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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Genese der Zelle.
Grundelemente der Gewebe ausmachen sollen, so habe auch ich
es mir zur Aufgabe gesetzt, diese alte Lehre wieder zu Ehren
zu bringen, allerdings in einer modificirten Form. Jene Beob¬
achtungen, dass ein jedes Protoplasma sich aus den specifisch
reagirenden, mit bestimmter Individualität versehenen Granulis
zusammensetzt, zwingen mich hierzu, und meine Erfahrungen
haben sich inzwischen so erweitert, dass mir ein Zweifel für
die Richtigkeit und allgemeine Giltigkeit jener Beobachtungen
nicht übrig bleibt. Wenn darum Bechamp sagt, que la granu¬
lation moleculaire est organisee, est vivante, est douee d'acti¬
vite, so stimme ich ihm aus voller Ueberzeugung bei, trotz der
Verschiedenheit unserer Anschauungen über diese Activität;
wenn er jedoch gleich darauf behauptet,1 pour qu'une cellule
naisse, il n'est pas besoin d'une cellule anterieure, et tous les
faits demontrent, qu'une cellule anterieure n'est pas necessaire
pour expliqueur la formation d'autres cellules; les cellules se
forment par les mycrocymas, und dieses an einer Menge von
Thatsachen beobachtet haben will, -- auf welche hier einzu¬
gehen nicht der Mühe lohnt, -- so kennzeichnet er damit selbst
die ganze Unzulänglichkeit seiner Theorien und Techniken.
Seitdem Schleiden und Schwann die Zusammensetzung der
Gewebe aus Zellen demonstrirt haben, ist keine wichtigere That¬
sache bekannt geworden, als dass eine jede Zelle aus einer
Zelle entstehe. Die hohe Bedeutung dieser Lehre Virchow's,
dass es eine Discontinuität der Entwickelung in den Elementar¬
theilen ebensowenig gäbe, wie bei den ganzen Organismen,
kann nicht durch so verfehlte Beobachtungen tangirt werden.
Die alte Lehre von den Elementarkörnchen und der Zusammen¬
setzung der Zellen aus ihnen ist richtig, aber nur vom phylo¬
genetischen Standpunkte aus.

Müssen wir nun wegen der Nichtzüchtbarkeit der Cyto¬
blasten principielle Unterschiede zwischen ihnen und den Auto¬
blasten annehmen? Keineswegs, denn könnten wir den ersteren
ausserhalb ihrer Zelle und ausserhalb ihres Organismus die¬
selben Bedingungen der Existenz bieten, welche sie intra vitam
haben, so würden sie auch selbstständig weiter leben und func¬

1 Les Mycrocymas etc. S. 519.

Die Genese der Zelle.
Grundelemente der Gewebe ausmachen sollen, so habe auch ich
es mir zur Aufgabe gesetzt, diese alte Lehre wieder zu Ehren
zu bringen, allerdings in einer modificirten Form. Jene Beob¬
achtungen, dass ein jedes Protoplasma sich aus den specifisch
reagirenden, mit bestimmter Individualität versehenen Granulis
zusammensetzt, zwingen mich hierzu, und meine Erfahrungen
haben sich inzwischen so erweitert, dass mir ein Zweifel für
die Richtigkeit und allgemeine Giltigkeit jener Beobachtungen
nicht übrig bleibt. Wenn darum Béchamp sagt, que la granu¬
lation moléculaire est organisée, est vivante, est douée d'acti¬
vité, so stimme ich ihm aus voller Ueberzeugung bei, trotz der
Verschiedenheit unserer Anschauungen über diese Activität;
wenn er jedoch gleich darauf behauptet,1 pour qu'une cellule
naisse, il n'est pas besoin d'une cellule antérieure, et tous les
faits démontrent, qu'une cellule antérieure n’est pas nécessaire
pour expliqueur la formation d’autres cellules; les cellules se
forment par les mycrocymas, und dieses an einer Menge von
Thatsachen beobachtet haben will, — auf welche hier einzu¬
gehen nicht der Mühe lohnt, — so kennzeichnet er damit selbst
die ganze Unzulänglichkeit seiner Theorien und Techniken.
Seitdem Schleiden und Schwann die Zusammensetzung der
Gewebe aus Zellen demonstrirt haben, ist keine wichtigere That¬
sache bekannt geworden, als dass eine jede Zelle aus einer
Zelle entstehe. Die hohe Bedeutung dieser Lehre Virchow's,
dass es eine Discontinuität der Entwickelung in den Elementar¬
theilen ebensowenig gäbe, wie bei den ganzen Organismen,
kann nicht durch so verfehlte Beobachtungen tangirt werden.
Die alte Lehre von den Elementarkörnchen und der Zusammen¬
setzung der Zellen aus ihnen ist richtig, aber nur vom phylo¬
genetischen Standpunkte aus.

