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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Geschichte der Zellengranula.
kommenden Gebilde muss es jedoch zur Zeit noch zweifelhaft
bleiben, ob wir es im Cytoplasma wirklich mit Körnchen von ab¬
weichender Lichtbrechung zu thun haben, oder ob die Trübung
desselben nicht, wie Naegeli annimmt, mindestens zum grössten
Theil dadurch hervorgebracht wird, dass die gesammte Masse
des Cytoplasmas von einer grossen Menge winziger, Wasser oder
Zellsaft enthaltender Vacuolen erfüllt ist.

"Durchmustert man in Bezug hierauf die botanische Litera¬
tur, so wird man finden, dass die in dieser Richtung angestell¬
ten Beobachtungen noch gänzlich unzureichend sind, und dass
ein sicheres Urtheil über die feinere Structur des Cytoplasmas
zur Zeit noch nicht gefällt werden kann.

"Es soll jedoch mit obigen Worten keineswegs die Möglich¬
keit einer feineren Structur im Cytoplasma in Abrede gestellt
werden; es schien mir nur geboten, darauf hinzuweisen, dass
zur Zeit keine mit der nöthigen Kritik angestellten umfassen¬
den Untersuchungen über diesen Gegenstand vorliegen, und
dass es jetzt noch nicht möglich ist, in dieser Hinsicht ein
irgendwie abschliessendes Urtheil zu fällen."

So konnte Kölliker, indem er in der neuen Ausgabe seines
Handbuches der Gewebelehre (1889) in dieser Frage weniger
als Autor denn als Referent aufzutreten bemüht ist, die herr¬
schenden Anschauungen der Botaniker sowohl wie der Zooto¬
men dahin zusammenfassen, dass das Protoplasma (S. 11) eine
gleichartige, weiche, zähflüssige Substanz sei, in welcher mei¬
stens Körnchen und andere Einschlüsse eingestreut sind; in der¬
selben können im Laufe der Entwickelung Vacuolen in verschiede¬
nen Grössen und in verschiedenen Mengen auftreten (S. 12); sind
dieselben klein, so erscheint das Protoplasma schaumig wie
spongiös, werden dieselben grösser, so bildet das Protoplasma
Netze, in dessen Maschen sich Flüssigkeit, oder Fetttropfen,
Schleimkugeln, Eiweisskörper etc. finden; indem Kölliker eine
eigentlich primäre Netzstructur des Protoplasmas, wie sie von
Anderen behauptet ist, nicht anzuerkennen scheint, erklärt er
Fasern- und Fibrillenbildungen als wichtige Einzelheiten des
protoplasmatischen Baues (S. 13).

Nach diesen herrschenden Anschauungen hat also das Proto¬
plasma seine morphologische Individualisirung in der Form der

1*

Die Geschichte der Zellengranula.
kommenden Gebilde muss es jedoch zur Zeit noch zweifelhaft
bleiben, ob wir es im Cytoplasma wirklich mit Körnchen von ab¬
weichender Lichtbrechung zu thun haben, oder ob die Trübung
desselben nicht, wie Naegeli annimmt, mindestens zum grössten
Theil dadurch hervorgebracht wird, dass die gesammte Masse
des Cytoplasmas von einer grossen Menge winziger, Wasser oder
Zellsaft enthaltender Vacuolen erfüllt ist.

„Durchmustert man in Bezug hierauf die botanische Litera¬
tur, so wird man finden, dass die in dieser Richtung angestell¬
ten Beobachtungen noch gänzlich unzureichend sind, und dass
ein sicheres Urtheil über die feinere Structur des Cytoplasmas
zur Zeit noch nicht gefällt werden kann.

