Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.den alten Griechen wurden die Pfauen sehr geschätzt. Wer Ausonius feierte mit Begeisterung das Lob der Austern Der weltbekannte Mäcen hat das Verdienst, die Welt Meine Herrn, drei Jahrhunderte sind seitdem hinabgerollt Plinius erzählt, daß zu Trajan's Zeit der Stör, der Nicht blos die Ansichten über Werth und Unwerth einzel- den alten Griechen wurden die Pfauen ſehr geſchaͤtzt. Wer Auſonius feierte mit Begeiſterung das Lob der Auſtern Der weltbekannte Maͤcen hat das Verdienſt, die Welt Meine Herrn, drei Jahrhunderte ſind ſeitdem hinabgerollt Plinius erzaͤhlt, daß zu Trajan’s Zeit der Stoͤr, der Nicht blos die Anſichten uͤber Werth und Unwerth einzel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0035" n="21"/> den alten Griechen wurden die Pfauen ſehr geſchaͤtzt. Wer<lb/> maͤſtet und richtet gegenwaͤrtig mehr Pfauen zu, wer ißt ſie?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Auſonius</hi> feierte mit Begeiſterung das Lob der Auſtern<lb/> in ſeinen Gedichten. Von dieſem Dichter an verloren ſie auf<lb/> einmal ihr Anſehen und blieben Jahrhunderte hindurch verrufen<lb/> und verkannt.</p><lb/> <p>Der weltbekannte <hi rendition="#g">Maͤcen</hi> hat das Verdienſt, die Welt<lb/> auf das delikate Fleiſch der Eſelsfuͤllen aufmerkſam gemacht zu<lb/> haben und ſie dafuͤr zu intereſſiren. Bald nach ſeinem Tode<lb/> erloſch in der Nation die Theilnahme dafuͤr, und man entbehrte<lb/> dieſen Genuß, bis der ſinnige Kanzler von Frankreich, der Car-<lb/> dinal <hi rendition="#g">Antoine du Prat</hi>, ihn wiedererweckte. Aber trotz der<lb/> Schmackhaftigkeit und Gedeihlichkeit dieſer Speiſe, die dem<lb/> wohlgeſinnten Mann ſo gut anſchlug, daß er ſeinen Tiſch con-<lb/> cav ausſchneiden laſſen mußte, um fuͤr ſeinen Bauch Platz zu<lb/> gewinnen, trotz der Macht dieſes Beiſpiels wurde die Sache<lb/> von Mit- und Nachwelt vergeſſen.</p><lb/> <p>Meine Herrn, drei Jahrhunderte ſind ſeitdem hinabgerollt<lb/> in’s Meer der Ewigkeit und ich bin meines Wiſſens der Erſte,<lb/> der wieder davon ſpricht. Welcher Wandel und Wechſel des<lb/> Weltlaufs!</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Plinius</hi> erzaͤhlt, daß zu <hi rendition="#g">Trajan’s</hi> Zeit der Stoͤr, der<lb/> doch fruͤher ſehr geſchaͤtzt wurde, ganz in Unwerth war. Aehn-<lb/> lich ging es, nach des <hi rendition="#g">Horatius</hi> Zeugniß, mit dem Seefiſche<lb/> Rhombus, den Stoͤrchen und den gebratenen Waſſertauchern.</p><lb/> <p>Nicht blos die Anſichten uͤber Werth und Unwerth einzel-<lb/> ner Speiſen, auch die uͤber das Eſſen ſelbſt ſind dieſen welt-<lb/> geſchichtlichen Schwankungen unterworfen. Wie haͤtte noch<lb/> vor wenigen Jahrzehnten ein Menſch zum Doctor werden koͤn-<lb/> nen ohne Doctorſchmauß, und wer denkt heutzutage noch da-<lb/> ran? Sie ſind aber auch darnach die heutigen Doctoren, welche<lb/> ſo geſchmacklos creirt werden. Keine ruhige Beſchaulichkeit,<lb/> kein ſolides auf ſich ſelbſt Ruhen, kein freudiges Behagen an<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0035]
den alten Griechen wurden die Pfauen ſehr geſchaͤtzt. Wer
maͤſtet und richtet gegenwaͤrtig mehr Pfauen zu, wer ißt ſie?
Auſonius feierte mit Begeiſterung das Lob der Auſtern
in ſeinen Gedichten. Von dieſem Dichter an verloren ſie auf
einmal ihr Anſehen und blieben Jahrhunderte hindurch verrufen
und verkannt.
Der weltbekannte Maͤcen hat das Verdienſt, die Welt
auf das delikate Fleiſch der Eſelsfuͤllen aufmerkſam gemacht zu
haben und ſie dafuͤr zu intereſſiren. Bald nach ſeinem Tode
erloſch in der Nation die Theilnahme dafuͤr, und man entbehrte
dieſen Genuß, bis der ſinnige Kanzler von Frankreich, der Car-
dinal Antoine du Prat, ihn wiedererweckte. Aber trotz der
Schmackhaftigkeit und Gedeihlichkeit dieſer Speiſe, die dem
wohlgeſinnten Mann ſo gut anſchlug, daß er ſeinen Tiſch con-
cav ausſchneiden laſſen mußte, um fuͤr ſeinen Bauch Platz zu
gewinnen, trotz der Macht dieſes Beiſpiels wurde die Sache
von Mit- und Nachwelt vergeſſen.
Meine Herrn, drei Jahrhunderte ſind ſeitdem hinabgerollt
in’s Meer der Ewigkeit und ich bin meines Wiſſens der Erſte,
der wieder davon ſpricht. Welcher Wandel und Wechſel des
Weltlaufs!
Plinius erzaͤhlt, daß zu Trajan’s Zeit der Stoͤr, der
doch fruͤher ſehr geſchaͤtzt wurde, ganz in Unwerth war. Aehn-
lich ging es, nach des Horatius Zeugniß, mit dem Seefiſche
Rhombus, den Stoͤrchen und den gebratenen Waſſertauchern.
Nicht blos die Anſichten uͤber Werth und Unwerth einzel-
ner Speiſen, auch die uͤber das Eſſen ſelbſt ſind dieſen welt-
geſchichtlichen Schwankungen unterworfen. Wie haͤtte noch
vor wenigen Jahrzehnten ein Menſch zum Doctor werden koͤn-
nen ohne Doctorſchmauß, und wer denkt heutzutage noch da-
ran? Sie ſind aber auch darnach die heutigen Doctoren, welche
ſo geſchmacklos creirt werden. Keine ruhige Beſchaulichkeit,
kein ſolides auf ſich ſelbſt Ruhen, kein freudiges Behagen an
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