Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906.Konditorei im Seestädtchen, ein Genie im Verborgenen, Grossstadt-Konditoreien mit aufgeblasenen Namen weit hinter sich lassend. Z. B. Nuss-Creme-Kugeln, in einer geöffneten entkernten Malagatraube eingebettet. Die Dreizehnjährige hatte wunderbar edle Beine in grauseidenen Strümpfen, hörte ganz impassibel den Medisancen zu. "Jawohl," sagte der Dichter, "Anna sprang ganz direktement aus dem Sacre-Coeur in das Pavillon ,Irroy' in ,Venedig in Wien' als Animier-Mädchen. Es wurden da natürlich grausame Worte gesprochen, für die es einer gewissen Vorbereitung bedurft hätte. Da sah ich Tränen langsam ihre Wangen herabgleiten. Ich legte meine Hand sanft auf die ihrige. Sie erwiderte mir jedoch: "C'est moi, c'est moi seule qui a tort, monsieur. Excusez moi - - -." Der Dichter schenkte der Dreizehnjährigen mit den edlen Beinen in grauseidenen Strümpfen zehn Nuss-Creme-Kugeln in Malagatrauben eingebettet. Sie sagte: "Ich werde auch im Sacre-Coeur erzogen - - -." Die junge Gräfin sagte: "Was sagen Herr Dichter zu dem süssen Fräulein, das sich auf einer Schilf-Insel splitternackt von Herrn so und so photographieren liess?!?" "Ich sage, dass wenn die Frau Fabrikdirektor von C. dazu seinerzeit den Mut gefunden hätte, sie jetzt nicht jahrelang ihre Mitmenschen mit den Berichten vergangener Schönheit belästigen würde Konditorei im Seestädtchen, ein Genie im Verborgenen, Grossstadt-Konditoreien mit aufgeblasenen Namen weit hinter sich lassend. Z. B. Nuss-Crême-Kugeln, in einer geöffneten entkernten Malagatraube eingebettet. Die Dreizehnjährige hatte wunderbar edle Beine in grauseidenen Strümpfen, hörte ganz impassibel den Médisancen zu. „Jawohl,“ sagte der Dichter, „Anna sprang ganz direktement aus dem Sacré-Coeur in das Pavillon ‚Irroy‘ in ‚Venedig in Wien‘ als Animier-Mädchen. Es wurden da natürlich grausame Worte gesprochen, für die es einer gewissen Vorbereitung bedurft hätte. Da sah ich Tränen langsam ihre Wangen herabgleiten. Ich legte meine Hand sanft auf die ihrige. Sie erwiderte mir jedoch: „C’est moi, c’est moi seule qui a tort, monsieur. Excusez moi – – –.“ Der Dichter schenkte der Dreizehnjährigen mit den edlen Beinen in grauseidenen Strümpfen zehn Nuss-Crême-Kugeln in Malagatrauben eingebettet. Sie sagte: „Ich werde auch im Sacré-Coeur erzogen – – –.“ Die junge Gräfin sagte: „Was sagen Herr Dichter zu dem süssen Fräulein, das sich auf einer Schilf-Insel splitternackt von Herrn so und so photographieren liess?!?“ „Ich sage, dass wenn die Frau Fabrikdirektor von C. dazu seinerzeit den Mut gefunden hätte, sie jetzt nicht jahrelang ihre Mitmenschen mit den Berichten vergangener Schönheit belästigen würde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0146" n="146"/> <p><hi rendition="#g">Konditorei im Seestädtchen</hi>, ein Genie im Verborgenen, Grossstadt-Konditoreien mit aufgeblasenen Namen weit hinter sich lassend.</p> <p>Z. B. Nuss-Crême-Kugeln, in einer geöffneten entkernten Malagatraube eingebettet.</p> <p>Die Dreizehnjährige hatte wunderbar edle Beine in grauseidenen Strümpfen, hörte ganz impassibel den Médisancen zu.</p> <p>„Jawohl,“ sagte der Dichter, „Anna sprang ganz direktement aus dem Sacré-Coeur in das Pavillon ‚Irroy‘ in ‚Venedig in Wien‘ als Animier-Mädchen. Es wurden da natürlich grausame Worte gesprochen, für die es einer gewissen Vorbereitung bedurft hätte. Da sah ich Tränen langsam ihre Wangen herabgleiten. Ich legte meine Hand sanft auf die ihrige. Sie erwiderte mir jedoch: „C’est moi, c’est moi seule qui a tort, monsieur. Excusez moi – – –.“</p> <p>Der Dichter schenkte der Dreizehnjährigen mit den edlen Beinen in grauseidenen Strümpfen zehn Nuss-Crême-Kugeln in Malagatrauben eingebettet.</p> <p>Sie sagte: „Ich werde auch im Sacré-Coeur erzogen – – –.“</p> <p>Die junge Gräfin sagte: „Was sagen Herr Dichter zu dem süssen Fräulein, das sich auf einer Schilf-Insel splitternackt von Herrn so und so photographieren liess?!?“</p> <p>„Ich sage, dass wenn die Frau Fabrikdirektor von C. dazu seinerzeit den Mut gefunden hätte, sie jetzt nicht jahrelang ihre Mitmenschen mit den Berichten vergangener Schönheit belästigen würde </p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0146]
Konditorei im Seestädtchen, ein Genie im Verborgenen, Grossstadt-Konditoreien mit aufgeblasenen Namen weit hinter sich lassend.
Z. B. Nuss-Crême-Kugeln, in einer geöffneten entkernten Malagatraube eingebettet.
Die Dreizehnjährige hatte wunderbar edle Beine in grauseidenen Strümpfen, hörte ganz impassibel den Médisancen zu.
„Jawohl,“ sagte der Dichter, „Anna sprang ganz direktement aus dem Sacré-Coeur in das Pavillon ‚Irroy‘ in ‚Venedig in Wien‘ als Animier-Mädchen. Es wurden da natürlich grausame Worte gesprochen, für die es einer gewissen Vorbereitung bedurft hätte. Da sah ich Tränen langsam ihre Wangen herabgleiten. Ich legte meine Hand sanft auf die ihrige. Sie erwiderte mir jedoch: „C’est moi, c’est moi seule qui a tort, monsieur. Excusez moi – – –.“
Der Dichter schenkte der Dreizehnjährigen mit den edlen Beinen in grauseidenen Strümpfen zehn Nuss-Crême-Kugeln in Malagatrauben eingebettet.
Sie sagte: „Ich werde auch im Sacré-Coeur erzogen – – –.“
Die junge Gräfin sagte: „Was sagen Herr Dichter zu dem süssen Fräulein, das sich auf einer Schilf-Insel splitternackt von Herrn so und so photographieren liess?!?“
„Ich sage, dass wenn die Frau Fabrikdirektor von C. dazu seinerzeit den Mut gefunden hätte, sie jetzt nicht jahrelang ihre Mitmenschen mit den Berichten vergangener Schönheit belästigen würde
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