„Es soll jedoch mit obigen Worten keineswegs die Möglich¬
keit einer feineren Structur im Cytoplasma in Abrede gestellt
werden; es schien mir nur geboten, darauf hinzuweisen, dass
zur Zeit keine mit der nöthigen Kritik angestellten umfassen¬
den Untersuchungen über diesen Gegenstand vorliegen, und
dass es jetzt noch nicht möglich ist, in dieser Hinsicht ein
irgendwie abschliessendes Urtheil zu fällen.“

So konnte Kölliker, indem er in der neuen Ausgabe seines
Handbuches der Gewebelehre (1889) in dieser Frage weniger
als Autor denn als Referent aufzutreten bemüht ist, die herr¬
schenden Anschauungen der Botaniker sowohl wie der Zooto¬
men dahin zusammenfassen, dass das Protoplasma (S. 11) eine
gleichartige, weiche, zähflüssige Substanz sei, in welcher mei¬
stens Körnchen und andere Einschlüsse eingestreut sind; in der¬
selben können im Laufe der Entwickelung Vacuolen in verschiede¬
nen Grössen und in verschiedenen Mengen auftreten (S. 12); sind
dieselben klein, so erscheint das Protoplasma schaumig wie
spongiös, werden dieselben grösser, so bildet das Protoplasma
Netze, in dessen Maschen sich Flüssigkeit, oder Fetttropfen,
Schleimkugeln, Eiweisskörper etc. finden; indem Kölliker eine
eigentlich primäre Netzstructur des Protoplasmas, wie sie von
Anderen behauptet ist, nicht anzuerkennen scheint, erklärt er
Fasern- und Fibrillenbildungen als wichtige Einzelheiten des
protoplasmatischen Baues (S. 13).

Nach diesen herrschenden Anschauungen hat also das Proto¬
plasma seine morphologische Individualisirung in der Form der

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[3/0019] Die Geschichte der Zellengranula. kommenden Gebilde muss es jedoch zur Zeit noch zweifelhaft bleiben, ob wir es im Cytoplasma wirklich mit Körnchen von ab¬ weichender Lichtbrechung zu thun haben, oder ob die Trübung desselben nicht, wie Naegeli annimmt, mindestens zum grössten Theil dadurch hervorgebracht wird, dass die gesammte Masse des Cytoplasmas von einer grossen Menge winziger, Wasser oder Zellsaft enthaltender Vacuolen erfüllt ist. „Durchmustert man in Bezug hierauf die botanische Litera¬ tur, so wird man finden, dass die in dieser Richtung angestell¬ ten Beobachtungen noch gänzlich unzureichend sind, und dass ein sicheres Urtheil über die feinere Structur des Cytoplasmas zur Zeit noch nicht gefällt werden kann. „Es soll jedoch mit obigen Worten keineswegs die Möglich¬ keit einer feineren Structur im Cytoplasma in Abrede gestellt werden; es schien mir nur geboten, darauf hinzuweisen, dass zur Zeit keine mit der nöthigen Kritik angestellten umfassen¬ den Untersuchungen über diesen Gegenstand vorliegen, und dass es jetzt noch nicht möglich ist, in dieser Hinsicht ein irgendwie abschliessendes Urtheil zu fällen.“ So konnte Kölliker, indem er in der neuen Ausgabe seines Handbuches der Gewebelehre (1889) in dieser Frage weniger als Autor denn als Referent aufzutreten bemüht ist, die herr¬ schenden Anschauungen der Botaniker sowohl wie der Zooto¬ men dahin zusammenfassen, dass das Protoplasma (S. 11) eine gleichartige, weiche, zähflüssige Substanz sei, in welcher mei¬ stens Körnchen und andere Einschlüsse eingestreut sind; in der¬ selben können im Laufe der Entwickelung Vacuolen in verschiede¬ nen Grössen und in verschiedenen Mengen auftreten (S. 12); sind dieselben klein, so erscheint das Protoplasma schaumig wie spongiös, werden dieselben grösser, so bildet das Protoplasma Netze, in dessen Maschen sich Flüssigkeit, oder Fetttropfen, Schleimkugeln, Eiweisskörper etc. finden; indem Kölliker eine eigentlich primäre Netzstructur des Protoplasmas, wie sie von Anderen behauptet ist, nicht anzuerkennen scheint, erklärt er Fasern- und Fibrillenbildungen als wichtige Einzelheiten des protoplasmatischen Baues (S. 13). Nach diesen herrschenden Anschauungen hat also das Proto¬ plasma seine morphologische Individualisirung in der Form der 1*

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/19>, abgerufen am 21.11.2024.