Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 4. Magdeburg, 1610.2. Liechter der erkentniß des Menschen. den Menschen verblendet/ das sie sichselbst nicht sehen noch erkennen kön- nen/ was gut oder böse ist/ in jhm selbst: Also haben wir zwey Wurtzeln/ alles gutes vnd böses/ vnnd zwey Thüren zu denselbigen/ wer dieselbe nicht weiß/ der kennet auch die zwey Städte nit/ Nemlich die Stadt der bösen vnd guten. Dann dieweil der Mensch zwey theil hat/ Leib vnnd Seele/ daher entstehen zweyerley vnterschiedtliche Liebe: Ei- ne wegen der Seele/ die ander wegen des Leibes: Auß der Seele entsprin- get die Liebe der hoheit oder fürtreff- ligkeit: Auß dem Leibe entspringet/ die Liebe der Wollust: Derhalben/ wer zu erst sich selbst liebet/ der liebet also balde seine eigene Ehre vnd Hoheit/ oder liebet die Wollust des Fleisches/ vnd diese zwey ding liebet er/ als zwey seiner grossen hohen Güter/ vnnd auß dieser zweyfachen Liebe wachsen dar- nach viel andere/ Nemlich alles was zu erhaltung eigener Ehre vnnd des Leibes X 5
2. Liechter der erkentniß des Menſchẽ. den Menſchen verblendet/ das ſie ſichſelbſt nicht ſehen noch erkennen koͤn- nen/ was gut oder boͤſe iſt/ in jhm ſelbſt: Alſo haben wir zwey Wurtzeln/ alles gutes vnd boͤſes/ vnnd zwey Thuͤren zu denſelbigen/ wer dieſelbe nicht weiß/ der kennet auch die zwey Staͤdte nit/ Nemlich die Stadt der boͤſen vñ guten. Dann dieweil der Menſch zwey theil hat/ Leib vnnd Seele/ daher entſtehen zweyerley vnterſchiedtliche Liebe: Ei- ne wegen der Seele/ die ander wegen des Leibes: Auß der Seele entſprin- get die Liebe der hoheit oder fuͤrtreff- ligkeit: Auß dem Leibe entſpringet/ die Liebe der Wolluſt: Derhalben/ wer zu erſt ſich ſelbſt liebet/ der liebet alſo balde ſeine eigene Ehre vnd Hoheit/ oder liebet die Wolluſt des Fleiſches/ vnd dieſe zwey ding liebet er/ als zwey ſeiner groſſen hohen Guͤter/ vnnd auß dieſer zweyfachen Liebe wachſen dar- nach viel andere/ Nemlich alles was zu erhaltung eigener Ehre vnnd des Leibes X 5
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2. Liechter der erkentniß des Menſchẽ.
den Menſchen verblendet/ das ſie ſich
ſelbſt nicht ſehen noch erkennen koͤn-
nen/ was gut oder boͤſe iſt/ in jhm ſelbſt:
Alſo haben wir zwey Wurtzeln/ alles
gutes vnd boͤſes/ vnnd zwey Thuͤren zu
denſelbigen/ wer dieſelbe nicht weiß/
der kennet auch die zwey Staͤdte nit/
Nemlich die Stadt der boͤſen vñ guten.
Dann dieweil der Menſch zwey theil
hat/ Leib vnnd Seele/ daher entſtehen
zweyerley vnterſchiedtliche Liebe: Ei-
ne wegen der Seele/ die ander wegen
des Leibes: Auß der Seele entſprin-
get die Liebe der hoheit oder fuͤrtreff-
ligkeit: Auß dem Leibe entſpringet/ die
Liebe der Wolluſt: Derhalben/ wer
zu erſt ſich ſelbſt liebet/ der liebet alſo
balde ſeine eigene Ehre vnd Hoheit/
oder liebet die Wolluſt des Fleiſches/
vnd dieſe zwey ding liebet er/ als zwey
ſeiner groſſen hohen Guͤter/ vnnd auß
dieſer zweyfachen Liebe wachſen dar-
nach viel andere/ Nemlich alles was
zu erhaltung eigener Ehre vnnd des
Leibes
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