Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.dessen Königin zu vergessen, aber noch immer nicht wollte es Voll Freude eilte der gute Sohn mit dieser Nachricht an's deſſen Königin zu vergeſſen, aber noch immer nicht wollte es Voll Freude eilte der gute Sohn mit dieſer Nachricht an’s <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0045"/> deſſen Königin zu vergeſſen, aber noch immer nicht wollte es<lb/> gelingen. Ach, und was ihn einzig und allein davon ablenkte,<lb/> war nichts Erfreuliches, ſondern im Gegentheil etwas recht<lb/> Schmerzliches. Seine Mutter, die er von Herzen liebte, wurde<lb/> immer elender und litt große Pein. — Da kam wie ein leuchten-<lb/> der Hoffnungsſtrahl die Kunde in ſein Haus, der König habe<lb/> an der Heilquelle zum hl. Kreuz im Wildbad Kreuth, das er<lb/> auch gekauft hatte, neue erweiterte Gebäude aufführen laſſen,<lb/> und zugleich habe er aus ſeiner Privatkaſſa ein Kapital von<lb/> fünfzigtauſend Gulden angewieſen, von deſſen Zinſen der unent-<lb/> geltliche Kurgebrauch für unbemittelte Kranke beſtritten werden<lb/> ſolle. „Wer weiß, vielleicht könnte dort die Mutter wieder ge-<lb/> ſund werden,“ dachte Franz. — „Aber wie ſollen wir zu einer<lb/> ſolchen Gunſt gelangen?“ Doch ſiehe da! noch am ſelben Tag<lb/> kam der König auf einer Spazierfahrt nach Tölz durch Gmund,<lb/> und als er am Haus vom Franz vorüber kam und dieſen er-<lb/> blickte, ließ er anhalten und rief: „Wie geht’s Franzl? Du<lb/> ſchauſt ja traurig aus, willſt du dir eine Gnad’ ausbitten?“ —<lb/> Nicht ſelten bot der König ſeine Gnaden von ſelbſt an, und<lb/> überdies hatte er ſeit dem letzten Feſte zu dem netten Burſchen<lb/> eine Art von Vorliebe gefaßt. — Die Antwort fiel aber ganz<lb/> anders aus, als der hohe Herr erwartet hatte. „Ach, Herr<lb/> König!“ ſagte Franz, „meine Mutter iſt ſchwer krank, und da<lb/> thät’ ich halt ſchön bitten für ſie um ein Freibad in Kreuth.“<lb/> Der König, welcher hierdurch ſichtlich überraſcht, zugleich aber<lb/> auch gerührt war, erwiederte: „Warum haſt du mir das <choice><sic>uicht</sic><corr>nicht</corr></choice><lb/> ſchon längſt geſagt, gleich morgen will ich ihr meinen Leibarzt<lb/> ſchicken; und was das Bad betrifft, ſo komm morgen zu mir<lb/> in’s Schloß, ich denk’, deine Bitt’ wird wohl erfüllt werden können.<lb/> B’hüt dich Gott, Franzl!“ und damit rollte der Hofwagen weiter.</p><lb/> <p>Voll Freude eilte der gute Sohn mit dieſer Nachricht an’s<lb/> Schmerzenslager ſeiner Mutter, und die Kranke meinte, dies<lb/> Glück allein mache ſie ſchon halb geſund. Franz war aber ſo<lb/> glücklich, daß er nicht einmal mehr die Wunde brennen fühlte,<lb/> die ihm die ſchöne Resl ſchlug. — Und wie ging’s dieſer Herzens-<lb/> räuberin auf der Halſerſpitz’? o, die war ganz fröhlichen Muth’s.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0045]
deſſen Königin zu vergeſſen, aber noch immer nicht wollte es
gelingen. Ach, und was ihn einzig und allein davon ablenkte,
war nichts Erfreuliches, ſondern im Gegentheil etwas recht
Schmerzliches. Seine Mutter, die er von Herzen liebte, wurde
immer elender und litt große Pein. — Da kam wie ein leuchten-
der Hoffnungsſtrahl die Kunde in ſein Haus, der König habe
an der Heilquelle zum hl. Kreuz im Wildbad Kreuth, das er
auch gekauft hatte, neue erweiterte Gebäude aufführen laſſen,
und zugleich habe er aus ſeiner Privatkaſſa ein Kapital von
fünfzigtauſend Gulden angewieſen, von deſſen Zinſen der unent-
geltliche Kurgebrauch für unbemittelte Kranke beſtritten werden
ſolle. „Wer weiß, vielleicht könnte dort die Mutter wieder ge-
ſund werden,“ dachte Franz. — „Aber wie ſollen wir zu einer
ſolchen Gunſt gelangen?“ Doch ſiehe da! noch am ſelben Tag
kam der König auf einer Spazierfahrt nach Tölz durch Gmund,
und als er am Haus vom Franz vorüber kam und dieſen er-
blickte, ließ er anhalten und rief: „Wie geht’s Franzl? Du
ſchauſt ja traurig aus, willſt du dir eine Gnad’ ausbitten?“ —
Nicht ſelten bot der König ſeine Gnaden von ſelbſt an, und
überdies hatte er ſeit dem letzten Feſte zu dem netten Burſchen
eine Art von Vorliebe gefaßt. — Die Antwort fiel aber ganz
anders aus, als der hohe Herr erwartet hatte. „Ach, Herr
König!“ ſagte Franz, „meine Mutter iſt ſchwer krank, und da
thät’ ich halt ſchön bitten für ſie um ein Freibad in Kreuth.“
Der König, welcher hierdurch ſichtlich überraſcht, zugleich aber
auch gerührt war, erwiederte: „Warum haſt du mir das nicht
ſchon längſt geſagt, gleich morgen will ich ihr meinen Leibarzt
ſchicken; und was das Bad betrifft, ſo komm morgen zu mir
in’s Schloß, ich denk’, deine Bitt’ wird wohl erfüllt werden können.
B’hüt dich Gott, Franzl!“ und damit rollte der Hofwagen weiter.
Voll Freude eilte der gute Sohn mit dieſer Nachricht an’s
Schmerzenslager ſeiner Mutter, und die Kranke meinte, dies
Glück allein mache ſie ſchon halb geſund. Franz war aber ſo
glücklich, daß er nicht einmal mehr die Wunde brennen fühlte,
die ihm die ſchöne Resl ſchlug. — Und wie ging’s dieſer Herzens-
räuberin auf der Halſerſpitz’? o, die war ganz fröhlichen Muth’s.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-06-17T10:39:18Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-06-17T10:39:18Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |