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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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ja grade solche Frauen, die uns vor der Seelenöde ret¬
ten, die unsre Berufsmonotonie ergänzen --. Im Beruf,
da mögen wir ja die Ueberlegenen sein, mögen bestim¬
men, befehlen, unterweisen, was uns unterstellt ist, --
aber der Frau gegenüber, die wir lieben: glaube mir,
da fällt dieser schlechte Ehrgeiz fort. Da werden wir
wieder gut und einfach und Kinder, und wollen uns gern
beschenken, uns gern die schönsten Träume erzählen lassen,
-- mit unserm Kopf in eurem Schoß."

Ich hatte mich in dem Sessel niedergelassen, die
Arme aufgestützt und das Gesicht in den Handflächen ver¬
graben. Er sollte mir nicht in das Gesicht sehen, das
nichts zu verschweigen verstand. Er sollte nicht sehen,
wie seine Worte auf mich wirkten -- gleich einem feinen,
langen, schmerzenden Stich durch alle Nerven.

Eine staunende und enttäuschte Traurigkeit legte
sich über mich, als er so von seiner Liebe sprach, --
eine Traurigkeit, als gölte diese Liebe gar nicht mir,
sondern als liebte er sozusagen an mir vorbei ins Leere
hinein.

Als ich noch immer schwieg, kam Benno näher,
setzte sich mir gegenüber an das Kaminfeuer und sagte
nach einer Pause:

"Siehst du, von diesen innern Umwälzungen ist
auch meine äußere Existenz beeinflußt worden. Du mußt
nicht denken, daß ich ewig hier bleiben will. Ich will
nicht den Direktorposten hier, und habe Aussichten in
einer größern Stadt -- --. Nun, davon ein andres
Mal. Ich wollte dir nur sagen, weshalb ich hier so un¬
sinnig viel gearbeitet habe, -- du dachtest wohl, weil

ja grade ſolche Frauen, die uns vor der Seelenöde ret¬
ten, die unſre Berufsmonotonie ergänzen —. Im Beruf,
da mögen wir ja die Ueberlegenen ſein, mögen beſtim¬
men, befehlen, unterweiſen, was uns unterſtellt iſt, —
aber der Frau gegenüber, die wir lieben: glaube mir,
da fällt dieſer ſchlechte Ehrgeiz fort. Da werden wir
wieder gut und einfach und Kinder, und wollen uns gern
beſchenken, uns gern die ſchönſten Träume erzählen laſſen,
— mit unſerm Kopf in eurem Schoß.“

Ich hatte mich in dem Seſſel niedergelaſſen, die
Arme aufgeſtützt und das Geſicht in den Handflächen ver¬
graben. Er ſollte mir nicht in das Geſicht ſehen, das
nichts zu verſchweigen verſtand. Er ſollte nicht ſehen,
wie ſeine Worte auf mich wirkten — gleich einem feinen,
langen, ſchmerzenden Stich durch alle Nerven.

Eine ſtaunende und enttäuſchte Traurigkeit legte
ſich über mich, als er ſo von ſeiner Liebe ſprach, —
eine Traurigkeit, als gölte dieſe Liebe gar nicht mir,
ſondern als liebte er ſozuſagen an mir vorbei ins Leere
hinein.

Als ich noch immer ſchwieg, kam Benno näher,
ſetzte ſich mir gegenüber an das Kaminfeuer und ſagte
nach einer Pauſe:

„Siehſt du, von dieſen innern Umwälzungen iſt
auch meine äußere Exiſtenz beeinflußt worden. Du mußt
nicht denken, daß ich ewig hier bleiben will. Ich will
nicht den Direktorpoſten hier, und habe Ausſichten in
einer größern Stadt — —. Nun, davon ein andres
Mal. Ich wollte dir nur ſagen, weshalb ich hier ſo un¬
ſinnig viel gearbeitet habe, — du dachteſt wohl, weil

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[152/0156] — 152 — ja grade ſolche Frauen, die uns vor der Seelenöde ret¬ ten, die unſre Berufsmonotonie ergänzen —. Im Beruf, da mögen wir ja die Ueberlegenen ſein, mögen beſtim¬ men, befehlen, unterweiſen, was uns unterſtellt iſt, — aber der Frau gegenüber, die wir lieben: glaube mir, da fällt dieſer ſchlechte Ehrgeiz fort. Da werden wir wieder gut und einfach und Kinder, und wollen uns gern beſchenken, uns gern die ſchönſten Träume erzählen laſſen, — mit unſerm Kopf in eurem Schoß.“ Ich hatte mich in dem Seſſel niedergelaſſen, die Arme aufgeſtützt und das Geſicht in den Handflächen ver¬ graben. Er ſollte mir nicht in das Geſicht ſehen, das nichts zu verſchweigen verſtand. Er ſollte nicht ſehen, wie ſeine Worte auf mich wirkten — gleich einem feinen, langen, ſchmerzenden Stich durch alle Nerven. Eine ſtaunende und enttäuſchte Traurigkeit legte ſich über mich, als er ſo von ſeiner Liebe ſprach, — eine Traurigkeit, als gölte dieſe Liebe gar nicht mir, ſondern als liebte er ſozuſagen an mir vorbei ins Leere hinein. Als ich noch immer ſchwieg, kam Benno näher, ſetzte ſich mir gegenüber an das Kaminfeuer und ſagte nach einer Pauſe: „Siehſt du, von dieſen innern Umwälzungen iſt auch meine äußere Exiſtenz beeinflußt worden. Du mußt nicht denken, daß ich ewig hier bleiben will. Ich will nicht den Direktorpoſten hier, und habe Ausſichten in einer größern Stadt — —. Nun, davon ein andres Mal. Ich wollte dir nur ſagen, weshalb ich hier ſo un¬ ſinnig viel gearbeitet habe, — du dachteſt wohl, weil

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/156>, abgerufen am 23.11.2024.