
Opfer dem Allgemeinwohl bringen sollte. Das hat
von einem unbedeutenden Mädchen nichts zu erwar¬
ten und nichts zu fürchten; ein Tropfen im Meere
mehr oder weniger, das Meer merkt es nicht. -- Soll
ich für Andere entsagen? Wem helfe ich, wen tränke
ich? Etwa den Vater meines Geliebten, weil er
diese Verbindung nicht wünscht? Er hat sich nie
um seinen Sohn gekümmert, er hatte ihn so gut
wie verstoßen. Was Louis Bovillard ist, verdankt
er sich selbst. Er steht frei gegen seinen Vater, ja,
er ist noch freier von ihm, als ich gegen meine EI¬
tern. Kann dieser Vater mir etwas vorwerfen, was
nicht alle Welt weiß, was selbst vor den Lästerzun¬
gen derselben rein gestempelt ist, seit Ihre Majestät
mir öffentlich Ihre Huld gezeigt?"

"O nichts von dem! sprach die Königin mit
abwehrender Handbewegung. Er könnte sich glücklich
schätzen, eine so reine Schwiegertochter in sein be¬
flecktes Haus zu bekommen. Dazu ist er jetzt ein
Narr! Dieser profligate Mensch, der sein Leben
durch nichts gethan, als den Adel seiner Menschen¬
würde herabzusetzen, pikirt sich jetzt, aus vermoder¬
ten Pergamenten einen uralten Adel zu beweisen.
Lächerlich und empörend!"

"Gegen wen, erlauchte Frau, wäre es dann

keit, die einen entzückten Liebhaber vielleicht er¬
ſchreckt hätte:

„Aber, gnädigſte Königin, ich bin nicht aus
fürſtlichem Blute, und weiß daher nicht, warum ich
Opfer dem Allgemeinwohl bringen ſollte. Das hat
von einem unbedeutenden Mädchen nichts zu erwar¬
ten und nichts zu fürchten; ein Tropfen im Meere
mehr oder weniger, das Meer merkt es nicht. — Soll
ich für Andere entſagen? Wem helfe ich, wen tränke
ich? Etwa den Vater meines Geliebten, weil er
dieſe Verbindung nicht wünſcht? Er hat ſich nie
um ſeinen Sohn gekümmert, er hatte ihn ſo gut
wie verſtoßen. Was Louis Bovillard iſt, verdankt
er ſich ſelbſt. Er ſteht frei gegen ſeinen Vater, ja,
er iſt noch freier von ihm, als ich gegen meine EI¬
tern. Kann dieſer Vater mir etwas vorwerfen, was
nicht alle Welt weiß, was ſelbſt vor den Läſterzun¬
gen derſelben rein geſtempelt iſt, ſeit Ihre Majeſtät
mir öffentlich Ihre Huld gezeigt?“

„O nichts von dem! ſprach die Königin mit
abwehrender Handbewegung. Er könnte ſich glücklich
ſchätzen, eine ſo reine Schwiegertochter in ſein be¬
flecktes Haus zu bekommen. Dazu iſt er jetzt ein
Narr! Dieſer profligate Menſch, der ſein Leben
durch nichts gethan, als den Adel ſeiner Menſchen¬
würde herabzuſetzen, pikirt ſich jetzt, aus vermoder¬
ten Pergamenten einen uralten Adel zu beweiſen.
Lächerlich und empörend!“

