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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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"Und doch, Excellenz, fiel Niebuhr ein, auch
unter ihnen regt sich schon eine andere Stimmung.
Ich lernte, wie Sie, dies Volk erst kennen. Aber wenn
Sie es jetzt kennten, wie ich, Sie würden es Ihrer
Liebe werth finden. Ich habe in diesen Tagen nirgend
mehr so viel Kraft, Ernst, Treue und Gutmüthigkeit
zu finden erwartet. Von einem großen Sinne ge¬
leitet, wäre dieses Volk immer der ganzen Welt un¬
bezwingbar geblieben, und wie sturmschnell auch die
Fluth unser Land überschwemmt, noch jetzt drängte
ein solcher Geist sie wieder zurück. Aber wo ist er,
der große Geist, der es vermöchte!" *)

"Er wird erscheinen, rief der Minister und
seine Stirn leuchtete, indem er Niebuhrs Hand drücke,
die andere reichte er Walter. Warum sollen nur
die Völker des Alterthums ihren Phönix haben! Ist
das Christenthum nicht basirt auf dem Mysterium der
Wiedergeburt! Sollten nur die germanischen Völker
bestimmt sein, auszugehen und überzugeben in andre!
Ich glaube an den Phönix, aber der Scheiterhaufen
ist noch nicht hoch genug. Es muß noch vieles
Morsche, Faule, Wurmstichige darin verbrennen, viel
mehr, als wir wähnten, vieles, was wir gestern noch
für gesund hielten, vielleicht was uns das Liebste und
Theuerste war. Leben Sie wohl, meine Freunde, wir
sehen uns wieder, wenn noch nicht in besserer Zeit,
doch in einer, wo wir wieder hoffen dürfen."

In den Geschichtsbüchern steht, und es ist daraus

*) Historische Worte Niebuhrs aus jener Zeit.

„Und doch, Excellenz, fiel Niebuhr ein, auch
unter ihnen regt ſich ſchon eine andere Stimmung.
Ich lernte, wie Sie, dies Volk erſt kennen. Aber wenn
Sie es jetzt kennten, wie ich, Sie würden es Ihrer
Liebe werth finden. Ich habe in dieſen Tagen nirgend
mehr ſo viel Kraft, Ernſt, Treue und Gutmüthigkeit
zu finden erwartet. Von einem großen Sinne ge¬
leitet, wäre dieſes Volk immer der ganzen Welt un¬
bezwingbar geblieben, und wie ſturmſchnell auch die
Fluth unſer Land überſchwemmt, noch jetzt drängte
ein ſolcher Geiſt ſie wieder zurück. Aber wo iſt er,
der große Geiſt, der es vermöchte!“ *)

„Er wird erſcheinen, rief der Miniſter und
ſeine Stirn leuchtete, indem er Niebuhrs Hand drücke,
die andere reichte er Walter. Warum ſollen nur
die Völker des Alterthums ihren Phönix haben! Iſt
das Chriſtenthum nicht baſirt auf dem Myſterium der
Wiedergeburt! Sollten nur die germaniſchen Völker
beſtimmt ſein, auszugehen und überzugeben in andre!
Ich glaube an den Phönix, aber der Scheiterhaufen
iſt noch nicht hoch genug. Es muß noch vieles
Morſche, Faule, Wurmſtichige darin verbrennen, viel
mehr, als wir wähnten, vieles, was wir geſtern noch
für geſund hielten, vielleicht was uns das Liebſte und
Theuerſte war. Leben Sie wohl, meine Freunde, wir
ſehen uns wieder, wenn noch nicht in beſſerer Zeit,
doch in einer, wo wir wieder hoffen dürfen.“

In den Geſchichtsbüchern ſteht, und es iſt daraus

*) Hiſtoriſche Worte Niebuhrs aus jener Zeit.
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[375/0385] „Und doch, Excellenz, fiel Niebuhr ein, auch unter ihnen regt ſich ſchon eine andere Stimmung. Ich lernte, wie Sie, dies Volk erſt kennen. Aber wenn Sie es jetzt kennten, wie ich, Sie würden es Ihrer Liebe werth finden. Ich habe in dieſen Tagen nirgend mehr ſo viel Kraft, Ernſt, Treue und Gutmüthigkeit zu finden erwartet. Von einem großen Sinne ge¬ leitet, wäre dieſes Volk immer der ganzen Welt un¬ bezwingbar geblieben, und wie ſturmſchnell auch die Fluth unſer Land überſchwemmt, noch jetzt drängte ein ſolcher Geiſt ſie wieder zurück. Aber wo iſt er, der große Geiſt, der es vermöchte!“ *) „Er wird erſcheinen, rief der Miniſter und ſeine Stirn leuchtete, indem er Niebuhrs Hand drücke, die andere reichte er Walter. Warum ſollen nur die Völker des Alterthums ihren Phönix haben! Iſt das Chriſtenthum nicht baſirt auf dem Myſterium der Wiedergeburt! Sollten nur die germaniſchen Völker beſtimmt ſein, auszugehen und überzugeben in andre! Ich glaube an den Phönix, aber der Scheiterhaufen iſt noch nicht hoch genug. Es muß noch vieles Morſche, Faule, Wurmſtichige darin verbrennen, viel mehr, als wir wähnten, vieles, was wir geſtern noch für geſund hielten, vielleicht was uns das Liebſte und Theuerſte war. Leben Sie wohl, meine Freunde, wir ſehen uns wieder, wenn noch nicht in beſſerer Zeit, doch in einer, wo wir wieder hoffen dürfen.“ In den Geſchichtsbüchern ſteht, und es iſt daraus *) Hiſtoriſche Worte Niebuhrs aus jener Zeit.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/385>, abgerufen am 24.11.2024.