Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Richard Kralik. Tarantella. Deutsches Dichterbuch aus Oesterreich. Ricciolella wollte tanzen. Will denn Niemand mit mir tanzen? Ach ich arme Ricciolella! Tanzte gern die Tarantella, Aber doch nicht gern allein, Freute mich so gern zu Zwei'n. Kommt, ihr Mädchen, kommt, ihr Knaben! Wollt ihr mich zum Tanze haben? Ricciolella wollte tanzen. Niemand wollte mit ihr tanzen. Arme, arme Ricciolella! Niemand tanzt die Tarantella. "O wie träg seid ihr geschaffen! Wollt nicht tanzen, wollt nur gaffen, Greift nie zu, seid nie dabei. Doch ich will tanzen, mit wem's auch sei." Ricciolella lief hinaus. Traurig auf das Feld hinaus, Fand dort ihre weißen Schäflein. "Tanzt mit mir doch, liebe Schäflein!" Doch die Schäflein blieben stumm, Sahen gar nicht nach ihr um, Fragten nichts, wohin sie geh, Fraßen fort an ihrem Klee. Richard Kralik. Tarantella. Deutſches Dichterbuch aus Oeſterreich. Ricciolella wollte tanzen. Will denn Niemand mit mir tanzen? Ach ich arme Ricciolella! Tanzte gern die Tarantella, Aber doch nicht gern allein, Freute mich ſo gern zu Zwei’n. Kommt, ihr Mädchen, kommt, ihr Knaben! Wollt ihr mich zum Tanze haben? Ricciolella wollte tanzen. Niemand wollte mit ihr tanzen. Arme, arme Ricciolella! Niemand tanzt die Tarantella. „O wie träg ſeid ihr geſchaffen! Wollt nicht tanzen, wollt nur gaffen, Greift nie zu, ſeid nie dabei. Doch ich will tanzen, mit wem’s auch ſei.“ Ricciolella lief hinaus. Traurig auf das Feld hinaus, Fand dort ihre weißen Schäflein. „Tanzt mit mir doch, liebe Schäflein!“ Doch die Schäflein blieben ſtumm, Sahen gar nicht nach ihr um, Fragten nichts, wohin ſie geh, Fraßen fort an ihrem Klee. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0235" n="[217]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Richard Kralik.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Tarantella.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Deutſches Dichterbuch aus Oeſterreich.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">R</hi>icciolella wollte tanzen.</l><lb/> <l>Will denn Niemand mit mir tanzen?</l><lb/> <l>Ach ich arme Ricciolella!</l><lb/> <l>Tanzte gern die Tarantella,</l><lb/> <l>Aber doch nicht gern allein,</l><lb/> <l>Freute mich ſo gern zu Zwei’n.</l><lb/> <l>Kommt, ihr Mädchen, kommt, ihr Knaben!</l><lb/> <l>Wollt ihr mich zum Tanze haben?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ricciolella wollte tanzen.</l><lb/> <l>Niemand wollte mit ihr tanzen.</l><lb/> <l>Arme, arme Ricciolella!</l><lb/> <l>Niemand tanzt die Tarantella.</l><lb/> <l>„O wie träg ſeid ihr geſchaffen!</l><lb/> <l>Wollt nicht tanzen, wollt nur gaffen,</l><lb/> <l>Greift nie zu, ſeid nie dabei.</l><lb/> <l>Doch ich will tanzen, mit wem’s auch ſei.“</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ricciolella lief hinaus.</l><lb/> <l>Traurig auf das Feld hinaus,</l><lb/> <l>Fand dort ihre weißen Schäflein.</l><lb/> <l>„Tanzt mit mir doch, liebe Schäflein!“</l><lb/> <l>Doch die Schäflein blieben ſtumm,</l><lb/> <l>Sahen gar nicht nach ihr um,</l><lb/> <l>Fragten nichts, wohin ſie geh,</l><lb/> <l>Fraßen fort an ihrem Klee.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[217]/0235]
Richard Kralik.
Tarantella.
Deutſches Dichterbuch aus Oeſterreich.
Ricciolella wollte tanzen.
Will denn Niemand mit mir tanzen?
Ach ich arme Ricciolella!
Tanzte gern die Tarantella,
Aber doch nicht gern allein,
Freute mich ſo gern zu Zwei’n.
Kommt, ihr Mädchen, kommt, ihr Knaben!
Wollt ihr mich zum Tanze haben?
Ricciolella wollte tanzen.
Niemand wollte mit ihr tanzen.
Arme, arme Ricciolella!
Niemand tanzt die Tarantella.
„O wie träg ſeid ihr geſchaffen!
Wollt nicht tanzen, wollt nur gaffen,
Greift nie zu, ſeid nie dabei.
Doch ich will tanzen, mit wem’s auch ſei.“
Ricciolella lief hinaus.
Traurig auf das Feld hinaus,
Fand dort ihre weißen Schäflein.
„Tanzt mit mir doch, liebe Schäflein!“
Doch die Schäflein blieben ſtumm,
Sahen gar nicht nach ihr um,
Fragten nichts, wohin ſie geh,
Fraßen fort an ihrem Klee.
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