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Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.

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Resl im Haus," dachte das arme Weib, "dann würde alles
wieder gut werden, der Jakob hat sie so lieb, daß er ihr zu
Gefallen gewiß das Trinken und damit das böse Wesen auf-
giebt. Wenn doch lieber heut als morgen Hochzeit wäre!"

Ganz anders war der Wetterstand beim Adlerbauer. Der
gute Wastel war über Nacht dageblieben, und wollte erst heute
in die Glashütte zurück. Jhm zu Ehren wurde Kaffee gekocht
und als dieser getrunken war, plauderte man und unterhielt
sich über das prächtige Festschießen. Besonders freuten sich die
beiden alten Kameraden, indem sie ihr Pfeifchen rauchten, daß
sie trotz ihrer unsicheren Hand doch noch ins Schwarze trafen.
Dann ergingen sie sich ohne End' in Lob über den König, den
guten Maxl, und ergänzten gegenseitig in Beispielen, wie herab-
lassend er wieder mit dem Volk redete, und wie er mehrere
dürftig Aussehende in sein Schloß bestellte, natürlich um wieder
mit vollen Händen sie zu beschenken. -- Die Resl erzählte da-
gegen, was für nette Mädeln sie kennen lernte, wie sie der
Tanz gefreut, und sagte, sie wünsche nur, daß dies nicht das
letzte Fest gewesen sei, so lang der König in Tegernsee bleibt.
Daß dem Kugler Josef der Meisterschuß nicht gelang, machte
ihr keinen Kummer, bis auf Einen ist es ja hundert Andern
auch nicht gerathen, und überhaupt war sie nicht so ehrgeizig,
als der Seppel nach seiner eigenen Beschaffenheit meinte. End-
lich stand der Wastel auf, um zur Mittagszeit zu Haus zu
sein, schüttelte dem Leonhard und der Resl die Hand und fragte
diese: "Nun Resl, schickst du mir nicht bald einen Hochzeits-
lader?" "Schweig' still, Wastel, beim Vater geht's mir viel
zu gut," war die Antwort. "Das grad thät' mich sonst frei-
lich freuen, Resl," sagte der Adler, "daß du noch gern bei mir
bleibst, wär' mir nur um den Seppel wegen dem langen Zu-
warten nicht so leid." "Nun, weißt du was", sagte zum Schluß
der Wastel, "über den Winter bleibst du noch daheim, aber
heute über ein Jahr mußt du eine Frau sein, das bitt' ich mir
aus." "Ei, da müßt schon noch was ganz Besonderes ge-
schehen," erwiederte die Resl schalkhaft, "was noch gar nicht da
war, und was ich mir selber gar nicht denken kann, sonst mußt

Resl im Haus,“ dachte das arme Weib, „dann würde alles
wieder gut werden, der Jakob hat ſie ſo lieb, daß er ihr zu
Gefallen gewiß das Trinken und damit das böſe Weſen auf-
giebt. Wenn doch lieber heut als morgen Hochzeit wäre!“