„Gegen wen, erlauchte Frau, wäre es dann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="132"/>
keit, die einen entzückten Liebhaber vielleicht er¬<lb/>
&#x017F;chreckt hätte:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber, gnädig&#x017F;te Königin, ich bin nicht aus<lb/>
für&#x017F;tlichem Blute, und weiß daher nicht, warum ich<lb/>
Opfer dem Allgemeinwohl bringen &#x017F;ollte. Das hat<lb/>
von einem unbedeutenden Mädchen nichts zu erwar¬<lb/>
ten und nichts zu fürchten; ein Tropfen im Meere<lb/>
mehr oder weniger, das Meer merkt es nicht. &#x2014; Soll<lb/>
ich für Andere ent&#x017F;agen? Wem helfe ich, wen tränke<lb/>
ich? Etwa den Vater meines Geliebten, weil er<lb/>
die&#x017F;e Verbindung nicht wün&#x017F;cht? Er hat &#x017F;ich nie<lb/>
um &#x017F;einen Sohn gekümmert, er hatte ihn &#x017F;o gut<lb/>
wie ver&#x017F;toßen. Was Louis Bovillard i&#x017F;t, verdankt<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Er &#x017F;teht frei gegen &#x017F;einen Vater, ja,<lb/>
er i&#x017F;t noch freier von ihm, als ich gegen meine EI¬<lb/>
tern. Kann die&#x017F;er Vater mir etwas vorwerfen, was<lb/>
nicht alle Welt weiß, was &#x017F;elb&#x017F;t vor den Lä&#x017F;terzun¬<lb/>
gen der&#x017F;elben rein ge&#x017F;tempelt i&#x017F;t, &#x017F;eit Ihre Maje&#x017F;tät<lb/>
mir öffentlich Ihre Huld gezeigt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O nichts von dem! &#x017F;prach die Königin mit<lb/>
abwehrender Handbewegung. Er könnte &#x017F;ich glücklich<lb/>
&#x017F;chätzen, eine &#x017F;o reine Schwiegertochter in &#x017F;ein be¬<lb/>
flecktes Haus zu bekommen. Dazu i&#x017F;t er jetzt ein<lb/>
Narr! Die&#x017F;er profligate Men&#x017F;ch, der &#x017F;ein Leben<lb/>
durch nichts gethan, als den Adel &#x017F;einer Men&#x017F;chen¬<lb/>
würde herabzu&#x017F;etzen, pikirt &#x017F;ich jetzt, aus vermoder¬<lb/>
ten Pergamenten einen uralten Adel zu bewei&#x017F;en.<lb/>
Lächerlich und empörend!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gegen wen, erlauchte Frau, wäre es dann<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0142] keit, die einen entzückten Liebhaber vielleicht er¬ ſchreckt hätte: „Aber, gnädigſte Königin, ich bin nicht aus fürſtlichem Blute, und weiß daher nicht, warum ich Opfer dem Allgemeinwohl bringen ſollte. Das hat von einem unbedeutenden Mädchen nichts zu erwar¬ ten und nichts zu fürchten; ein Tropfen im Meere mehr oder weniger, das Meer merkt es nicht. — Soll ich für Andere entſagen? Wem helfe ich, wen tränke ich? Etwa den Vater meines Geliebten, weil er dieſe Verbindung nicht wünſcht? Er hat ſich nie um ſeinen Sohn gekümmert, er hatte ihn ſo gut wie verſtoßen. Was Louis Bovillard iſt, verdankt er ſich ſelbſt. Er ſteht frei gegen ſeinen Vater, ja, er iſt noch freier von ihm, als ich gegen meine EI¬ tern. Kann dieſer Vater mir etwas vorwerfen, was nicht alle Welt weiß, was ſelbſt vor den Läſterzun¬ gen derſelben rein geſtempelt iſt, ſeit Ihre Majeſtät mir öffentlich Ihre Huld gezeigt?“ „O nichts von dem! ſprach die Königin mit abwehrender Handbewegung. Er könnte ſich glücklich ſchätzen, eine ſo reine Schwiegertochter in ſein be¬ flecktes Haus zu bekommen. Dazu iſt er jetzt ein Narr! Dieſer profligate Menſch, der ſein Leben durch nichts gethan, als den Adel ſeiner Menſchen¬ würde herabzuſetzen, pikirt ſich jetzt, aus vermoder¬ ten Pergamenten einen uralten Adel zu beweiſen. Lächerlich und empörend!“ „Gegen wen, erlauchte Frau, wäre es dann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/142
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/142>, abgerufen am 27.11.2024.