Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.seliger Frauen in mir wunderlich und widerspruchsvoll Auch meine Mutter gehörte ja in irgend einem In der Nacht, die der Scene mit Benno folgte, Sie richtete sich auf und horchte besorgt. "Gute Nacht, mein liebes Kind?" sagte sie leise, "Gute Nacht, liebe Mama," erwiderte ich. "Wann bist du denn von Rendants gekommen? Hast "Ich war gar nicht oben, Mama. Ich war bei "Aber Kind, du weintest ja! -- -- War Benno "Er kam nach Hause." Meine Mutter verstummte. Sie mochte erraten, daß "Adine, mein Kind, du verlangst zu viel vom Leben ſeliger Frauen in mir wunderlich und widerſpruchsvoll Auch meine Mutter gehörte ja in irgend einem In der Nacht, die der Scene mit Benno folgte, Sie richtete ſich auf und horchte beſorgt. „Gute Nacht, mein liebes Kind?“ ſagte ſie leiſe, „Gute Nacht, liebe Mama,“ erwiderte ich. „Wann biſt du denn von Rendants gekommen? Haſt „Ich war gar nicht oben, Mama. Ich war bei „Aber Kind, du weinteſt ja! — — War Benno „Er kam nach Hauſe.“ Meine Mutter verſtummte. Sie mochte erraten, daß „Adine, mein Kind, du verlangſt zu viel vom Leben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="175"/><fw type="pageNum" place="top">— 175 —<lb/></fw>ſeliger Frauen in mir wunderlich und widerſpruchsvoll<lb/> abſchließt — —.</p><lb/> <p>Auch meine Mutter gehörte ja in irgend einem<lb/> Sinne zu dieſen Frauen.</p><lb/> <p>In der Nacht, die der Scene mit Benno folgte,<lb/> wachte ſie plötzlich von dem unterdrückten Weinen auf,<lb/> das aus meinem Bett hinüberdrang.</p><lb/> <p>Sie richtete ſich auf und horchte beſorgt.</p><lb/> <p>„Gute Nacht, mein liebes Kind?“ ſagte ſie leiſe,<lb/> fragend.</p><lb/> <p>„Gute Nacht, liebe Mama,“ erwiderte ich.</p><lb/> <p>„Wann biſt du denn von Rendants gekommen? Haſt<lb/> du noch gar nicht geſchlafen?“</p><lb/> <p>„Ich war gar nicht oben, Mama. Ich war bei<lb/> Benno im Arbeitszimmer.“</p><lb/> <p>„Aber Kind, du weinteſt ja! — — War Benno<lb/> zu Hauſe?“</p><lb/> <p>„Er kam nach Hauſe.“</p><lb/> <p>Meine Mutter verſtummte. Sie mochte erraten, daß<lb/> es zwiſchen uns eine Ausſprache gegeben hatte, denn nach<lb/> einer längern Pauſe hob ſie wieder an:</p><lb/> <p>„Adine, mein Kind, du verlangſt zu viel vom Leben<lb/> und von den Menſchen. Du bringſt dich noch um dein<lb/> Glück. Alles in der Welt koſtet Opfer, und am meiſten<lb/> das Glück. Mag ſein, daß Benno manches anders will als<lb/> du. Den heutigen Frauen ſcheint es ſchwer, dem Mann<lb/> dienſtbar zu ſein, aber glaube mir, es iſt noch das Beſte,<lb/> was wir haben, und ich bin es deinem lieben Vater auch<lb/> immer geweſen. Auf die Länge lieben wir keinen Mann<lb/> ſo recht, wie den, der uns befiehlt —“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [175/0179]
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ſeliger Frauen in mir wunderlich und widerſpruchsvoll
abſchließt — —.
Auch meine Mutter gehörte ja in irgend einem
Sinne zu dieſen Frauen.
In der Nacht, die der Scene mit Benno folgte,
wachte ſie plötzlich von dem unterdrückten Weinen auf,
das aus meinem Bett hinüberdrang.
Sie richtete ſich auf und horchte beſorgt.
„Gute Nacht, mein liebes Kind?“ ſagte ſie leiſe,
fragend.
„Gute Nacht, liebe Mama,“ erwiderte ich.
„Wann biſt du denn von Rendants gekommen? Haſt
du noch gar nicht geſchlafen?“
„Ich war gar nicht oben, Mama. Ich war bei
Benno im Arbeitszimmer.“
„Aber Kind, du weinteſt ja! — — War Benno
zu Hauſe?“
„Er kam nach Hauſe.“
Meine Mutter verſtummte. Sie mochte erraten, daß
es zwiſchen uns eine Ausſprache gegeben hatte, denn nach
einer längern Pauſe hob ſie wieder an:
„Adine, mein Kind, du verlangſt zu viel vom Leben
und von den Menſchen. Du bringſt dich noch um dein
Glück. Alles in der Welt koſtet Opfer, und am meiſten
das Glück. Mag ſein, daß Benno manches anders will als
du. Den heutigen Frauen ſcheint es ſchwer, dem Mann
dienſtbar zu ſein, aber glaube mir, es iſt noch das Beſte,
was wir haben, und ich bin es deinem lieben Vater auch
immer geweſen. Auf die Länge lieben wir keinen Mann
ſo recht, wie den, der uns befiehlt —“
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