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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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es mir doch ganz überlassen wollten! -- Aber --
schenken Sie mir das Vertrauen nicht -- dann, nun
ja, das versteht sich von selbst. -- Indeß ich schmeichelte
mir, in der Hoffnung auf Ihr Vertrauen, grade so
zu handeln, wie ich es thue, zur Schonung Ihrer
Gefühle Ihnen verschweigen zu dürfen, warum."

"Aber warum denn? Mein Mann --"

"Ist -- ein Mann, den ich kenne, schätze, ich
weiß zuweilen nicht, ob ich mehr seinen weltmännischen
Freisinn oder seinen Scharfsinn bewundern soll."

"Seinen Scharfsinn?"

"Merken Sie denn nicht, daß er Sie nie mehr
mit dem Rittmeister neckt?"

"Ja, aber --"

"Daß der Contact dieser Verhältnisse auch einen
Reflex auf Augustens Seelenfrieden werfen muß!
Nicht wahr, das ist es, nicht was Sie nicht begrei¬
fen, sondern was Sie nicht begreifen möchten. Ich
frage mich ja selbst oft, was ist denn die Centrifugal¬
kraft unsrer Gedanken, wenn sie bei dem Problem
stehen bleibt! Was hat eine schöne junge Frau mit
den Conflicten der Generalintendantur und Militair¬
controlle zu thun? Aber aus dem Cirkel kann ich
nicht heraus. Verdacht ist Verdacht. -- Aus Ver¬
dacht, daß er Verdacht haben könnte, muß er keinen
Verdacht zeigen. Aber schon der Schatten des Ver¬
dachts, daß er mit einem einflußreichen Militair --
denn der Rittmeister bleibt doch immer der Neffe des
Kriegsministers -- also schon die geringste Collision

es mir doch ganz überlaſſen wollten! — Aber —
ſchenken Sie mir das Vertrauen nicht — dann, nun
ja, das verſteht ſich von ſelbſt. — Indeß ich ſchmeichelte
mir, in der Hoffnung auf Ihr Vertrauen, grade ſo
zu handeln, wie ich es thue, zur Schonung Ihrer
Gefühle Ihnen verſchweigen zu dürfen, warum.“

„Aber warum denn? Mein Mann —“

„Iſt — ein Mann, den ich kenne, ſchätze, ich
weiß zuweilen nicht, ob ich mehr ſeinen weltmänniſchen
Freiſinn oder ſeinen Scharfſinn bewundern ſoll.“

„Seinen Scharfſinn?“

„Merken Sie denn nicht, daß er Sie nie mehr
mit dem Rittmeiſter neckt?“

„Ja, aber —“

„Daß der Contact dieſer Verhältniſſe auch einen
Reflex auf Auguſtens Seelenfrieden werfen muß!
Nicht wahr, das iſt es, nicht was Sie nicht begrei¬
fen, ſondern was Sie nicht begreifen möchten. Ich
frage mich ja ſelbſt oft, was iſt denn die Centrifugal¬
kraft unſrer Gedanken, wenn ſie bei dem Problem
ſtehen bleibt! Was hat eine ſchöne junge Frau mit
den Conflicten der Generalintendantur und Militair¬
controlle zu thun? Aber aus dem Cirkel kann ich
nicht heraus. Verdacht iſt Verdacht. — Aus Ver¬
dacht, daß er Verdacht haben könnte, muß er keinen
Verdacht zeigen. Aber ſchon der Schatten des Ver¬
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[146/0156] es mir doch ganz überlaſſen wollten! — Aber — ſchenken Sie mir das Vertrauen nicht — dann, nun ja, das verſteht ſich von ſelbſt. — Indeß ich ſchmeichelte mir, in der Hoffnung auf Ihr Vertrauen, grade ſo zu handeln, wie ich es thue, zur Schonung Ihrer Gefühle Ihnen verſchweigen zu dürfen, warum.“ „Aber warum denn? Mein Mann —“ „Iſt — ein Mann, den ich kenne, ſchätze, ich weiß zuweilen nicht, ob ich mehr ſeinen weltmänniſchen Freiſinn oder ſeinen Scharfſinn bewundern ſoll.“ „Seinen Scharfſinn?“ „Merken Sie denn nicht, daß er Sie nie mehr mit dem Rittmeiſter neckt?“ „Ja, aber —“ „Daß der Contact dieſer Verhältniſſe auch einen Reflex auf Auguſtens Seelenfrieden werfen muß! Nicht wahr, das iſt es, nicht was Sie nicht begrei¬ fen, ſondern was Sie nicht begreifen möchten. Ich frage mich ja ſelbſt oft, was iſt denn die Centrifugal¬ kraft unſrer Gedanken, wenn ſie bei dem Problem ſtehen bleibt! Was hat eine ſchöne junge Frau mit den Conflicten der Generalintendantur und Militair¬ controlle zu thun? Aber aus dem Cirkel kann ich nicht heraus. Verdacht iſt Verdacht. — Aus Ver¬ dacht, daß er Verdacht haben könnte, muß er keinen Verdacht zeigen. Aber ſchon der Schatten des Ver¬ dachts, daß er mit einem einflußreichen Militair — denn der Rittmeiſter bleibt doch immer der Neffe des Kriegsminiſters — alſo ſchon die geringſte Colliſion

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/156>, abgerufen am 17.05.2024.