Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oscar Linke. Es kam des Freundes Schatten Mit todesbleichem Munde; Er zeigte traurig lächelnd Mir seines Herzens Wunde ... Und wieder hört' ich nur So geisterhaft die Todtenuhr. Viel and're noch. Als letzte Blutlose Schatten nahten Mit duftlos welken Kränzen Die Sorgen, Wünsche, Thaten ... Eintönig pochte nur So geisterhaft die Todtenuhr. Und allen gab mein Träumen Ein flüchtig schönes Leben, Und alles sah ich wieder In Grabesnacht verschweben ... Denn immer pochte nur So geisterhaft die Todtenuhr. Indessen um mich langsam Hinstarb der Lampe Schimmer, Da winkte mir im Traume Der Sterne Glanzgeflimmer ... Doch stärker pochte nur So geisterhaft die Todtenuhr. Nacht war's. Ich sah die Erde In weiter blauer Ferne Als goldnes Sternchen schweben Im Reigentanz der Sterne ... Und leiser pochte nur So geisterhaft die Todtenuhr. Wie eine Rose deuchte Die Erde mir zu blühen, Wie eine kleine Leuchte Sah ich sie stumm verglühen ... Da schwieg -- täuscht' ich mich nur? -- So geisterhaft die Todtenuhr. Oscar Linke. Es kam des Freundes Schatten Mit todesbleichem Munde; Er zeigte traurig lächelnd Mir ſeines Herzens Wunde … Und wieder hört’ ich nur So geiſterhaft die Todtenuhr. Viel and’re noch. Als letzte Blutloſe Schatten nahten Mit duftlos welken Kränzen Die Sorgen, Wünſche, Thaten … Eintönig pochte nur So geiſterhaft die Todtenuhr. Und allen gab mein Träumen Ein flüchtig ſchönes Leben, Und alles ſah ich wieder In Grabesnacht verſchweben … Denn immer pochte nur So geiſterhaft die Todtenuhr. Indeſſen um mich langſam Hinſtarb der Lampe Schimmer, Da winkte mir im Traume Der Sterne Glanzgeflimmer … Doch ſtärker pochte nur So geiſterhaft die Todtenuhr. Nacht war’s. Ich ſah die Erde In weiter blauer Ferne Als goldnes Sternchen ſchweben Im Reigentanz der Sterne … Und leiſer pochte nur So geiſterhaft die Todtenuhr. Wie eine Roſe deuchte Die Erde mir zu blühen, Wie eine kleine Leuchte Sah ich ſie ſtumm verglühen … Da ſchwieg — täuſcht’ ich mich nur? — So geiſterhaft die Todtenuhr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0046" n="28"/> <fw place="top" type="header">Oscar Linke.</fw><lb/> <lg n="3"> <l>Es kam des Freundes Schatten</l><lb/> <l>Mit todesbleichem Munde;</l><lb/> <l>Er zeigte traurig lächelnd</l><lb/> <l>Mir ſeines Herzens Wunde …</l><lb/> <l>Und wieder hört’ ich nur</l><lb/> <l>So geiſterhaft die Todtenuhr.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Viel and’re noch. Als letzte</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Blutloſe</hi> Schatten nahten</l><lb/> <l>Mit duftlos welken Kränzen</l><lb/> <l>Die Sorgen, Wünſche, Thaten …</l><lb/> <l>Eintönig pochte nur</l><lb/> <l>So geiſterhaft die Todtenuhr.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und allen gab mein Träumen</l><lb/> <l>Ein flüchtig ſchönes Leben,</l><lb/> <l>Und alles ſah ich wieder</l><lb/> <l>In Grabesnacht verſchweben …</l><lb/> <l>Denn immer pochte nur</l><lb/> <l>So geiſterhaft die Todtenuhr.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Indeſſen um mich langſam</l><lb/> <l>Hinſtarb der Lampe Schimmer,</l><lb/> <l>Da winkte mir im Traume</l><lb/> <l>Der Sterne Glanzgeflimmer …</l><lb/> <l>Doch ſtärker pochte nur</l><lb/> <l>So geiſterhaft die Todtenuhr.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Nacht war’s. Ich ſah die Erde</l><lb/> <l>In weiter blauer Ferne</l><lb/> <l>Als goldnes Sternchen ſchweben</l><lb/> <l>Im Reigentanz der Sterne …</l><lb/> <l>Und leiſer pochte nur</l><lb/> <l>So geiſterhaft die Todtenuhr.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Wie eine Roſe deuchte</l><lb/> <l>Die Erde mir zu blühen,</l><lb/> <l>Wie eine kleine Leuchte</l><lb/> <l>Sah ich ſie ſtumm verglühen …</l><lb/> <l>Da ſchwieg — täuſcht’ ich mich nur? —</l><lb/> <l>So geiſterhaft die Todtenuhr.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0046]
Oscar Linke.
Es kam des Freundes Schatten
Mit todesbleichem Munde;
Er zeigte traurig lächelnd
Mir ſeines Herzens Wunde …
Und wieder hört’ ich nur
So geiſterhaft die Todtenuhr.
Viel and’re noch. Als letzte
Blutloſe Schatten nahten
Mit duftlos welken Kränzen
Die Sorgen, Wünſche, Thaten …
Eintönig pochte nur
So geiſterhaft die Todtenuhr.
Und allen gab mein Träumen
Ein flüchtig ſchönes Leben,
Und alles ſah ich wieder
In Grabesnacht verſchweben …
Denn immer pochte nur
So geiſterhaft die Todtenuhr.
Indeſſen um mich langſam
Hinſtarb der Lampe Schimmer,
Da winkte mir im Traume
Der Sterne Glanzgeflimmer …
Doch ſtärker pochte nur
So geiſterhaft die Todtenuhr.
Nacht war’s. Ich ſah die Erde
In weiter blauer Ferne
Als goldnes Sternchen ſchweben
Im Reigentanz der Sterne …
Und leiſer pochte nur
So geiſterhaft die Todtenuhr.
Wie eine Roſe deuchte
Die Erde mir zu blühen,
Wie eine kleine Leuchte
Sah ich ſie ſtumm verglühen …
Da ſchwieg — täuſcht’ ich mich nur? —
So geiſterhaft die Todtenuhr.
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