keinen tieferen Blick in unsre Staatsverhältnisse wer¬ fen; war ich doch wie ein junges Mädchen, das aus der Pension in die Gesellschaft eingeführt wird. Aber Alexanders Worte erschreckten, weckten mich; ich sah meinen Gemahl, meine Kinder, die Thronfolge, Alles, was mir lieb und werth war, in Gefahr, ich bot daher Alles auf, ihn, seine Freunde zu wecken. Ja, ich hielt den Krieg für nothwendig, und wenn das ein Verbrechen ist, so habe ich ihn gewünscht. Mir schien, daß alle Güter dieser Erde untergeordnet seien dem Gefühl edler Selbstständigkeit und der Nationalehre. Seit ich eine Preußin geworden, fühlte ich nur als Tochter dieses Landes. Und den Trost habe ich, alle Bessern fühlen mit mir -- es ist nur --"
Der Wind mußte sich gewandt haben, wie ein fernes Gewitter dröhnten die Kanonenschläge über die Fläche.
Die Tauentzien fuhr mit einem: "Ach Gott! ach Gott!" aus dem Schlaf, aber die Sonne schien hell durch die Wagenfenster. Im Hohlweg, in den der Wagen bog, hörte man nichts mehr. Die Hof¬ dame schlief wieder ein.
"Sein Tod muß schön gewesen sein! rief die Königin plötzlich aus ihrem Versunkensein auf. Der Tod für's Vaterland! Der König war tief erschüt¬ tert; im Leben standen sie sich fern. Das ist das Schöne vom Tode, daß er versöhnt. Viele Herren machten gleichgültige, unangenehme Bemerkungen, wir schlossen uns ein. -- Kannten Sie den Prinzen?"
keinen tieferen Blick in unſre Staatsverhältniſſe wer¬ fen; war ich doch wie ein junges Mädchen, das aus der Penſion in die Geſellſchaft eingeführt wird. Aber Alexanders Worte erſchreckten, weckten mich; ich ſah meinen Gemahl, meine Kinder, die Thronfolge, Alles, was mir lieb und werth war, in Gefahr, ich bot daher Alles auf, ihn, ſeine Freunde zu wecken. Ja, ich hielt den Krieg für nothwendig, und wenn das ein Verbrechen iſt, ſo habe ich ihn gewünſcht. Mir ſchien, daß alle Güter dieſer Erde untergeordnet ſeien dem Gefühl edler Selbſtſtändigkeit und der Nationalehre. Seit ich eine Preußin geworden, fühlte ich nur als Tochter dieſes Landes. Und den Troſt habe ich, alle Beſſern fühlen mit mir — es iſt nur —“
Der Wind mußte ſich gewandt haben, wie ein fernes Gewitter dröhnten die Kanonenſchläge über die Fläche.
Die Tauentzien fuhr mit einem: „Ach Gott! ach Gott!“ aus dem Schlaf, aber die Sonne ſchien hell durch die Wagenfenſter. Im Hohlweg, in den der Wagen bog, hörte man nichts mehr. Die Hof¬ dame ſchlief wieder ein.
„Sein Tod muß ſchön geweſen ſein! rief die Königin plötzlich aus ihrem Verſunkenſein auf. Der Tod für's Vaterland! Der König war tief erſchüt¬ tert; im Leben ſtanden ſie ſich fern. Das iſt das Schöne vom Tode, daß er verſöhnt. Viele Herren machten gleichgültige, unangenehme Bemerkungen, wir ſchloſſen uns ein. — Kannten Sie den Prinzen?“
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keinen tieferen Blick in unſre Staatsverhältniſſe wer¬
fen; war ich doch wie ein junges Mädchen, das aus
der Penſion in die Geſellſchaft eingeführt wird. Aber
Alexanders Worte erſchreckten, weckten mich; ich ſah
meinen Gemahl, meine Kinder, die Thronfolge,
Alles, was mir lieb und werth war, in Gefahr, ich
bot daher Alles auf, ihn, ſeine Freunde zu wecken.
Ja, ich hielt den Krieg für nothwendig, und wenn
das ein Verbrechen iſt, ſo habe ich ihn gewünſcht.
Mir ſchien, daß alle Güter dieſer Erde untergeordnet
ſeien dem Gefühl edler Selbſtſtändigkeit und der
Nationalehre. Seit ich eine Preußin geworden, fühlte
ich nur als Tochter dieſes Landes. Und den Troſt
habe ich, alle Beſſern fühlen mit mir — es iſt nur —“
Der Wind mußte ſich gewandt haben, wie ein
fernes Gewitter dröhnten die Kanonenſchläge über
die Fläche.
Die Tauentzien fuhr mit einem: „Ach Gott!
ach Gott!“ aus dem Schlaf, aber die Sonne ſchien
hell durch die Wagenfenſter. Im Hohlweg, in den
der Wagen bog, hörte man nichts mehr. Die Hof¬
dame ſchlief wieder ein.
„Sein Tod muß ſchön geweſen ſein! rief die
Königin plötzlich aus ihrem Verſunkenſein auf. Der
Tod für's Vaterland! Der König war tief erſchüt¬
tert; im Leben ſtanden ſie ſich fern. Das iſt das
Schöne vom Tode, daß er verſöhnt. Viele Herren
machten gleichgültige, unangenehme Bemerkungen, wir
ſchloſſen uns ein. — Kannten Sie den Prinzen?“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/312>, abgerufen am 21.11.2024.
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