Ganz anders war der Wetterſtand beim Adlerbauer. Der
gute Waſtel war über Nacht dageblieben, und wollte erſt heute
in die Glashütte zurück. Jhm zu Ehren wurde Kaffee gekocht
und als dieſer getrunken war, plauderte man und unterhielt
ſich über das prächtige Feſtſchießen. Beſonders freuten ſich die
beiden alten Kameraden, indem ſie ihr Pfeifchen rauchten, daß
ſie trotz ihrer unſicheren Hand doch noch ins Schwarze trafen.
Dann ergingen ſie ſich ohne End’ in Lob über den König, den
guten Maxl, und ergänzten gegenſeitig in Beiſpielen, wie herab-
laſſend er wieder mit dem Volk redete, und wie er mehrere
dürftig Ausſehende in ſein Schloß beſtellte, natürlich um wieder
mit vollen Händen ſie zu beſchenken. — Die Resl erzählte da-
gegen, was für nette Mädeln ſie kennen lernte, wie ſie der
Tanz gefreut, und ſagte, ſie wünſche nur, daß dies nicht das
letzte Feſt geweſen ſei, ſo lang der König in Tegernſee bleibt.
Daß dem Kugler Joſef der Meiſterſchuß nicht gelang, machte
ihr keinen Kummer, bis auf Einen iſt es ja hundert Andern
auch nicht gerathen, und überhaupt war ſie nicht ſo ehrgeizig,
als der Seppel nach ſeiner eigenen Beſchaffenheit meinte. End-
lich ſtand der Waſtel auf, um zur Mittagszeit zu Haus zu
ſein, ſchüttelte dem Leonhard und der Resl die Hand und fragte
dieſe: „Nun Resl, ſchickſt du mir nicht bald einen Hochzeits-
lader?“ „Schweig’ ſtill, Waſtel, beim Vater geht’s mir viel
zu gut,“ war die Antwort. „Das grad thät’ mich ſonſt frei-
lich freuen, Resl,“ ſagte der Adler, „daß du noch gern bei mir
bleibſt, wär’ mir nur um den Seppel wegen dem langen Zu-
warten nicht ſo leid.“ „Nun, weißt du was“, ſagte zum Schluß
der Waſtel, „über den Winter bleibſt du noch daheim, aber
heute über ein Jahr mußt du eine Frau ſein, das bitt’ ich mir
aus.“ „Ei, da müßt ſchon noch was ganz Beſonderes ge-
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[0024] Resl im Haus,“ dachte das arme Weib, „dann würde alles wieder gut werden, der Jakob hat ſie ſo lieb, daß er ihr zu Gefallen gewiß das Trinken und damit das böſe Weſen auf- giebt. Wenn doch lieber heut als morgen Hochzeit wäre!“ Ganz anders war der Wetterſtand beim Adlerbauer. Der gute Waſtel war über Nacht dageblieben, und wollte erſt heute in die Glashütte zurück. Jhm zu Ehren wurde Kaffee gekocht und als dieſer getrunken war, plauderte man und unterhielt ſich über das prächtige Feſtſchießen. Beſonders freuten ſich die beiden alten Kameraden, indem ſie ihr Pfeifchen rauchten, daß ſie trotz ihrer unſicheren Hand doch noch ins Schwarze trafen. Dann ergingen ſie ſich ohne End’ in Lob über den König, den guten Maxl, und ergänzten gegenſeitig in Beiſpielen, wie herab- laſſend er wieder mit dem Volk redete, und wie er mehrere dürftig Ausſehende in ſein Schloß beſtellte, natürlich um wieder mit vollen Händen ſie zu beſchenken. — Die Resl erzählte da- gegen, was für nette Mädeln ſie kennen lernte, wie ſie der Tanz gefreut, und ſagte, ſie wünſche nur, daß dies nicht das letzte Feſt geweſen ſei, ſo lang der König in Tegernſee bleibt. Daß dem Kugler Joſef der Meiſterſchuß nicht gelang, machte ihr keinen Kummer, bis auf Einen iſt es ja hundert Andern auch nicht gerathen, und überhaupt war ſie nicht ſo ehrgeizig, als der Seppel nach ſeiner eigenen Beſchaffenheit meinte. End- lich ſtand der Waſtel auf, um zur Mittagszeit zu Haus zu ſein, ſchüttelte dem Leonhard und der Resl die Hand und fragte dieſe: „Nun Resl, ſchickſt du mir nicht bald einen Hochzeits- lader?“ „Schweig’ ſtill, Waſtel, beim Vater geht’s mir viel zu gut,“ war die Antwort. „Das grad thät’ mich ſonſt frei- lich freuen, Resl,“ ſagte der Adler, „daß du noch gern bei mir bleibſt, wär’ mir nur um den Seppel wegen dem langen Zu- warten nicht ſo leid.“ „Nun, weißt du was“, ſagte zum Schluß der Waſtel, „über den Winter bleibſt du noch daheim, aber heute über ein Jahr mußt du eine Frau ſein, das bitt’ ich mir aus.“ „Ei, da müßt ſchon noch was ganz Beſonderes ge- ſchehen,“ erwiederte die Resl ſchalkhaft, „was noch gar nicht da war, und was ich mir ſelber gar nicht denken kann, ſonſt mußt

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Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T10:39:18Z)

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Zitationshilfe: Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/24>, abgerufen am 09.11.2024.