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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Freiherr, indem er wieder im Wagen saß, es sind ihrer genug jetzt, die sich satt essen und trinken wollen bei mir. Mich sollte aber nicht wundern, wenn noch mehr Vettern, Basen nachkämen, vielleicht halb Königsberg als Sippschaft, um das hocherfreuliche Ereigniß, daß ein Bürgermädchen in meine Familie heirathet, standesmäßig mit zu feiern. Eine herrliche Verwandtschaft! Schade, daß ich schon genug an Denen habe, welche die Geburt mir gab, um das Glück dieses celebren Zuwachses zu schätzen!

Theosophus Sacken glaubte, um seinem Einspruch Wucht zu geben, gerichtliche Anordnungen in der Hauptstadt nöthig zu haben. Um deßhalb eilte er zuerst nach Mitau. Die Ritterschaftsbehörde zeigte sich sehr bereitwillig, und man billigte die Absicht des Freiherrn, seinen gerichtlichen Einspruch vor der Hand geheim zu halten, um damit am angesetzten Hochzeitstage wie ein Blitz aus heiterer Luft vorzubrechen. Denn eine solche Kränkung der Familienehre fordere eine publike Genugthuung. Aber zu den Maßregeln, welche Theosophus forderte, wünschte man, daß er die Beistimmung, wenigstens das Vorwissen Seiner Durchlaucht des Herzogs beibringe. -- -- Wie! rief er entrüstet, dürfen wir uns nicht mehr selbst regieren? Steckt der -- frei Gewählte die Nase in unsere freien Familienangelegenheiten? -- Man zuckte die Achseln; man lenkte das Gespräch ab auf den und jenen alten Bekannten, der ähnliche Gedanken mit Sacken gehegt, und nun -- der Eine im Auslande, der Andere

Freiherr, indem er wieder im Wagen saß, es sind ihrer genug jetzt, die sich satt essen und trinken wollen bei mir. Mich sollte aber nicht wundern, wenn noch mehr Vettern, Basen nachkämen, vielleicht halb Königsberg als Sippschaft, um das hocherfreuliche Ereigniß, daß ein Bürgermädchen in meine Familie heirathet, standesmäßig mit zu feiern. Eine herrliche Verwandtschaft! Schade, daß ich schon genug an Denen habe, welche die Geburt mir gab, um das Glück dieses celebren Zuwachses zu schätzen!

Theosophus Sacken glaubte, um seinem Einspruch Wucht zu geben, gerichtliche Anordnungen in der Hauptstadt nöthig zu haben. Um deßhalb eilte er zuerst nach Mitau. Die Ritterschaftsbehörde zeigte sich sehr bereitwillig, und man billigte die Absicht des Freiherrn, seinen gerichtlichen Einspruch vor der Hand geheim zu halten, um damit am angesetzten Hochzeitstage wie ein Blitz aus heiterer Luft vorzubrechen. Denn eine solche Kränkung der Familienehre fordere eine publike Genugthuung. Aber zu den Maßregeln, welche Theosophus forderte, wünschte man, daß er die Beistimmung, wenigstens das Vorwissen Seiner Durchlaucht des Herzogs beibringe. — — Wie! rief er entrüstet, dürfen wir uns nicht mehr selbst regieren? Steckt der — frei Gewählte die Nase in unsere freien Familienangelegenheiten? — Man zuckte die Achseln; man lenkte das Gespräch ab auf den und jenen alten Bekannten, der ähnliche Gedanken mit Sacken gehegt, und nun — der Eine im Auslande, der Andere

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[0077] Freiherr, indem er wieder im Wagen saß, es sind ihrer genug jetzt, die sich satt essen und trinken wollen bei mir. Mich sollte aber nicht wundern, wenn noch mehr Vettern, Basen nachkämen, vielleicht halb Königsberg als Sippschaft, um das hocherfreuliche Ereigniß, daß ein Bürgermädchen in meine Familie heirathet, standesmäßig mit zu feiern. Eine herrliche Verwandtschaft! Schade, daß ich schon genug an Denen habe, welche die Geburt mir gab, um das Glück dieses celebren Zuwachses zu schätzen! Theosophus Sacken glaubte, um seinem Einspruch Wucht zu geben, gerichtliche Anordnungen in der Hauptstadt nöthig zu haben. Um deßhalb eilte er zuerst nach Mitau. Die Ritterschaftsbehörde zeigte sich sehr bereitwillig, und man billigte die Absicht des Freiherrn, seinen gerichtlichen Einspruch vor der Hand geheim zu halten, um damit am angesetzten Hochzeitstage wie ein Blitz aus heiterer Luft vorzubrechen. Denn eine solche Kränkung der Familienehre fordere eine publike Genugthuung. Aber zu den Maßregeln, welche Theosophus forderte, wünschte man, daß er die Beistimmung, wenigstens das Vorwissen Seiner Durchlaucht des Herzogs beibringe. — — Wie! rief er entrüstet, dürfen wir uns nicht mehr selbst regieren? Steckt der — frei Gewählte die Nase in unsere freien Familienangelegenheiten? — Man zuckte die Achseln; man lenkte das Gespräch ab auf den und jenen alten Bekannten, der ähnliche Gedanken mit Sacken gehegt, und nun — der Eine im Auslande, der Andere

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/77>, abgerufen am 26.11.2024.