Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874.
von meiner Mahm verzähl'n, daß'd auf andere Gedanken kimmst! -- Denk Dir, dö Mahm leidt's net, daß'd Dein Hof weggibst! Grillhofer (erstaunt). Dein' Mahm, dö alte Horlacherin, leidt's net? Dös is b'sunders. (Steht auf.) Liesl. Gelt ja! Grillhofer. Dö leidt's net! No möcht ich doch wissen ... Liesl. Na siehst, wann'd es wissen möchst, muß'd mich schon anhör'n. -- Geh, ich führ' Dich. Grillhofer. A na -- na -- konn schon no selber gehn. (Geht von Liesl geleitet zum Sorgenstuhl, setzt sich.) No so verzähl' halt. Hätt' net denkt, es verinteressiret mich noch was, aber dös is doch b'sunders -- -- ja ganz b'sunders. Liesl. Nöt wahr, dös findt ich a. Is a g'scheidts Weib sunst, die Mahm' -- mirk a nix, sie war af amal irr word'n, aber da kenn' ich mich a neamer mit ihr aus! -- Also ich kimm z'Haus, sag' ihr, Du hätt'st mich ausgjagt, hoaßt's mich a ung'schickte Gretl, wie ich aber sag, Du wölltst wohl morg'n mit'n Dusterer nach der Kreisstadt fahr'n ihm'n Hof übergeb'n, da war's aus, no gleich hat der Müller einspannen müssen, gegen Geld und gute Wort, herfahren hab ich müssen, daß ich ja vor der Fruh da bin, -- umarmt und bußt hat mich die Mahm bei'm Wegfahr'n, als wann a Abschied af ewige Zeiten war. Und gar no ein Brief hat's mir g'schrieb'n. Grillhofer. Dir? Liesl. Jo, an Dich! Grillhofer. Ah so, no so gib. Dös kimmt allweil ver- wunderiger! Liesl (zieht den Brief aus ihrer Joppe). Und ich sollt machen, daß d'n heunt no lest, und für Dich solltst'n vorerst lesen, hat's g'sagt. (Gibt ihm den Brief). Grillhofer. No so les'n mer'n halt. (Schiebt den Schirm der Lampe in die Höhe.) (Liesl geht zum Fenster und blickt hinaus.) Grillhofer (entfaltet den Brief und liest). "Lieber Grillhofer! Mit schweren Herzen schick ich Dir a Anvertraut's z'ruck, doch steht Dir frei, wann'd den Brief g'lesen hast, ob Du's als das Deine anerkenna willst, sunst nimm ich's mit Freuden wieder an mich! Ich mein', ich brauch' mich net z'schämen,
von meiner Mahm verzähl’n, daß’d auf andere Gedanken kimmſt! — Denk Dir, dö Mahm leidt’s net, daß’d Dein Hof weggibſt! Grillhofer (erſtaunt). Dein’ Mahm, dö alte Horlacherin, leidt’s net? Dös is b’ſunders. (Steht auf.) Liesl. Gelt ja! Grillhofer. Dö leidt’s net! No möcht ich doch wiſſen … Liesl. Na ſiehſt, wann’d es wiſſen möchſt, muß’d mich ſchon anhör’n. — Geh, ich führ’ Dich. Grillhofer. A na — na — konn ſchon no ſelber gehn. (Geht von Liesl geleitet zum Sorgenſtuhl, ſetzt ſich.) No ſo verzähl’ halt. Hätt’ net denkt, es verintereſſiret mich noch was, aber dös is doch b’ſunders — — ja ganz b’ſunders. Liesl. Nöt wahr, dös findt ich a. Is a g’ſcheidts Weib ſunſt, die Mahm’ — mirk a nix, ſie war af amal irr word’n, aber da kenn’ ich mich a neamer mit ihr aus! — Alſo ich kimm z’Haus, ſag’ ihr, Du hätt’ſt mich ausgjagt, hoaßt’s mich a ung’ſchickte Gretl, wie ich aber ſag, Du wölltſt wohl morg’n mit’n Duſterer nach der Kreisſtadt fahr’n ihm’n Hof übergeb’n, da war’s aus, no gleich hat der Müller einſpannen müſſen, gegen Geld und gute Wort, herfahren hab ich müſſen, daß ich ja vor der Fruh da bin, — umarmt und bußt hat mich die Mahm bei’m Wegfahr’n, als wann a Abſchied af ewige Zeiten war. Und gar no ein Brief hat’s mir g’ſchrieb’n. Grillhofer. Dir? Liesl. Jo, an Dich! Grillhofer. Ah ſo, no ſo gib. Dös kimmt allweil ver- wunderiger! Liesl (zieht den Brief aus ihrer Joppe). Und ich ſollt machen, daß d’n heunt no leſt, und für Dich ſolltſt’n vorerſt leſen, hat’s g’ſagt. (Gibt ihm den Brief). Grillhofer. No ſo les’n mer’n halt. (Schiebt den Schirm der Lampe in die Höhe.) (Liesl geht zum Fenſter und blickt hinaus.) Grillhofer (entfaltet den Brief und lieſt). „Lieber Grillhofer! Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a Anvertraut’s z’ruck, doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief g’leſen haſt, ob Du’s als das Deine anerkenna willſt, ſunſt nimm ich’s mit Freuden wieder an mich! Ich mein’, ich brauch’ mich net z’ſchämen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LIE"> <p><pb facs="#f0068" n="60"/> von meiner Mahm verzähl’n, daß’d auf andere Gedanken<lb/> kimmſt! — Denk Dir, dö Mahm leidt’s net, daß’d Dein<lb/> Hof weggibſt!</p> </sp><lb/> <sp who="#GRI"> <speaker> <hi rendition="#b">Grillhofer</hi> </speaker> <stage>(erſtaunt).</stage> <p>Dein’ Mahm, dö alte Horlacherin,<lb/> leidt’s net? Dös is b’ſunders.</p> <stage>(Steht auf.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#LIE"> <speaker> <hi rendition="#b">Liesl.</hi> </speaker> <p>Gelt ja!</p> </sp><lb/> <sp who="#GRI"> <speaker> <hi rendition="#b">Grillhofer.</hi> </speaker> <p>Dö leidt’s net! 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leidt’s net? Dös is b’ſunders. (Steht auf.)
Liesl. Gelt ja!
Grillhofer. Dö leidt’s net! No möcht ich doch wiſſen …
Liesl. Na ſiehſt, wann’d es wiſſen möchſt, muß’d mich
ſchon anhör’n. — Geh, ich führ’ Dich.
Grillhofer. A na — na — konn ſchon no ſelber gehn.
(Geht von Liesl geleitet zum Sorgenſtuhl, ſetzt ſich.) No ſo verzähl’ halt.
Hätt’ net denkt, es verintereſſiret mich noch was, aber dös
is doch b’ſunders — — ja ganz b’ſunders.
Liesl. Nöt wahr, dös findt ich a. Is a g’ſcheidts Weib
ſunſt, die Mahm’ — mirk a nix, ſie war af amal irr word’n,
aber da kenn’ ich mich a neamer mit ihr aus! — Alſo ich
kimm z’Haus, ſag’ ihr, Du hätt’ſt mich ausgjagt, hoaßt’s
mich a ung’ſchickte Gretl, wie ich aber ſag, Du wölltſt wohl
morg’n mit’n Duſterer nach der Kreisſtadt fahr’n ihm’n Hof
übergeb’n, da war’s aus, no gleich hat der Müller einſpannen
müſſen, gegen Geld und gute Wort, herfahren hab ich müſſen,
daß ich ja vor der Fruh da bin, — umarmt und bußt hat
mich die Mahm bei’m Wegfahr’n, als wann a Abſchied af
ewige Zeiten war. Und gar no ein Brief hat’s mir g’ſchrieb’n.
Grillhofer. Dir?
Liesl. Jo, an Dich!
Grillhofer. Ah ſo, no ſo gib. Dös kimmt allweil ver-
wunderiger!
Liesl (zieht den Brief aus ihrer Joppe). Und ich ſollt machen,
daß d’n heunt no leſt, und für Dich ſolltſt’n vorerſt leſen,
hat’s g’ſagt. (Gibt ihm den Brief).
Grillhofer. No ſo les’n mer’n halt. (Schiebt den Schirm der
Lampe in die Höhe.)
(Liesl geht zum Fenſter und blickt hinaus.)
Grillhofer (entfaltet den Brief und lieſt). „Lieber Grillhofer!
Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a Anvertraut’s z’ruck,
doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief g’leſen haſt, ob Du’s
als das Deine anerkenna willſt, ſunſt nimm ich’s mit Freuden
wieder an mich! Ich mein’, ich brauch’ mich net z’ſchämen,
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