mächtigen, in ihrer Mitte einen Emporkömmling zu dulden, der auf seine Bildung sich geckenhaft brüstet, und sich zuweilen die Miene giebt, sie zu verachten; stand er nicht jetzt eben noch, es war unerhört, wie der Minos da, und maßte sich an, zwischen den Com¬ battanten über Europas Schicksal zu richten?"
Die Gargazin war ihm mit gespannter, dann, wie es schien, gesättigter Aufmerksamkeit gefolgt: "Herr von Laforest überraschen mich. Wer hätte das vermuthet. Auch Ihr Kaiser will, als ein neuer Sanct Georg, den Drachen des Unglaubens zertre¬ ten! Seit wann ging diese remarquable Umänderung in Seiner Majestät vor?"
"Können Sie mit Spott das Einmaleins um¬ ändern, oder einen mathematischen Lehrsatz umsto¬ ßen? Der Satz heißt in diesem Falle: er folgt den Maximen, die er zu seiner Selbsterhaltung für noth¬ wendig hält. Seine Pläne gehn tiefer, als Sie glauben. Von wo entspringt alles das Unheil, an dem die Völker leiden? Aus den Beispielen, die wir unvorsichtig aus dem Alterthum holten, aus der unverständigen Anwendung der Begriffe, die damals galten, auf die Verhältnisse von heut. Schon lange geht er mit dem Project um, das Studium der Klassiker von den Schulen zu verbannen. Das, was uns nützlich ist, soll daraus übersetzt werden, eine Uebersetzung unter dem Stempel der Autorität; mit dem andern klassischen Kram fort als Zeitverderb oder Gift. Stimmte dies nicht mit den Ansichten
mächtigen, in ihrer Mitte einen Emporkömmling zu dulden, der auf ſeine Bildung ſich geckenhaft brüſtet, und ſich zuweilen die Miene giebt, ſie zu verachten; ſtand er nicht jetzt eben noch, es war unerhört, wie der Minos da, und maßte ſich an, zwiſchen den Com¬ battanten über Europas Schickſal zu richten?“
Die Gargazin war ihm mit geſpannter, dann, wie es ſchien, geſättigter Aufmerkſamkeit gefolgt: „Herr von Laforeſt überraſchen mich. Wer hätte das vermuthet. Auch Ihr Kaiſer will, als ein neuer Sanct Georg, den Drachen des Unglaubens zertre¬ ten! Seit wann ging dieſe remarquable Umänderung in Seiner Majeſtät vor?“
„Können Sie mit Spott das Einmaleins um¬ ändern, oder einen mathematiſchen Lehrſatz umſto¬ ßen? Der Satz heißt in dieſem Falle: er folgt den Maximen, die er zu ſeiner Selbſterhaltung für noth¬ wendig hält. Seine Pläne gehn tiefer, als Sie glauben. Von wo entſpringt alles das Unheil, an dem die Völker leiden? Aus den Beiſpielen, die wir unvorſichtig aus dem Alterthum holten, aus der unverſtändigen Anwendung der Begriffe, die damals galten, auf die Verhältniſſe von heut. Schon lange geht er mit dem Project um, das Studium der Klaſſiker von den Schulen zu verbannen. Das, was uns nützlich iſt, ſoll daraus überſetzt werden, eine Ueberſetzung unter dem Stempel der Autorität; mit dem andern klaſſiſchen Kram fort als Zeitverderb oder Gift. Stimmte dies nicht mit den Anſichten
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mächtigen, in ihrer Mitte einen Emporkömmling zu
dulden, der auf ſeine Bildung ſich geckenhaft brüſtet,
und ſich zuweilen die Miene giebt, ſie zu verachten;
ſtand er nicht jetzt eben noch, es war unerhört, wie
der Minos da, und maßte ſich an, zwiſchen den Com¬
battanten über Europas Schickſal zu richten?“
Die Gargazin war ihm mit geſpannter, dann,
wie es ſchien, geſättigter Aufmerkſamkeit gefolgt:
„Herr von Laforeſt überraſchen mich. Wer hätte das
vermuthet. Auch Ihr Kaiſer will, als ein neuer
Sanct Georg, den Drachen des Unglaubens zertre¬
ten! Seit wann ging dieſe remarquable Umänderung
in Seiner Majeſtät vor?“
„Können Sie mit Spott das Einmaleins um¬
ändern, oder einen mathematiſchen Lehrſatz umſto¬
ßen? Der Satz heißt in dieſem Falle: er folgt den
Maximen, die er zu ſeiner Selbſterhaltung für noth¬
wendig hält. Seine Pläne gehn tiefer, als Sie
glauben. Von wo entſpringt alles das Unheil, an
dem die Völker leiden? Aus den Beiſpielen, die
wir unvorſichtig aus dem Alterthum holten, aus der
unverſtändigen Anwendung der Begriffe, die damals
galten, auf die Verhältniſſe von heut. Schon lange
geht er mit dem Project um, das Studium der
Klaſſiker von den Schulen zu verbannen. Das, was
uns nützlich iſt, ſoll daraus überſetzt werden, eine
Ueberſetzung unter dem Stempel der Autorität; mit
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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