Aus mancherlei Gründen wird es nicht leicht sein, alle Uebergänge der Zellen- und Kerngenese aus der Reihe der Protozoen abzutrennen. Sollte dieses aber doch gelingen -- und die Möglichkeit muss gegenüber den Fortschritten, welche die Kernlehre in dem letzten Jahrzehnt genommen hat, zu¬ gegeben werden -- dann dürften die Metamoneren wohl zahl¬ reicher sich erweisen, als es heute den Anschein hat; sie werden dann wahrscheinlich eine umfangreiche Gruppe von Form¬ erscheinungen bilden, von denen wir manche belehrenden Auf¬ schlüsse zu erwarten haben. Bei vielen Protozoen sind wir schon heute in der Lage, sie mit Bestimmtheit den Metamoneren zuweisen zu können; es wird jedoch nützlicher sein, später mit einem mehr ausgiebigen Material diese Frage zu behandeln; für jetzt muss es uns genügen, die Grundzüge einer Zellengenese angedeutet zu haben.
Auf diese Weise haben wir wenigstens schon ein Gerüst für den weiteren Ausbau, wenn wir die Zusammensetzung des Protoplasmas aus Bioblasten erkennen und die äussere Form¬ gestaltung desselben von jener primären Encystirung der Me¬ tamoneren ableiten können.
Was ist der Bioblast? In denjenigen biologischen Fragen, welchen wir rathlos gegenüberstehen, pflegt es uns eine Zuflucht zu sein, dass schliesslich doch organisirte Dinge nicht anderen Regeln unterliegen können, als nicht organisirte. Es ist das eine Forderung unseres Verstandes, die wir nicht abweisen können, und die wir beibehalten müssen, so weit auch oft scheinbar der Zwischenraum ist, der diese beiden Welten von einander trennt. Nun finden wir aber, dass es in der anorganischen Welt ebenfalls eine morphologische Einheit giebt, das ist der Krystall. Sollte der Bioblast vielleicht auch ein Krystall sein? Es wäre eigentlich merkwürdig, wenn dem nicht so wäre, denn die Natur hat kein doppeltes Gesicht, und es giebt nur ein Gesetz, das Alles beherrscht, das Lebende und das Todte.
Den Begriff des organisirten Krystalles kennt man bereits, und man hat ihn bereits vielfach discutirt; dass diese Discussion gerade an diejenigen Elemente angeknüpft hat, welche wir, wie die Dotterplättchen der Eier und ähnliche Gebilde, als Ab¬ kömmlinge der specifischen Zellengranula bezeichnen mussten,
Die Genese der Zelle.
Aus mancherlei Gründen wird es nicht leicht sein, alle Uebergänge der Zellen- und Kerngenese aus der Reihe der Protozoen abzutrennen. Sollte dieses aber doch gelingen — und die Möglichkeit muss gegenüber den Fortschritten, welche die Kernlehre in dem letzten Jahrzehnt genommen hat, zu¬ gegeben werden — dann dürften die Metamoneren wohl zahl¬ reicher sich erweisen, als es heute den Anschein hat; sie werden dann wahrscheinlich eine umfangreiche Gruppe von Form¬ erscheinungen bilden, von denen wir manche belehrenden Auf¬ schlüsse zu erwarten haben. Bei vielen Protozoen sind wir schon heute in der Lage, sie mit Bestimmtheit den Metamoneren zuweisen zu können; es wird jedoch nützlicher sein, später mit einem mehr ausgiebigen Material diese Frage zu behandeln; für jetzt muss es uns genügen, die Grundzüge einer Zellengenese angedeutet zu haben.
Auf diese Weise haben wir wenigstens schon ein Gerüst für den weiteren Ausbau, wenn wir die Zusammensetzung des Protoplasmas aus Bioblasten erkennen und die äussere Form¬ gestaltung desselben von jener primären Encystirung der Me¬ tamoneren ableiten können.
