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Arnds, Wilhelm Erasmus: Eines zehen-jährigen Knabens Christlieb Leberecht von Exter/ aus Zerbst/ Christlich geführter Lebens-Lauff. Halle (Saale), 1708.

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Lebens-Lauff.

Die Demuth oder geistliche Armuth
hat GOtt unter schweren Anfechtun-
gen trefflich bey ihm gegründet.

Es ist ein herrlicher Brief vorhan-
den/ den er 26. Wochen vor seinem sel.
Abschiede an seine Schwester geschrie-
ben/ darinnen er seine tieffeste Seelen-
Angst gantz geheim entdecket/ und ihr Ge-
beth für sich ausbittet. Dieser Brief ist
erst nach des Kindes Tode hervorkom-
men/ weil ihn die Schwester auf sein
Begehren heimlich halten müssen/ bey-
des vor den Eltern und den beyden Brü-
dern. Die Expressiones darinnen sind
von grossem Nachdruck/ und beschrei-
ben eine Seele/ die ausser aller Gnaden-
Empfindung unter GOttes Zorn und
im Schatten des Todes sitzet.

So hat ihn auch GOtt einmal sehr
gedemüthiget bey seinen Gaben: Denn
weil selbige gar offt zu seinem Lobe An-
laß gaben/ und viele/ die ihn etwas er-
bauliches vorbringen oder beten höreten/
ihre grosse Verwunderung dem Kinde

spü-
Lebens-Lauff.

Die Demuth oder geiſtliche Armuth
hat GOtt unter ſchweren Anfechtun-
gen trefflich bey ihm gegruͤndet.

Es iſt ein herrlicher Brief vorhan-
den/ den er 26. Wochen vor ſeinem ſel.
Abſchiede an ſeine Schweſter geſchrie-
ben/ darinnen er ſeine tieffeſte Seelen-
Angſt gantz geheim entdecket/ und ihr Ge-
beth fuͤr ſich ausbittet. Dieſer Brief iſt
erſt nach des Kindes Tode hervorkom-
men/ weil ihn die Schweſter auf ſein
Begehren heimlich halten muͤſſen/ bey-
des vor den Eltern und den beyden Bruͤ-
dern. Die Expreſſiones darinnen ſind
von groſſem Nachdruck/ und beſchrei-
ben eine Seele/ die auſſer aller Gnaden-
Empfindung unter GOttes Zorn und
im Schatten des Todes ſitzet.

So hat ihn auch GOtt einmal ſehr
gedemuͤthiget bey ſeinen Gaben: Denn
weil ſelbige gar offt zu ſeinem Lobe An-
laß gaben/ und viele/ die ihn etwas er-
bauliches vorbringen oder beten hoͤreten/
ihre groſſe Verwunderung dem Kinde

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[16/0042] Lebens-Lauff. Die Demuth oder geiſtliche Armuth hat GOtt unter ſchweren Anfechtun- gen trefflich bey ihm gegruͤndet. Es iſt ein herrlicher Brief vorhan- den/ den er 26. Wochen vor ſeinem ſel. Abſchiede an ſeine Schweſter geſchrie- ben/ darinnen er ſeine tieffeſte Seelen- Angſt gantz geheim entdecket/ und ihr Ge- beth fuͤr ſich ausbittet. Dieſer Brief iſt erſt nach des Kindes Tode hervorkom- men/ weil ihn die Schweſter auf ſein Begehren heimlich halten muͤſſen/ bey- des vor den Eltern und den beyden Bruͤ- dern. Die Expreſſiones darinnen ſind von groſſem Nachdruck/ und beſchrei- ben eine Seele/ die auſſer aller Gnaden- Empfindung unter GOttes Zorn und im Schatten des Todes ſitzet. So hat ihn auch GOtt einmal ſehr gedemuͤthiget bey ſeinen Gaben: Denn weil ſelbige gar offt zu ſeinem Lobe An- laß gaben/ und viele/ die ihn etwas er- bauliches vorbringen oder beten hoͤreten/ ihre groſſe Verwunderung dem Kinde ſpuͤ-

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Zitationshilfe: Arnds, Wilhelm Erasmus: Eines zehen-jährigen Knabens Christlieb Leberecht von Exter/ aus Zerbst/ Christlich geführter Lebens-Lauff. Halle (Saale), 1708, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708/42>, abgerufen am 21.11.2024.