wagen enthielten. Der General fand es für gut, darauf zu bemerken, daß Friedrichs Kriege und Märsche aus einem besondern Gesichtspunkte angese¬ hen werden müßten. Hier komme es nicht darauf an, durch forcirte Märsche und Schwenkungen einen Feind zu überraschen, sondern durch die Wahrheit ihm zu imponiren. "Das geschieht, wenn wir ihm das ganze Gros der preußischen Kriegsmacht mit allem Apparat gegenüber stellen. Und da kommt es denn auf einige Bagagewagen mehr nicht an."
"Aber das ist doch zu toll, erlaubte sich ein anderer General zu bemerken, der Lieutenant Wolfs¬ kehl hat, wie ich eben höre, ein Clavier in seinem Reisewagen mitgenommen."
Man lachte, der erste General auch. Zu andrer Zeit würde er vielleicht nicht mitgelacht, und gegen einen Lieutenant seines Regiments in ähnlichem Falle gedonnert haben; aber er war bei guter Laune: "Sind die Ritzengnitze so musikalisch? -- Im Uebri¬ gen, meine Herren, es drückt doch eine Assurance aus, die ich beim Militair liebe. Entweder -- die zwei Fälle haben wir vor uns, die Schlacht ist nicht entscheidend, dann beziehen wir Winterquartiere, oder wir schlagen die Franzosen auf's Haupt, dann ist die Jahreszeit zu weit vorgerückt zur Poursuite, und wir beziehen auch Winterquartiere. Und ist denn das was Unziemliches, in den Winterquartieren Musik zu machen? Der junge Mensch will sich bei Prinz Louis insinuiren. Lassen wir's ihm."
wagen enthielten. Der General fand es für gut, darauf zu bemerken, daß Friedrichs Kriege und Märſche aus einem beſondern Geſichtspunkte angeſe¬ hen werden müßten. Hier komme es nicht darauf an, durch forcirte Märſche und Schwenkungen einen Feind zu überraſchen, ſondern durch die Wahrheit ihm zu imponiren. „Das geſchieht, wenn wir ihm das ganze Gros der preußiſchen Kriegsmacht mit allem Apparat gegenüber ſtellen. Und da kommt es denn auf einige Bagagewagen mehr nicht an.“
„Aber das iſt doch zu toll, erlaubte ſich ein anderer General zu bemerken, der Lieutenant Wolfs¬ kehl hat, wie ich eben höre, ein Clavier in ſeinem Reiſewagen mitgenommen.“
Man lachte, der erſte General auch. Zu andrer Zeit würde er vielleicht nicht mitgelacht, und gegen einen Lieutenant ſeines Regiments in ähnlichem Falle gedonnert haben; aber er war bei guter Laune: „Sind die Ritzengnitze ſo muſikaliſch? — Im Uebri¬ gen, meine Herren, es drückt doch eine Aſſurance aus, die ich beim Militair liebe. Entweder — die zwei Fälle haben wir vor uns, die Schlacht iſt nicht entſcheidend, dann beziehen wir Winterquartiere, oder wir ſchlagen die Franzoſen auf's Haupt, dann iſt die Jahreszeit zu weit vorgerückt zur Pourſuite, und wir beziehen auch Winterquartiere. Und iſt denn das was Unziemliches, in den Winterquartieren Muſik zu machen? Der junge Menſch will ſich bei Prinz Louis inſinuiren. Laſſen wir's ihm.“
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wagen enthielten. Der General fand es für gut,
darauf zu bemerken, daß Friedrichs Kriege und
Märſche aus einem beſondern Geſichtspunkte angeſe¬
hen werden müßten. Hier komme es nicht darauf
an, durch forcirte Märſche und Schwenkungen einen
Feind zu überraſchen, ſondern durch die Wahrheit
ihm zu imponiren. „Das geſchieht, wenn wir ihm
das ganze Gros der preußiſchen Kriegsmacht mit
allem Apparat gegenüber ſtellen. Und da kommt es
denn auf einige Bagagewagen mehr nicht an.“
„Aber das iſt doch zu toll, erlaubte ſich ein
anderer General zu bemerken, der Lieutenant Wolfs¬
kehl hat, wie ich eben höre, ein Clavier in ſeinem
Reiſewagen mitgenommen.“
Man lachte, der erſte General auch. Zu andrer
Zeit würde er vielleicht nicht mitgelacht, und gegen
einen Lieutenant ſeines Regiments in ähnlichem Falle
gedonnert haben; aber er war bei guter Laune:
„Sind die Ritzengnitze ſo muſikaliſch? — Im Uebri¬
gen, meine Herren, es drückt doch eine Aſſurance
aus, die ich beim Militair liebe. Entweder — die
zwei Fälle haben wir vor uns, die Schlacht iſt nicht
entſcheidend, dann beziehen wir Winterquartiere, oder
wir ſchlagen die Franzoſen auf's Haupt, dann iſt
die Jahreszeit zu weit vorgerückt zur Pourſuite, und
wir beziehen auch Winterquartiere. Und iſt denn
das was Unziemliches, in den Winterquartieren Muſik
zu machen? Der junge Menſch will ſich bei Prinz
Louis inſinuiren. Laſſen wir's ihm.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/276>, abgerufen am 24.11.2024.
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