Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Das Inventarium war richtig, und er beschäftigte gleich einen seiner beiden Soldaten mit den Arbeiten zum Feuerwerk; mit dem andern ging er zu allen Kanonen und Mörsern, um die metallnen zu poliren und die eisernen schwarz anzustreichen. Bald füllte er auch eine hinlängliche Zahl Bomben und Granaten, ordnete auch alles Geschütz so, wie es stehen mußte, um den einzigen Aufgang nach dem Fort zu bestreichen. Das Fort ist nicht zu nehmen, rief er einmal über das andere begeistert. Ich will das Fort behaupten, auch wenn die Engländer mit hunderttausend Mann landen und stürmen! Aber die Unordnung war hier groß! -- So sieht es überall auf den Forts und Batterieen aus, sagte Tessier; der alte Commandant kann mit seinem Stelzfuß nicht mehr so weit steigen, und Gottlob! bis jetzt ist es den Engländern noch nicht eingefallen, zu landen. -- Das muß anders werden, rief Francoeur, ich will mir lieber die Zunge verbrennen, ehe ich zugebe, daß unsre Feinde Marseille einäschern oder wir sie doch fürchten müssen. Die Frau mußte ihm helfen, das Mauerwerk von Gras und Moos zu reinigen, es abzuweißen und die Lebensmittel in den Kasematten zu lüften. In den ersten Tagen wurde fast nicht geschlafen, so trieb der unermüdliche Francoeur zur Arbeit, und seine geschickte Hand fertigte in dieser Zeit, wozu ein Anderer wohl einen Monat gebraucht hätte. Bei dieser Thätigkeit ließen ihn seine Grillen ruhen; er war hastig, aber Alles zu Das Inventarium war richtig, und er beschäftigte gleich einen seiner beiden Soldaten mit den Arbeiten zum Feuerwerk; mit dem andern ging er zu allen Kanonen und Mörsern, um die metallnen zu poliren und die eisernen schwarz anzustreichen. Bald füllte er auch eine hinlängliche Zahl Bomben und Granaten, ordnete auch alles Geschütz so, wie es stehen mußte, um den einzigen Aufgang nach dem Fort zu bestreichen. Das Fort ist nicht zu nehmen, rief er einmal über das andere begeistert. Ich will das Fort behaupten, auch wenn die Engländer mit hunderttausend Mann landen und stürmen! Aber die Unordnung war hier groß! — So sieht es überall auf den Forts und Batterieen aus, sagte Tessier; der alte Commandant kann mit seinem Stelzfuß nicht mehr so weit steigen, und Gottlob! bis jetzt ist es den Engländern noch nicht eingefallen, zu landen. — Das muß anders werden, rief Francoeur, ich will mir lieber die Zunge verbrennen, ehe ich zugebe, daß unsre Feinde Marseille einäschern oder wir sie doch fürchten müssen. Die Frau mußte ihm helfen, das Mauerwerk von Gras und Moos zu reinigen, es abzuweißen und die Lebensmittel in den Kasematten zu lüften. In den ersten Tagen wurde fast nicht geschlafen, so trieb der unermüdliche Francoeur zur Arbeit, und seine geschickte Hand fertigte in dieser Zeit, wozu ein Anderer wohl einen Monat gebraucht hätte. Bei dieser Thätigkeit ließen ihn seine Grillen ruhen; er war hastig, aber Alles zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024"/> Das Inventarium war richtig, und er beschäftigte gleich einen seiner beiden Soldaten mit den Arbeiten zum Feuerwerk; mit dem andern ging er zu allen Kanonen und Mörsern, um die metallnen zu poliren und die eisernen schwarz anzustreichen. Bald füllte er auch eine hinlängliche Zahl Bomben und Granaten, ordnete auch alles Geschütz so, wie es stehen mußte, um den einzigen Aufgang nach dem Fort zu bestreichen. Das Fort ist nicht zu nehmen, rief er einmal über das andere begeistert. Ich will das Fort behaupten, auch wenn die Engländer mit hunderttausend Mann landen und stürmen! Aber die Unordnung war hier groß! — So sieht es überall auf den Forts und Batterieen aus, sagte Tessier; der alte Commandant kann mit seinem Stelzfuß nicht mehr so weit steigen, und Gottlob! bis jetzt ist es den Engländern noch nicht eingefallen, zu landen. — Das muß anders werden, rief Francoeur, ich will mir lieber die Zunge verbrennen, ehe ich zugebe, daß unsre Feinde Marseille einäschern oder wir sie doch fürchten müssen.</p><lb/> <p>Die Frau mußte ihm helfen, das Mauerwerk von Gras und Moos zu reinigen, es abzuweißen und die Lebensmittel in den Kasematten zu lüften. In den ersten Tagen wurde fast nicht geschlafen, so trieb der unermüdliche Francoeur zur Arbeit, und seine geschickte Hand fertigte in dieser Zeit, wozu ein Anderer wohl einen Monat gebraucht hätte. Bei dieser Thätigkeit ließen ihn seine Grillen ruhen; er war hastig, aber Alles zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
Das Inventarium war richtig, und er beschäftigte gleich einen seiner beiden Soldaten mit den Arbeiten zum Feuerwerk; mit dem andern ging er zu allen Kanonen und Mörsern, um die metallnen zu poliren und die eisernen schwarz anzustreichen. Bald füllte er auch eine hinlängliche Zahl Bomben und Granaten, ordnete auch alles Geschütz so, wie es stehen mußte, um den einzigen Aufgang nach dem Fort zu bestreichen. Das Fort ist nicht zu nehmen, rief er einmal über das andere begeistert. Ich will das Fort behaupten, auch wenn die Engländer mit hunderttausend Mann landen und stürmen! Aber die Unordnung war hier groß! — So sieht es überall auf den Forts und Batterieen aus, sagte Tessier; der alte Commandant kann mit seinem Stelzfuß nicht mehr so weit steigen, und Gottlob! bis jetzt ist es den Engländern noch nicht eingefallen, zu landen. — Das muß anders werden, rief Francoeur, ich will mir lieber die Zunge verbrennen, ehe ich zugebe, daß unsre Feinde Marseille einäschern oder wir sie doch fürchten müssen.
Die Frau mußte ihm helfen, das Mauerwerk von Gras und Moos zu reinigen, es abzuweißen und die Lebensmittel in den Kasematten zu lüften. In den ersten Tagen wurde fast nicht geschlafen, so trieb der unermüdliche Francoeur zur Arbeit, und seine geschickte Hand fertigte in dieser Zeit, wozu ein Anderer wohl einen Monat gebraucht hätte. Bei dieser Thätigkeit ließen ihn seine Grillen ruhen; er war hastig, aber Alles zu
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
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