Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Der andere sprach: "So sing uns das Amte,
"Das helfen wir dir Bruder allesammte,
"Als wir vor und nach dem Pfluge gethan haben."
Der Neithard kam wohl zu den Bauren getreten:
"Ihr liebe Kind wer hat euch her gebeten,
"Daß ihr so liegt in Gottes Ordnung hie."
"Nun lieber Herr, das hat uns Gott erschaffen,
"Wir sind all worden hie zu Pfaffen,
"Und sind dazu gar wenig doch gelehrt."
"Ihr lieben Kind, zum Lernen seyd ihr junge,
"In meinem Mund trag ich eine gelehrte Zunge,
"Und gute Lehre geb ich euch nun hie."
Mit guten Worten bracht er's auf die Straße,
Dahin gen Wien, so sie Gott immer hasse,
Wohl auf die Brücke vor des Herzogs Thor.
Er stellt sie vor das Thor wohl auf die Brücken,
Er kehrt ihnen die Geländer wohl an den Rücken:
"Nun lieben Brüder wartet mein hiervor.
"So will ich gehen zu Herzog Otten grade,
"Daß er uns bald mit einer Zell berathe,
"Darin wollen wir singen grob und klar.
"Lieber Herzog Otto, ich bin ein Priester worden,
"Und habe mir gestiftet selbst einen neuen Orden,
"Draußen stehn meine Brüder all in einer Schaar.

Der andere ſprach: „So ſing uns das Amte,
„Das helfen wir dir Bruder alleſammte,
„Als wir vor und nach dem Pfluge gethan haben.“
Der Neithard kam wohl zu den Bauren getreten:
„Ihr liebe Kind wer hat euch her gebeten,
„Daß ihr ſo liegt in Gottes Ordnung hie.“
„Nun lieber Herr, das hat uns Gott erſchaffen,
„Wir ſind all worden hie zu Pfaffen,
„Und ſind dazu gar wenig doch gelehrt.“
„Ihr lieben Kind, zum Lernen ſeyd ihr junge,
„In meinem Mund trag ich eine gelehrte Zunge,
„Und gute Lehre geb ich euch nun hie.“
Mit guten Worten bracht er's auf die Straße,
Dahin gen Wien, ſo ſie Gott immer haſſe,
Wohl auf die Bruͤcke vor des Herzogs Thor.
Er ſtellt ſie vor das Thor wohl auf die Bruͤcken,
Er kehrt ihnen die Gelaͤnder wohl an den Ruͤcken:
„Nun lieben Bruͤder wartet mein hiervor.
„So will ich gehen zu Herzog Otten grade,
„Daß er uns bald mit einer Zell berathe,
„Darin wollen wir ſingen grob und klar.
„Lieber Herzog Otto, ich bin ein Prieſter worden,
„Und habe mir geſtiftet ſelbſt einen neuen Orden,
„Draußen ſtehn meine Bruͤder all in einer Schaar.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0116" n="107"/>
            <lg n="27">
              <l>Der andere &#x017F;prach: &#x201E;So &#x017F;ing uns das Amte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das helfen wir dir Bruder alle&#x017F;ammte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als wir vor und nach dem Pfluge gethan haben.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="28">
              <l>Der Neithard kam wohl zu den Bauren getreten:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ihr liebe Kind wer hat euch her gebeten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß ihr &#x017F;o liegt in Gottes Ordnung hie.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="29">
              <l>&#x201E;Nun lieber Herr, das hat uns Gott er&#x017F;chaffen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wir &#x017F;ind all worden hie zu Pfaffen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und &#x017F;ind dazu gar wenig doch gelehrt.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="30">
              <l>&#x201E;Ihr lieben Kind, zum Lernen &#x017F;eyd ihr junge,</l><lb/>
              <l>&#x201E;In meinem Mund trag ich eine gelehrte Zunge,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und gute Lehre geb ich euch nun hie.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="31">
              <l>Mit guten Worten bracht er's auf die Straße,</l><lb/>
              <l>Dahin gen Wien, &#x017F;o &#x017F;ie Gott immer ha&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Wohl auf die Bru&#x0364;cke vor des Herzogs Thor.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="32">
              <l>Er &#x017F;tellt &#x017F;ie vor das Thor wohl auf die Bru&#x0364;cken,</l><lb/>
              <l>Er kehrt ihnen die Gela&#x0364;nder wohl an den Ru&#x0364;cken:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nun lieben Bru&#x0364;der wartet mein hiervor.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="33">
              <l>&#x201E;So will ich gehen zu Herzog Otten grade,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß er uns bald mit einer Zell berathe,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Darin wollen wir &#x017F;ingen grob und klar.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="34">
              <l>&#x201E;Lieber Herzog Otto, ich bin ein Prie&#x017F;ter worden,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und habe mir ge&#x017F;tiftet &#x017F;elb&#x017F;t einen neuen Orden,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Draußen &#x017F;tehn meine Bru&#x0364;der all in einer Schaar.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0116] Der andere ſprach: „So ſing uns das Amte, „Das helfen wir dir Bruder alleſammte, „Als wir vor und nach dem Pfluge gethan haben.“ Der Neithard kam wohl zu den Bauren getreten: „Ihr liebe Kind wer hat euch her gebeten, „Daß ihr ſo liegt in Gottes Ordnung hie.“ „Nun lieber Herr, das hat uns Gott erſchaffen, „Wir ſind all worden hie zu Pfaffen, „Und ſind dazu gar wenig doch gelehrt.“ „Ihr lieben Kind, zum Lernen ſeyd ihr junge, „In meinem Mund trag ich eine gelehrte Zunge, „Und gute Lehre geb ich euch nun hie.“ Mit guten Worten bracht er's auf die Straße, Dahin gen Wien, ſo ſie Gott immer haſſe, Wohl auf die Bruͤcke vor des Herzogs Thor. Er ſtellt ſie vor das Thor wohl auf die Bruͤcken, Er kehrt ihnen die Gelaͤnder wohl an den Ruͤcken: „Nun lieben Bruͤder wartet mein hiervor. „So will ich gehen zu Herzog Otten grade, „Daß er uns bald mit einer Zell berathe, „Darin wollen wir ſingen grob und klar. „Lieber Herzog Otto, ich bin ein Prieſter worden, „Und habe mir geſtiftet ſelbſt einen neuen Orden, „Draußen ſtehn meine Bruͤder all in einer Schaar.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/116
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/116>, abgerufen am 21.11.2024.