Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.dammt Charakterstählendes und zog die ganze Existenz "Aber wenn sie nicht studieren?" fragte sie spottend. "Jawohl. Dann bekommen sie durch den Mann "Bitte, -- wo sind wir?" unterbrach mich Fenia, "Werden Sie nicht böse! Im Eifer des Gefechts Das kleine Cafe, vor dem sie standen, wurde aller¬ "Ich glaube, es ist noch weit nach meinem Hotel," "Nach Ihrem Hotel ist es freilich ein wenig weit," dammt Charakterſtählendes und zog die ganze Exiſtenz „Aber wenn ſie nicht ſtudieren?“ fragte ſie ſpottend. „Jawohl. Dann bekommen ſie durch den Mann „Bitte, — wo ſind wir?“ unterbrach mich Fenia, „Werden Sie nicht böſe! Im Eifer des Gefechts Das kleine Café, vor dem ſie ſtanden, wurde aller¬ „Ich glaube, es iſt noch weit nach meinem Hotel,“ „Nach Ihrem Hotel iſt es freilich ein wenig weit,“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="20"/><fw type="pageNum" place="top">— 20 —<lb/></fw>dammt Charakterſtählendes und zog die ganze Exiſtenz<lb/> eines Menſchen in die abſtrakteſten Erkenntnisfragen<lb/> hinein. Aber ſolange das ſo iſt, iſt auch die feinſte<lb/> geiſtige Kultur noch nicht möglich, — die Kultur von<lb/> heute, die <hi rendition="#g">über</hi> den Dingen ſchwebt, — und von der<lb/> die Frauen nichts wiſſen, wenn ſie ſtudieren.“</p><lb/> <p>„Aber wenn ſie nicht ſtudieren?“ fragte ſie ſpottend.</p><lb/> <p>„Jawohl. Dann bekommen ſie durch den Mann<lb/> eine Ahnung davon.“</p><lb/> <p>„Bitte, — wo ſind wir?“ unterbrach mich Fenia,<lb/> und blieb ſtehn.</p><lb/> <p>„Werden Sie nicht böſe! Im Eifer des Gefechts<lb/> ſind wir von der kürzeſten Heimwegslinie abgewichen.<lb/> — — Aber ich wußte wohl: hier muß ſchon ein kleines<lb/> Lokal offen ſein, wo Sie Kaffee bekommen können,“<lb/> fügte er ſchnell hinzu und führte ſie ein paar Schritt<lb/> weiter, — „ich konnte nicht vergeſſen, daß Sie ſo ſchmerz¬<lb/> lich nach Kaffee verlangten.“</p><lb/> <p>Das kleine Café, vor dem ſie ſtanden, wurde aller¬<lb/> dings grade geöffnet. Aber auf ſo frühe Beſucher war<lb/> es noch keineswegs eingerichtet. Der Beſen, der drinnen<lb/> über die Dielen fuhr, fegte ihnen mächtige Staubwolken<lb/> entgegen, und die Stühle ſtanden noch friedlich auf die<lb/> Tiſche geſtülpt da, wie während der Nachtzeit.</p><lb/> <p>„Ich glaube, es iſt noch weit nach meinem Hotel,“<lb/> meinte Fenia bedenklich, — „iſt nicht jetzt ein Fiaker —“</p><lb/> <p>„Nach Ihrem Hotel iſt es freilich ein wenig weit,“<lb/> fiel er ihr ſchnell in die Rede, „aber wenn Sie — — —,<lb/> ich kann es gar nicht ertragen, daß Sie um den er¬<lb/> ſehnten Kaffee kommen. Sie müſſen jetzt ja noch viel<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0024]
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dammt Charakterſtählendes und zog die ganze Exiſtenz
eines Menſchen in die abſtrakteſten Erkenntnisfragen
hinein. Aber ſolange das ſo iſt, iſt auch die feinſte
geiſtige Kultur noch nicht möglich, — die Kultur von
heute, die über den Dingen ſchwebt, — und von der
die Frauen nichts wiſſen, wenn ſie ſtudieren.“
„Aber wenn ſie nicht ſtudieren?“ fragte ſie ſpottend.
„Jawohl. Dann bekommen ſie durch den Mann
eine Ahnung davon.“
„Bitte, — wo ſind wir?“ unterbrach mich Fenia,
und blieb ſtehn.
„Werden Sie nicht böſe! Im Eifer des Gefechts
ſind wir von der kürzeſten Heimwegslinie abgewichen.
— — Aber ich wußte wohl: hier muß ſchon ein kleines
Lokal offen ſein, wo Sie Kaffee bekommen können,“
fügte er ſchnell hinzu und führte ſie ein paar Schritt
weiter, — „ich konnte nicht vergeſſen, daß Sie ſo ſchmerz¬
lich nach Kaffee verlangten.“
Das kleine Café, vor dem ſie ſtanden, wurde aller¬
dings grade geöffnet. Aber auf ſo frühe Beſucher war
es noch keineswegs eingerichtet. Der Beſen, der drinnen
über die Dielen fuhr, fegte ihnen mächtige Staubwolken
entgegen, und die Stühle ſtanden noch friedlich auf die
Tiſche geſtülpt da, wie während der Nachtzeit.
„Ich glaube, es iſt noch weit nach meinem Hotel,“
meinte Fenia bedenklich, — „iſt nicht jetzt ein Fiaker —“
„Nach Ihrem Hotel iſt es freilich ein wenig weit,“
fiel er ihr ſchnell in die Rede, „aber wenn Sie — — —,
ich kann es gar nicht ertragen, daß Sie um den er¬
ſehnten Kaffee kommen. Sie müſſen jetzt ja noch viel
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