Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Thränen um den Jammer der Eulalia aus den Lo¬
gen flossen."

Also der Zorn war Ironie. Walter ließ eine
Bemerkung fallen, daß für Jugendsünden die Zeit
das beste Heilmittel sei. Der Freiherr war noch
nicht in der versöhnlichen Laune. "Jede Sünde rächt
sich," rief er und schien seine Schritte zu verdoppeln,
aber die Gedanken waren weit darüber fortgeflogen.

"Warum hat er nicht Komödie gespielt wie die
Andern. Warum sich nicht mit Tugend und Anstand
geschminkt! War das so schwer! Brauchte nur sei¬
nen trefflichen Vater zu imitiren."

"Geheimrath Bovillard ist mir in der That un¬
begreiflich. Wiegt ihm die Gunst, die Euer Excellenz
seinem Sohne schenken, das Glück desselben auf! Ihm
wäre es doch ein Leichtes, Haugwitz und die Andern
umzustimmen."

"Was kümmern mich die! Die Königin will
ihn nicht."

"Die Königin! -- Sie ist doch sonst nicht so
streng in ihrem Umgang."

"Wenn sie's wäre! -- Freilich, sie müßte drei
Viertel des Hofes fortjagen. -- Nun hat sie sich auf
diesen gesetzt. Man hat ihn ihr als den Ausbund
von frecher Sittenlosigkeit geschildert. Sie betrachtet
es als einen Hohn, einen Cavalier von dem Rufe
in ihre Antichambres zu bringen. Sie haßt auch
wohl im Sohn den Vater. Kurzum, Weiberphanta¬
sieen sind einmal nicht zu berechnen."

Thränen um den Jammer der Eulalia aus den Lo¬
gen floſſen.“

Alſo der Zorn war Ironie. Walter ließ eine
Bemerkung fallen, daß für Jugendſünden die Zeit
das beſte Heilmittel ſei. Der Freiherr war noch
nicht in der verſöhnlichen Laune. „Jede Sünde rächt
ſich,“ rief er und ſchien ſeine Schritte zu verdoppeln,
aber die Gedanken waren weit darüber fortgeflogen.

„Warum hat er nicht Komödie geſpielt wie die
Andern. Warum ſich nicht mit Tugend und Anſtand
geſchminkt! War das ſo ſchwer! Brauchte nur ſei¬
nen trefflichen Vater zu imitiren.“

„Geheimrath Bovillard iſt mir in der That un¬
begreiflich. Wiegt ihm die Gunſt, die Euer Excellenz
ſeinem Sohne ſchenken, das Glück deſſelben auf! Ihm
wäre es doch ein Leichtes, Haugwitz und die Andern
umzuſtimmen.“

„Was kümmern mich die! Die Königin will
ihn nicht.“

„Die Königin! — Sie iſt doch ſonſt nicht ſo
ſtreng in ihrem Umgang.“

„Wenn ſie's wäre! — Freilich, ſie müßte drei
Viertel des Hofes fortjagen. — Nun hat ſie ſich auf
dieſen geſetzt. Man hat ihn ihr als den Ausbund
von frecher Sittenloſigkeit geſchildert. Sie betrachtet
es als einen Hohn, einen Cavalier von dem Rufe
in ihre Antichambres zu bringen. Sie haßt auch
wohl im Sohn den Vater. Kurzum, Weiberphanta¬
ſieen ſind einmal nicht zu berechnen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="30"/>
Thränen um den Jammer der Eulalia aus den Lo¬<lb/>
gen flo&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o der Zorn war Ironie. Walter ließ eine<lb/>
Bemerkung fallen, daß für Jugend&#x017F;ünden die Zeit<lb/>
das be&#x017F;te Heilmittel &#x017F;ei. Der Freiherr war noch<lb/>
nicht in der ver&#x017F;öhnlichen Laune. &#x201E;Jede Sünde rächt<lb/>
&#x017F;ich,&#x201C; rief er und &#x017F;chien &#x017F;eine Schritte zu verdoppeln,<lb/>
aber die Gedanken waren weit darüber fortgeflogen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Warum hat er nicht Komödie ge&#x017F;pielt wie die<lb/>
Andern. Warum &#x017F;ich nicht mit Tugend und An&#x017F;tand<lb/>
ge&#x017F;chminkt! War das &#x017F;o &#x017F;chwer! Brauchte nur &#x017F;ei¬<lb/>
nen trefflichen Vater zu imitiren.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Geheimrath Bovillard i&#x017F;t mir in der That un¬<lb/>
begreiflich. Wiegt ihm die Gun&#x017F;t, die Euer Excellenz<lb/>
&#x017F;einem Sohne &#x017F;chenken, das Glück de&#x017F;&#x017F;elben auf! Ihm<lb/>
wäre es doch ein Leichtes, Haugwitz und die Andern<lb/>
umzu&#x017F;timmen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was kümmern mich die! Die Königin will<lb/>
ihn nicht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Königin! &#x2014; Sie i&#x017F;t doch &#x017F;on&#x017F;t nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;treng in ihrem Umgang.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn &#x017F;ie's wäre! &#x2014; Freilich, &#x017F;ie müßte drei<lb/>
Viertel des Hofes fortjagen. &#x2014; Nun hat &#x017F;ie &#x017F;ich auf<lb/>
die&#x017F;en ge&#x017F;etzt. Man hat ihn ihr als den Ausbund<lb/>
von frecher Sittenlo&#x017F;igkeit ge&#x017F;childert. Sie betrachtet<lb/>
es als einen Hohn, einen Cavalier von dem Rufe<lb/>
in ihre Antichambres zu bringen. Sie haßt auch<lb/>
wohl im Sohn den Vater. Kurzum, Weiberphanta¬<lb/>
&#x017F;ieen &#x017F;ind einmal nicht zu berechnen.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0040] Thränen um den Jammer der Eulalia aus den Lo¬ gen floſſen.“ Alſo der Zorn war Ironie. Walter ließ eine Bemerkung fallen, daß für Jugendſünden die Zeit das beſte Heilmittel ſei. Der Freiherr war noch nicht in der verſöhnlichen Laune. „Jede Sünde rächt ſich,“ rief er und ſchien ſeine Schritte zu verdoppeln, aber die Gedanken waren weit darüber fortgeflogen. „Warum hat er nicht Komödie geſpielt wie die Andern. Warum ſich nicht mit Tugend und Anſtand geſchminkt! War das ſo ſchwer! Brauchte nur ſei¬ nen trefflichen Vater zu imitiren.“ „Geheimrath Bovillard iſt mir in der That un¬ begreiflich. Wiegt ihm die Gunſt, die Euer Excellenz ſeinem Sohne ſchenken, das Glück deſſelben auf! Ihm wäre es doch ein Leichtes, Haugwitz und die Andern umzuſtimmen.“ „Was kümmern mich die! Die Königin will ihn nicht.“ „Die Königin! — Sie iſt doch ſonſt nicht ſo ſtreng in ihrem Umgang.“ „Wenn ſie's wäre! — Freilich, ſie müßte drei Viertel des Hofes fortjagen. — Nun hat ſie ſich auf dieſen geſetzt. Man hat ihn ihr als den Ausbund von frecher Sittenloſigkeit geſchildert. Sie betrachtet es als einen Hohn, einen Cavalier von dem Rufe in ihre Antichambres zu bringen. Sie haßt auch wohl im Sohn den Vater. Kurzum, Weiberphanta¬ ſieen ſind einmal nicht zu berechnen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/40
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/40>, abgerufen am 23.11.2024.