"Für's Erste würde ich diese Don Quixoten anlaufen lassen, wie sie's verdienen. Wer den hei¬ ßen Brei angerichtet, kann ihn aufessen. Ihnen ihren Willen gelassen! -- Sie lächeln, das wäre gut französisch gerathen, und so arglistig dumm, daß es eigentlich eine Beleidigung sei, einer Fürstin Garga¬ zin es in's Gesicht zu sagen. -- Erlauben Sie mir die Bemerkung, es ist nicht so ganz dumm. Bur¬ hövden hat in Riga den Befehl, zu rüsten. Ver¬ gönnen Sie mir auch, zu bemerken, der Befehl ist etwas spät an ihn ergangen, viel zu spät. Ich tadle darum Ihre Staatsmänner nicht, denn konnten sie wissen, daß es hier endlich Ernst, daß man sich nicht doch noch einmal wieder anders besinnen werde? Eine Mobilmachung kostet viel Geld; man thut es doch nicht immer bloß zum Vergnügen, besonders dann nicht, wenn eine ernsthafte, große Rüstung uns bevorsteht. Für die spart ein weiser Staatsmann die vollen Kräfte. Nun rüstet Burhövden. Es ist jetzt Anfang Oktober. Bis spätestens Ende Oktober sto¬ ßen die preußischen und französischen Heere auf ein¬ ander; irgendwo im Herzen von Deutschland, geht es nach den Feuerköpfen hier, so weit wie möglich nach dem Rheine zu. Nun bitte ich Sie, wie viel Truppen kann der wackere Burhövden bis dahin dis¬ ponibel machen, bis dahin durch Kurland, Lithauen, Preußen, Pommern, Brandenburg, durch unwegsame Sandsteppen, aufgewühlte Wege, dem Gros der Preußen nachschicken? Ich will das Höchste anneh¬
„Für's Erſte würde ich dieſe Don Quixoten anlaufen laſſen, wie ſie's verdienen. Wer den hei¬ ßen Brei angerichtet, kann ihn aufeſſen. Ihnen ihren Willen gelaſſen! — Sie lächeln, das wäre gut franzöſiſch gerathen, und ſo argliſtig dumm, daß es eigentlich eine Beleidigung ſei, einer Fürſtin Garga¬ zin es in's Geſicht zu ſagen. — Erlauben Sie mir die Bemerkung, es iſt nicht ſo ganz dumm. Bur¬ hövden hat in Riga den Befehl, zu rüſten. Ver¬ gönnen Sie mir auch, zu bemerken, der Befehl iſt etwas ſpät an ihn ergangen, viel zu ſpät. Ich tadle darum Ihre Staatsmänner nicht, denn konnten ſie wiſſen, daß es hier endlich Ernſt, daß man ſich nicht doch noch einmal wieder anders beſinnen werde? Eine Mobilmachung koſtet viel Geld; man thut es doch nicht immer bloß zum Vergnügen, beſonders dann nicht, wenn eine ernſthafte, große Rüſtung uns bevorſteht. Für die ſpart ein weiſer Staatsmann die vollen Kräfte. Nun rüſtet Burhövden. Es iſt jetzt Anfang Oktober. Bis ſpäteſtens Ende Oktober ſto¬ ßen die preußiſchen und franzöſiſchen Heere auf ein¬ ander; irgendwo im Herzen von Deutſchland, geht es nach den Feuerköpfen hier, ſo weit wie möglich nach dem Rheine zu. Nun bitte ich Sie, wie viel Truppen kann der wackere Burhövden bis dahin dis¬ ponibel machen, bis dahin durch Kurland, Lithauen, Preußen, Pommern, Brandenburg, durch unwegſame Sandſteppen, aufgewühlte Wege, dem Gros der Preußen nachſchicken? Ich will das Höchſte anneh¬
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„Für's Erſte würde ich dieſe Don Quixoten
anlaufen laſſen, wie ſie's verdienen. Wer den hei¬
ßen Brei angerichtet, kann ihn aufeſſen. Ihnen
ihren Willen gelaſſen! — Sie lächeln, das wäre gut
franzöſiſch gerathen, und ſo argliſtig dumm, daß es
eigentlich eine Beleidigung ſei, einer Fürſtin Garga¬
zin es in's Geſicht zu ſagen. — Erlauben Sie mir
die Bemerkung, es iſt nicht ſo ganz dumm. Bur¬
hövden hat in Riga den Befehl, zu rüſten. Ver¬
gönnen Sie mir auch, zu bemerken, der Befehl iſt
etwas ſpät an ihn ergangen, viel zu ſpät. Ich tadle
darum Ihre Staatsmänner nicht, denn konnten ſie
wiſſen, daß es hier endlich Ernſt, daß man ſich nicht
doch noch einmal wieder anders beſinnen werde?
Eine Mobilmachung koſtet viel Geld; man thut es
doch nicht immer bloß zum Vergnügen, beſonders
dann nicht, wenn eine ernſthafte, große Rüſtung uns
bevorſteht. Für die ſpart ein weiſer Staatsmann die
vollen Kräfte. Nun rüſtet Burhövden. Es iſt jetzt
Anfang Oktober. Bis ſpäteſtens Ende Oktober ſto¬
ßen die preußiſchen und franzöſiſchen Heere auf ein¬
ander; irgendwo im Herzen von Deutſchland, geht
es nach den Feuerköpfen hier, ſo weit wie möglich
nach dem Rheine zu. Nun bitte ich Sie, wie viel
Truppen kann der wackere Burhövden bis dahin dis¬
ponibel machen, bis dahin durch Kurland, Lithauen,
Preußen, Pommern, Brandenburg, durch unwegſame
Sandſteppen, aufgewühlte Wege, dem Gros der
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/230>, abgerufen am 21.11.2024.
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