Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

weiblicher Compagnon, aber er schlug mit der Hand
an die Brust: "Wenn's Vaterland ruft!"

Lupinus hatte die Hand, welche eben in der
Dose gewühlt, mit Entzücken ergriffen und an seine
Brust gedrückt: "Ah! Madame Braunbiegler est un
ange. Votre exemple glorieux rendra notre chose
victorieuse!"

"Umgekuckt, Geheimderath, Ihre Schwägerin
winkt, will Ihnen auch vielleicht 'nen Fuchs geben.
Stecken Sie ein, was Sie kriegen."

Der Geheimrath Lupinus prallte buchstäblich
zurück, als er sein Ohr an den Mund der Geheim¬
räthin gelegt, und diese einige Worte ihm zugeflü¬
stert hatte.

"Hun -- hundert!"

"Ich bitte, Schwager, sein Sie kein Narr!"
sagte sie mit leisem, strafendem Ton und bitten¬
dem Blick.

"Hundert Friedrichsd'or!"

"Aber ich habe Sie doch so sehr gebeten; das
war ja unter uns -- Sie sind wirklich ein abscheu¬
licher Mensch."

Hundert Friedrichsd'or! lief es durch die Ver¬
sammlung. -- Hundert Friedrichsd'or für Flanell!
Starre Blicke, geöffnete Münder. Am weitesten
hatte die Wirthin ihn auf, es kam aber kein andrer
Laut heraus, als ein: "Na nu --!"

Die Geheimräthin Wittwe empfand das Unan¬
genehme der Situation. Sie erhob sich etwas vom

weiblicher Compagnon, aber er ſchlug mit der Hand
an die Bruſt: „Wenn's Vaterland ruft!“

Lupinus hatte die Hand, welche eben in der
Doſe gewühlt, mit Entzücken ergriffen und an ſeine
Bruſt gedrückt: „Ah! Madame Braunbiegler est un
ange. Votre exemple glorieux rendra notre chose
victorieuse!“

„Umgekuckt, Geheimderath, Ihre Schwägerin
winkt, will Ihnen auch vielleicht 'nen Fuchs geben.
Stecken Sie ein, was Sie kriegen.“

Der Geheimrath Lupinus prallte buchſtäblich
zurück, als er ſein Ohr an den Mund der Geheim¬
räthin gelegt, und dieſe einige Worte ihm zugeflü¬
ſtert hatte.

„Hun — hundert!“

„Ich bitte, Schwager, ſein Sie kein Narr!“
ſagte ſie mit leiſem, ſtrafendem Ton und bitten¬
dem Blick.

„Hundert Friedrichsd'or!“

„Aber ich habe Sie doch ſo ſehr gebeten; das
war ja unter uns — Sie ſind wirklich ein abſcheu¬
licher Menſch.“

Hundert Friedrichsd'or! lief es durch die Ver¬
ſammlung. — Hundert Friedrichsd'or für Flanell!
Starre Blicke, geöffnete Münder. Am weiteſten
hatte die Wirthin ihn auf, es kam aber kein andrer
Laut heraus, als ein: „Na nu —!“

Die Geheimräthin Wittwe empfand das Unan¬
genehme der Situation. Sie erhob ſich etwas vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0161" n="151"/>
weiblicher Compagnon, aber er &#x017F;chlug mit der Hand<lb/>
an die Bru&#x017F;t: &#x201E;Wenn's Vaterland ruft!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Lupinus hatte die Hand, welche eben in der<lb/>
Do&#x017F;e gewühlt, mit Entzücken ergriffen und an &#x017F;eine<lb/>
Bru&#x017F;t gedrückt: <hi rendition="#aq">&#x201E;Ah! Madame Braunbiegler est un<lb/>
ange. Votre exemple glorieux rendra notre chose<lb/>
victorieuse!&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>&#x201E;Umgekuckt, Geheimderath, Ihre Schwägerin<lb/>
winkt, will Ihnen auch vielleicht 'nen Fuchs geben.<lb/>
Stecken Sie ein, was Sie kriegen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Geheimrath Lupinus prallte buch&#x017F;täblich<lb/>
zurück, als er &#x017F;ein Ohr an den Mund der Geheim¬<lb/>
räthin gelegt, und die&#x017F;e einige Worte ihm zugeflü¬<lb/>
&#x017F;tert hatte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hun &#x2014; hundert!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bitte, Schwager, &#x017F;ein Sie kein Narr!&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;ie mit lei&#x017F;em, &#x017F;trafendem Ton und bitten¬<lb/>
dem Blick.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hundert Friedrichsd'or!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber ich habe Sie doch &#x017F;o &#x017F;ehr gebeten; das<lb/>
war ja unter uns &#x2014; Sie &#x017F;ind wirklich ein ab&#x017F;cheu¬<lb/>
licher Men&#x017F;ch.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Hundert Friedrichsd'or! lief es durch die Ver¬<lb/>
&#x017F;ammlung. &#x2014; Hundert Friedrichsd'or für Flanell!<lb/>
Starre Blicke, geöffnete Münder. Am weite&#x017F;ten<lb/>
hatte die Wirthin ihn auf, es kam aber kein andrer<lb/>
Laut heraus, als ein: &#x201E;Na nu &#x2014;!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Geheimräthin Wittwe empfand das Unan¬<lb/>
genehme der Situation. Sie erhob &#x017F;ich etwas vom<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0161] weiblicher Compagnon, aber er ſchlug mit der Hand an die Bruſt: „Wenn's Vaterland ruft!“ Lupinus hatte die Hand, welche eben in der Doſe gewühlt, mit Entzücken ergriffen und an ſeine Bruſt gedrückt: „Ah! Madame Braunbiegler est un ange. Votre exemple glorieux rendra notre chose victorieuse!“ „Umgekuckt, Geheimderath, Ihre Schwägerin winkt, will Ihnen auch vielleicht 'nen Fuchs geben. Stecken Sie ein, was Sie kriegen.“ Der Geheimrath Lupinus prallte buchſtäblich zurück, als er ſein Ohr an den Mund der Geheim¬ räthin gelegt, und dieſe einige Worte ihm zugeflü¬ ſtert hatte. „Hun — hundert!“ „Ich bitte, Schwager, ſein Sie kein Narr!“ ſagte ſie mit leiſem, ſtrafendem Ton und bitten¬ dem Blick. „Hundert Friedrichsd'or!“ „Aber ich habe Sie doch ſo ſehr gebeten; das war ja unter uns — Sie ſind wirklich ein abſcheu¬ licher Menſch.“ Hundert Friedrichsd'or! lief es durch die Ver¬ ſammlung. — Hundert Friedrichsd'or für Flanell! Starre Blicke, geöffnete Münder. Am weiteſten hatte die Wirthin ihn auf, es kam aber kein andrer Laut heraus, als ein: „Na nu —!“ Die Geheimräthin Wittwe empfand das Unan¬ genehme der Situation. Sie erhob ſich etwas vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/161
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/161>, abgerufen am 24.11.2024.