Müssen wir nun wegen der Nichtzüchtbarkeit der Cyto¬
blasten principielle Unterschiede zwischen ihnen und den Auto¬
blasten annehmen? Keineswegs, denn könnten wir den ersteren
ausserhalb ihrer Zelle und ausserhalb ihres Organismus die¬
selben Bedingungen der Existenz bieten, welche sie intra vitam
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[134/0150] Die Genese der Zelle. Grundelemente der Gewebe ausmachen sollen, so habe auch ich es mir zur Aufgabe gesetzt, diese alte Lehre wieder zu Ehren zu bringen, allerdings in einer modificirten Form. Jene Beob¬ achtungen, dass ein jedes Protoplasma sich aus den specifisch reagirenden, mit bestimmter Individualität versehenen Granulis zusammensetzt, zwingen mich hierzu, und meine Erfahrungen haben sich inzwischen so erweitert, dass mir ein Zweifel für die Richtigkeit und allgemeine Giltigkeit jener Beobachtungen nicht übrig bleibt. Wenn darum Béchamp sagt, que la granu¬ lation moléculaire est organisée, est vivante, est douée d'acti¬ vité, so stimme ich ihm aus voller Ueberzeugung bei, trotz der Verschiedenheit unserer Anschauungen über diese Activität; wenn er jedoch gleich darauf behauptet, 1 pour qu'une cellule naisse, il n'est pas besoin d'une cellule antérieure, et tous les faits démontrent, qu'une cellule antérieure n’est pas nécessaire pour expliqueur la formation d’autres cellules; les cellules se forment par les mycrocymas, und dieses an einer Menge von Thatsachen beobachtet haben will, — auf welche hier einzu¬ gehen nicht der Mühe lohnt, — so kennzeichnet er damit selbst die ganze Unzulänglichkeit seiner Theorien und Techniken. Seitdem Schleiden und Schwann die Zusammensetzung der Gewebe aus Zellen demonstrirt haben, ist keine wichtigere That¬ sache bekannt geworden, als dass eine jede Zelle aus einer Zelle entstehe. Die hohe Bedeutung dieser Lehre Virchow's, dass es eine Discontinuität der Entwickelung in den Elementar¬ theilen ebensowenig gäbe, wie bei den ganzen Organismen, kann nicht durch so verfehlte Beobachtungen tangirt werden. Die alte Lehre von den Elementarkörnchen und der Zusammen¬ setzung der Zellen aus ihnen ist richtig, aber nur vom phylo¬ genetischen Standpunkte aus. Müssen wir nun wegen der Nichtzüchtbarkeit der Cyto¬ blasten principielle Unterschiede zwischen ihnen und den Auto¬ blasten annehmen? Keineswegs, denn könnten wir den ersteren ausserhalb ihrer Zelle und ausserhalb ihres Organismus die¬ selben Bedingungen der Existenz bieten, welche sie intra vitam haben, so würden sie auch selbstständig weiter leben und func¬ 1 Les Mycrocymas etc. S. 519.

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/150>, abgerufen am 24.11.2024.