Was ist der Bioblast? In denjenigen biologischen Fragen, welchen wir rathlos gegenüberstehen, pflegt es uns eine Zuflucht zu sein, dass schliesslich doch organisirte Dinge nicht anderen Regeln unterliegen können, als nicht organisirte. Es ist das eine Forderung unseres Verstandes, die wir nicht abweisen können, und die wir beibehalten müssen, so weit auch oft scheinbar der Zwischenraum ist, der diese beiden Welten von einander trennt. Nun finden wir aber, dass es in der anorganischen Welt ebenfalls eine morphologische Einheit giebt, das ist der Krystall. Sollte der Bioblast vielleicht auch ein Krystall sein? Es wäre eigentlich merkwürdig, wenn dem nicht so wäre, denn die Natur hat kein doppeltes Gesicht, und es giebt nur ein Gesetz, das Alles beherrscht, das Lebende und das Todte.
Den Begriff des organisirten Krystalles kennt man bereits, und man hat ihn bereits vielfach discutirt; dass diese Discussion gerade an diejenigen Elemente angeknüpft hat, welche wir, wie die Dotterplättchen der Eier und ähnliche Gebilde, als Ab¬ kömmlinge der specifischen Zellengranula bezeichnen mussten,
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Die Genese der Zelle.
Aus mancherlei Gründen wird es nicht leicht sein, alle
Uebergänge der Zellen- und Kerngenese aus der Reihe der
Protozoen abzutrennen. Sollte dieses aber doch gelingen —
und die Möglichkeit muss gegenüber den Fortschritten, welche
die Kernlehre in dem letzten Jahrzehnt genommen hat, zu¬
gegeben werden — dann dürften die Metamoneren wohl zahl¬
reicher sich erweisen, als es heute den Anschein hat; sie werden
dann wahrscheinlich eine umfangreiche Gruppe von Form¬
erscheinungen bilden, von denen wir manche belehrenden Auf¬
schlüsse zu erwarten haben. Bei vielen Protozoen sind wir
schon heute in der Lage, sie mit Bestimmtheit den Metamoneren
zuweisen zu können; es wird jedoch nützlicher sein, später mit
einem mehr ausgiebigen Material diese Frage zu behandeln;
für jetzt muss es uns genügen, die Grundzüge einer Zellengenese
angedeutet zu haben.
Auf diese Weise haben wir wenigstens schon ein Gerüst
für den weiteren Ausbau, wenn wir die Zusammensetzung des
Protoplasmas aus Bioblasten erkennen und die äussere Form¬
gestaltung desselben von jener primären Encystirung der Me¬
tamoneren ableiten können.
Was ist der Bioblast? In denjenigen biologischen Fragen,
welchen wir rathlos gegenüberstehen, pflegt es uns eine Zuflucht
zu sein, dass schliesslich doch organisirte Dinge nicht anderen
Regeln unterliegen können, als nicht organisirte. Es ist das eine
Forderung unseres Verstandes, die wir nicht abweisen können,
und die wir beibehalten müssen, so weit auch oft scheinbar
der Zwischenraum ist, der diese beiden Welten von einander
trennt. Nun finden wir aber, dass es in der anorganischen
Welt ebenfalls eine morphologische Einheit giebt, das ist der
Krystall. Sollte der Bioblast vielleicht auch ein Krystall sein?
Es wäre eigentlich merkwürdig, wenn dem nicht so wäre, denn
die Natur hat kein doppeltes Gesicht, und es giebt nur ein
Gesetz, das Alles beherrscht, das Lebende und das Todte.
Den Begriff des organisirten Krystalles kennt man bereits,
und man hat ihn bereits vielfach discutirt; dass diese Discussion
gerade an diejenigen Elemente angeknüpft hat, welche wir,
wie die Dotterplättchen der Eier und ähnliche Gebilde, als Ab¬
kömmlinge der specifischen Zellengranula bezeichnen mussten,
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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/155>, abgerufen am 16.07.2024.
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