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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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die Schleifzüge, die Abbreviaturen waren dieselben,
auch die ungewöhnliche Orthographie.

"Florestan Vansitter!" rief er aufstehend, und
es schien, als fröstele ihn. Er warf einen Blick in
den Spiegel, sein Auge glänzte ihm entgegen, ein
Glanz, den man der Freude beimißt. "Pfui! ent¬
fuhr es seinen Lippen. Ist das nicht die canibalische
Lust des Menschenfressers, wenn er sein Opfer auf
Schußweite erblickt! -- Ach, wir sind alle Canibalen,
alle, uns dürstet nach Menschenblut. Bin ich der
Einzige, dessen Gesicht sich röthen wird von diaboli¬
schem Entzücken, wenn es an's Tageslicht kommt!
Wie wird die Gesellschaft hier von der Wollust des
Entsetzens beben, wenn es ausgesprochen ist, wenn
der Mann, mit dem sie Hände gedrückt, Gläser an¬
gestoßen, zu dem sie sich gedrängt, von dessen Lippen
der Honig geistvoller Unterhaltung floß, arretirt, in
Ketten eingebracht wird, ein gemeiner Verbrecher.
Unmöglich! werden sie rufen und doch innerlich zittern,
wenn es nun nicht wahr wäre! -- O du Mantel
der Humanität, der uns so schön sitzt, aus welchen
Mondscheinspinnefäden bist du gewebt!"

Als er sich angekleidet und der graue Tag
schon durch die Fensterscheiben blickte, stand ein
junger Mensch in unansehnlicher Kleidung vor dem
Rathe.

"Nichts von Wichtigkeit, antwortete der Einge¬
tretene auf eine Frage des Rathes. Ihr Benehmen
im Gefängniß bleibt dasselbe. Sie ließ den Hofrath

die Schleifzüge, die Abbreviaturen waren dieſelben,
auch die ungewöhnliche Orthographie.

„Floreſtan Vanſitter!“ rief er aufſtehend, und
es ſchien, als fröſtele ihn. Er warf einen Blick in
den Spiegel, ſein Auge glänzte ihm entgegen, ein
Glanz, den man der Freude beimißt. „Pfui! ent¬
fuhr es ſeinen Lippen. Iſt das nicht die canibaliſche
Luſt des Menſchenfreſſers, wenn er ſein Opfer auf
Schußweite erblickt! — Ach, wir ſind alle Canibalen,
alle, uns dürſtet nach Menſchenblut. Bin ich der
Einzige, deſſen Geſicht ſich röthen wird von diaboli¬
ſchem Entzücken, wenn es an's Tageslicht kommt!
Wie wird die Geſellſchaft hier von der Wolluſt des
Entſetzens beben, wenn es ausgeſprochen iſt, wenn
der Mann, mit dem ſie Hände gedrückt, Gläſer an¬
geſtoßen, zu dem ſie ſich gedrängt, von deſſen Lippen
der Honig geiſtvoller Unterhaltung floß, arretirt, in
Ketten eingebracht wird, ein gemeiner Verbrecher.
Unmöglich! werden ſie rufen und doch innerlich zittern,
wenn es nun nicht wahr wäre! — O du Mantel
der Humanität, der uns ſo ſchön ſitzt, aus welchen
Mondſcheinſpinnefäden biſt du gewebt!“

Als er ſich angekleidet und der graue Tag
ſchon durch die Fenſterſcheiben blickte, ſtand ein
junger Menſch in unanſehnlicher Kleidung vor dem
Rathe.

„Nichts von Wichtigkeit, antwortete der Einge¬
tretene auf eine Frage des Rathes. Ihr Benehmen
im Gefängniß bleibt daſſelbe. Sie ließ den Hofrath

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[318/0328] die Schleifzüge, die Abbreviaturen waren dieſelben, auch die ungewöhnliche Orthographie. „Floreſtan Vanſitter!“ rief er aufſtehend, und es ſchien, als fröſtele ihn. Er warf einen Blick in den Spiegel, ſein Auge glänzte ihm entgegen, ein Glanz, den man der Freude beimißt. „Pfui! ent¬ fuhr es ſeinen Lippen. Iſt das nicht die canibaliſche Luſt des Menſchenfreſſers, wenn er ſein Opfer auf Schußweite erblickt! — Ach, wir ſind alle Canibalen, alle, uns dürſtet nach Menſchenblut. Bin ich der Einzige, deſſen Geſicht ſich röthen wird von diaboli¬ ſchem Entzücken, wenn es an's Tageslicht kommt! Wie wird die Geſellſchaft hier von der Wolluſt des Entſetzens beben, wenn es ausgeſprochen iſt, wenn der Mann, mit dem ſie Hände gedrückt, Gläſer an¬ geſtoßen, zu dem ſie ſich gedrängt, von deſſen Lippen der Honig geiſtvoller Unterhaltung floß, arretirt, in Ketten eingebracht wird, ein gemeiner Verbrecher. Unmöglich! werden ſie rufen und doch innerlich zittern, wenn es nun nicht wahr wäre! — O du Mantel der Humanität, der uns ſo ſchön ſitzt, aus welchen Mondſcheinſpinnefäden biſt du gewebt!“ Als er ſich angekleidet und der graue Tag ſchon durch die Fenſterſcheiben blickte, ſtand ein junger Menſch in unanſehnlicher Kleidung vor dem Rathe. „Nichts von Wichtigkeit, antwortete der Einge¬ tretene auf eine Frage des Rathes. Ihr Benehmen im Gefängniß bleibt daſſelbe. Sie ließ den Hofrath

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/328>, abgerufen am 22.11.2024.