Der schwarze Vogel von dem Baum Schwang weiter sein Gefieder.
"Mein Kuß ist leicht, wiegt nur ein Loth, "Du wirst nicht bleich, du wirst nicht roth, "Brauchst dich nicht mehr zu schämen, "In deinem Schooße stirbt sichs gut." Er thät sichs Leben nehmen.
Das Leiden des Herren.
Fliegendes Blat.
Christus, der Herr im Garten ging, Sein bittres Leiden bald anfing, Da trauert Laub und grünes Gras, Weil Judas seiner bald vergas.
Sehr fälschlich er ihn hinterging, Ein schnödes Geld dafür empfing, Verkaufte seinen Gott und Herrn, Das sahen die Juden herzlich gern.
Sie gingen in den Garten hin, Mit zornigem und bösem Sinn, Mit Spieß und Stangen die lose Rott, Gefangen nahmen unsern Gott.
Sie führten ihn ins Richters Haus, Mit scharfen Striemen wieder raus, Gegeiselt und mit Dorn gekrönt, Ach Jesu! wurdest du verhöhnt.
Der ſchwarze Vogel von dem Baum Schwang weiter ſein Gefieder.
„Mein Kuß iſt leicht, wiegt nur ein Loth, „Du wirſt nicht bleich, du wirſt nicht roth, „Brauchſt dich nicht mehr zu ſchaͤmen, „In deinem Schooße ſtirbt ſichs gut.“ Er thaͤt ſichs Leben nehmen.
Das Leiden des Herren.
Fliegendes Blat.
Chriſtus, der Herr im Garten ging, Sein bittres Leiden bald anfing, Da trauert Laub und gruͤnes Gras, Weil Judas ſeiner bald vergas.
Sehr faͤlſchlich er ihn hinterging, Ein ſchnoͤdes Geld dafuͤr empfing, Verkaufte ſeinen Gott und Herrn, Das ſahen die Juden herzlich gern.
Sie gingen in den Garten hin, Mit zornigem und boͤſem Sinn, Mit Spieß und Stangen die loſe Rott, Gefangen nahmen unſern Gott.
Sie fuͤhrten ihn ins Richters Haus, Mit ſcharfen Striemen wieder raus, Gegeiſelt und mit Dorn gekroͤnt, Ach Jeſu! wurdeſt du verhoͤhnt.
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Der ſchwarze Vogel von dem Baum
Schwang weiter ſein Gefieder.
„Mein Kuß iſt leicht, wiegt nur ein Loth,
„Du wirſt nicht bleich, du wirſt nicht roth,
„Brauchſt dich nicht mehr zu ſchaͤmen,
„In deinem Schooße ſtirbt ſichs gut.“
Er thaͤt ſichs Leben nehmen.
Das Leiden des Herren.
Fliegendes Blat.
Chriſtus, der Herr im Garten ging,
Sein bittres Leiden bald anfing,
Da trauert Laub und gruͤnes Gras,
Weil Judas ſeiner bald vergas.
Sehr faͤlſchlich er ihn hinterging,
Ein ſchnoͤdes Geld dafuͤr empfing,
Verkaufte ſeinen Gott und Herrn,
Das ſahen die Juden herzlich gern.
Sie gingen in den Garten hin,
Mit zornigem und boͤſem Sinn,
Mit Spieß und Stangen die loſe Rott,
Gefangen nahmen unſern Gott.
Sie fuͤhrten ihn ins Richters Haus,
Mit ſcharfen Striemen wieder raus,
Gegeiſelt und mit Dorn gekroͤnt,
Ach Jeſu! wurdeſt du verhoͤhnt.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/151>, abgerufen am 16.07.2024.
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