Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Wolfgang Kirchbach. Stumm und schweigend in die Bläue Webt sie sich des heißen Himmels Und im schwülen Glanz der Sonne Ist sie endlich ganz verschwunden. Schwül und schweigend glüht der Mittag, Schlummert tief im Sonnenzauber, Flimmernd bebt der blaue Aether, Müde neigt das Korn die Aehre. Das Butterbrod. Im Schaum entstürzt der Mühle der Bach Und wirft die Fluth den Fluthen nach. "Erbarm' dich Himmel der Herzensnoth Mein Kindlein ringt im Fluthentod!" Es kommt ein Wandersmann gegangen, Ein Handwerksbursch mit bleichen Wangen. Er sieht's; Felleisen wirft er ab, Springt wortlos in das Wellengrab. Und wie er triefend sucht und ringt, Gerettet das Mägdlein ans Ufer sinkt. Da hält im Händchen noch fest und klein Sein Butterbrödchen das Mägdelein. "Gerettet das Kind! Das Brödchen gar! Du Edler, wir bringen dir Goldlohn dar!" "Ich leide schwere Hungersnoth -- Schenkt mir zum Lohn das kleine Brod!" Und spricht's und wandelt die Straße weiter Und ißt sein Brödchen still und heiter. Ihn segne die Sonne, so weit sie scheint -- Ich habe vor Freuden und Schmerz geweint. Wolfgang Kirchbach. Stumm und ſchweigend in die Bläue Webt ſie ſich des heißen Himmels Und im ſchwülen Glanz der Sonne Iſt ſie endlich ganz verſchwunden. Schwül und ſchweigend glüht der Mittag, Schlummert tief im Sonnenzauber, Flimmernd bebt der blaue Aether, Müde neigt das Korn die Aehre. Das Butterbrod. Im Schaum entſtürzt der Mühle der Bach Und wirft die Fluth den Fluthen nach. „Erbarm’ dich Himmel der Herzensnoth Mein Kindlein ringt im Fluthentod!“ Es kommt ein Wandersmann gegangen, Ein Handwerksburſch mit bleichen Wangen. Er ſieht’s; Felleiſen wirft er ab, Springt wortlos in das Wellengrab. Und wie er triefend ſucht und ringt, Gerettet das Mägdlein ans Ufer ſinkt. Da hält im Händchen noch feſt und klein Sein Butterbrödchen das Mägdelein. „Gerettet das Kind! Das Brödchen gar! Du Edler, wir bringen dir Goldlohn dar!“ „Ich leide ſchwere Hungersnoth — Schenkt mir zum Lohn das kleine Brod!“ Und ſpricht’s und wandelt die Straße weiter Und ißt ſein Brödchen ſtill und heiter. Ihn ſegne die Sonne, ſo weit ſie ſcheint — Ich habe vor Freuden und Schmerz geweint. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0280" n="262"/> <fw place="top" type="header">Wolfgang Kirchbach.</fw><lb/> <lg n="6"> <l>Stumm und ſchweigend in die Bläue</l><lb/> <l>Webt ſie ſich des heißen Himmels</l><lb/> <l>Und im ſchwülen Glanz der Sonne</l><lb/> <l>Iſt ſie endlich ganz verſchwunden.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Schwül und ſchweigend glüht der Mittag,</l><lb/> <l>Schlummert tief im Sonnenzauber,</l><lb/> <l>Flimmernd bebt der blaue Aether,</l><lb/> <l>Müde neigt das Korn die Aehre.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Butterbrod.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Im Schaum entſtürzt der Mühle der Bach</l><lb/> <l>Und wirft die Fluth den Fluthen nach.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>„Erbarm’ dich Himmel der Herzensnoth</l><lb/> <l>Mein Kindlein ringt im Fluthentod!“</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Es kommt ein Wandersmann gegangen,</l><lb/> <l>Ein Handwerksburſch mit bleichen Wangen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Er ſieht’s; Felleiſen wirft er ab,</l><lb/> <l>Springt wortlos in das Wellengrab.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und wie er triefend ſucht und ringt,</l><lb/> <l>Gerettet das Mägdlein ans Ufer ſinkt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da hält im Händchen noch feſt und klein</l><lb/> <l>Sein Butterbrödchen das Mägdelein.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>„Gerettet das Kind! Das Brödchen gar!</l><lb/> <l>Du Edler, wir bringen dir Goldlohn dar!“</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>„Ich leide ſchwere Hungersnoth —</l><lb/> <l>Schenkt mir zum Lohn das kleine Brod!“</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Und ſpricht’s und wandelt die Straße weiter</l><lb/> <l>Und ißt ſein Brödchen ſtill und heiter.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Ihn ſegne die Sonne, ſo weit ſie ſcheint —</l><lb/> <l>Ich habe vor Freuden und Schmerz geweint.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [262/0280]
Wolfgang Kirchbach.
Stumm und ſchweigend in die Bläue
Webt ſie ſich des heißen Himmels
Und im ſchwülen Glanz der Sonne
Iſt ſie endlich ganz verſchwunden.
Schwül und ſchweigend glüht der Mittag,
Schlummert tief im Sonnenzauber,
Flimmernd bebt der blaue Aether,
Müde neigt das Korn die Aehre.
Das Butterbrod.
Im Schaum entſtürzt der Mühle der Bach
Und wirft die Fluth den Fluthen nach.
„Erbarm’ dich Himmel der Herzensnoth
Mein Kindlein ringt im Fluthentod!“
Es kommt ein Wandersmann gegangen,
Ein Handwerksburſch mit bleichen Wangen.
Er ſieht’s; Felleiſen wirft er ab,
Springt wortlos in das Wellengrab.
Und wie er triefend ſucht und ringt,
Gerettet das Mägdlein ans Ufer ſinkt.
Da hält im Händchen noch feſt und klein
Sein Butterbrödchen das Mägdelein.
„Gerettet das Kind! Das Brödchen gar!
Du Edler, wir bringen dir Goldlohn dar!“
„Ich leide ſchwere Hungersnoth —
Schenkt mir zum Lohn das kleine Brod!“
Und ſpricht’s und wandelt die Straße weiter
Und ißt ſein Brödchen ſtill und heiter.
Ihn ſegne die Sonne, ſo weit ſie ſcheint —
Ich habe vor Freuden und Schmerz geweint.
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