dort ein Hallo, ein Zusammenstoß der Geschütze und Rüstwagen, ein Peitschenknallen, ein gräßlicher Fluch. Dann aber wieder tiefe Stille, man hörte nur den dumpfen, dröhnenden ehernen Tritt der Tausende, die Erde stampfend, das Wiehern der Rosse, das wuchtige Rasseln der Kanonen.
Die Heeressäulen der Franzosen wälzten sich durch das tiefe Saalethal, wie die fabelhafte Heer¬ schlange, die im Thüringer Walde sich zeigt, eine Kette, Mann und Roß, von den Höhen der Berge bis schon hinaus viele Meilen über Jena, da, wo die Unstrut in die Saale fällt. Die Thüringer, die das Weh aller großen Kriege, welche Deutschland zerfleischten, in ihren schönen Thälern, an ihren Berg¬ geländen recht aufgesogen und eingesammelt, hatten solche Massen Krieger nie gesehen. Eine Völkerwan¬ derung schien es.
Wo die Schlange sich in dem Lichtschein ringelte, blitzte es auf von den Bajonetten und Flintenläu¬ fen, den funkelnden Säbeln, von umbuschten Helmen. Da auf dem Markte preschten die Chasseure, Raum machend für den Gewaltigen, und die Glieder stan¬ den und präsentirten. Es war eine kurze, aber ernste Heeresschau. Tausende und Tausende wälzten sich durch die Thore weiter, aber Tausende und Tausende verschwanden aus der lichthellen Stadt, man wußte nicht, wohin. Keiner legte sich zur Ruhe, der Kai¬ ser wachte! Für wie viel Tausende sollte es die letzte Nacht sein, eine schlaflose Todesnacht.
dort ein Hallo, ein Zuſammenſtoß der Geſchütze und Rüſtwagen, ein Peitſchenknallen, ein gräßlicher Fluch. Dann aber wieder tiefe Stille, man hörte nur den dumpfen, dröhnenden ehernen Tritt der Tauſende, die Erde ſtampfend, das Wiehern der Roſſe, das wuchtige Raſſeln der Kanonen.
Die Heeresſäulen der Franzoſen wälzten ſich durch das tiefe Saalethal, wie die fabelhafte Heer¬ ſchlange, die im Thüringer Walde ſich zeigt, eine Kette, Mann und Roß, von den Höhen der Berge bis ſchon hinaus viele Meilen über Jena, da, wo die Unſtrut in die Saale fällt. Die Thüringer, die das Weh aller großen Kriege, welche Deutſchland zerfleiſchten, in ihren ſchönen Thälern, an ihren Berg¬ geländen recht aufgeſogen und eingeſammelt, hatten ſolche Maſſen Krieger nie geſehen. Eine Völkerwan¬ derung ſchien es.
Wo die Schlange ſich in dem Lichtſchein ringelte, blitzte es auf von den Bajonetten und Flintenläu¬ fen, den funkelnden Säbeln, von umbuſchten Helmen. Da auf dem Markte preſchten die Chaſſeure, Raum machend für den Gewaltigen, und die Glieder ſtan¬ den und präſentirten. Es war eine kurze, aber ernſte Heeresſchau. Tauſende und Tauſende wälzten ſich durch die Thore weiter, aber Tauſende und Tauſende verſchwanden aus der lichthellen Stadt, man wußte nicht, wohin. Keiner legte ſich zur Ruhe, der Kai¬ ſer wachte! Für wie viel Tauſende ſollte es die letzte Nacht ſein, eine ſchlafloſe Todesnacht.
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dort ein Hallo, ein Zuſammenſtoß der Geſchütze und
Rüſtwagen, ein Peitſchenknallen, ein gräßlicher Fluch.
Dann aber wieder tiefe Stille, man hörte nur den
dumpfen, dröhnenden ehernen Tritt der Tauſende,
die Erde ſtampfend, das Wiehern der Roſſe, das
wuchtige Raſſeln der Kanonen.
Die Heeresſäulen der Franzoſen wälzten ſich
durch das tiefe Saalethal, wie die fabelhafte Heer¬
ſchlange, die im Thüringer Walde ſich zeigt, eine
Kette, Mann und Roß, von den Höhen der Berge
bis ſchon hinaus viele Meilen über Jena, da, wo
die Unſtrut in die Saale fällt. Die Thüringer, die
das Weh aller großen Kriege, welche Deutſchland
zerfleiſchten, in ihren ſchönen Thälern, an ihren Berg¬
geländen recht aufgeſogen und eingeſammelt, hatten
ſolche Maſſen Krieger nie geſehen. Eine Völkerwan¬
derung ſchien es.
Wo die Schlange ſich in dem Lichtſchein ringelte,
blitzte es auf von den Bajonetten und Flintenläu¬
fen, den funkelnden Säbeln, von umbuſchten Helmen.
Da auf dem Markte preſchten die Chaſſeure, Raum
machend für den Gewaltigen, und die Glieder ſtan¬
den und präſentirten. Es war eine kurze, aber ernſte
Heeresſchau. Tauſende und Tauſende wälzten ſich
durch die Thore weiter, aber Tauſende und Tauſende
verſchwanden aus der lichthellen Stadt, man wußte
nicht, wohin. Keiner legte ſich zur Ruhe, der Kai¬
ſer wachte! Für wie viel Tauſende ſollte es die
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/282>, abgerufen am 24.11.2024.
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