Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
Große Wäsche.

Frische Liedlein und mündlich.

Der Mai will sich mit Gunsten,
Mit Gunsten beweisen,
Prüf' ich an aller Vögelein Gesang,
Der Sommer kömmt, vor nicht gar lang
Hört ich Frau Nachtigal singen,
Sie sang recht wie ein Saitenspiel:
"Der Mai bald will
"Den lichten Sommer bringen, und zwingen
"Die Jungfräulein zu Springen und Singen.
"Jedoch so sind die Kleider
"Mir leider zerrissen,
"Ich schäme mich vor andrer Mägdlein Schaar,
"Mit meinen Schenklein geh ich bar,
"Weil ich grad waschen wollte,
"Der Reif und auch der kalte Schnee
"That mir wohl weh,
"Ich will als Waschgesellen bestellen,
"Die Jungfraun an den hellen Waldquellen.
"Komm, komm, lieb, lieb, Agnette,
"Margretha, Sophia,
"Elisabetha, Amaleya traut,
"Sibilla, Lilla, Frau Gertraut,
"Kommt bald ihr Mägdlein schöne,
"Kommt bald und wascht euch säuberlich,
"Und schmücket mich."
Große Waͤſche.

Friſche Liedlein und muͤndlich.

Der Mai will ſich mit Gunſten,
Mit Gunſten beweiſen,
Pruͤf' ich an aller Voͤgelein Geſang,
Der Sommer koͤmmt, vor nicht gar lang
Hoͤrt ich Frau Nachtigal ſingen,
Sie ſang recht wie ein Saitenſpiel:
„Der Mai bald will
„Den lichten Sommer bringen, und zwingen
„Die Jungfraͤulein zu Springen und Singen.
„Jedoch ſo ſind die Kleider
„Mir leider zerriſſen,
„Ich ſchaͤme mich vor andrer Maͤgdlein Schaar,
„Mit meinen Schenklein geh ich bar,
„Weil ich grad waſchen wollte,
„Der Reif und auch der kalte Schnee
„That mir wohl weh,
„Ich will als Waſchgeſellen beſtellen,
„Die Jungfraun an den hellen Waldquellen.
„Komm, komm, lieb, lieb, Agnette,
„Margretha, Sophia,
„Eliſabetha, Amaleya traut,
„Sibilla, Lilla, Frau Gertraut,
„Kommt bald ihr Maͤgdlein ſchoͤne,
„Kommt bald und waſcht euch ſaͤuberlich,
„Und ſchmuͤcket mich.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0210" n="201"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Große Wa&#x0364;&#x017F;che</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">Fri&#x017F;che Liedlein und mu&#x0364;ndlich.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>er Mai will &#x017F;ich mit Gun&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Mit Gun&#x017F;ten bewei&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Pru&#x0364;f' ich an aller Vo&#x0364;gelein Ge&#x017F;ang,</l><lb/>
              <l>Der Sommer ko&#x0364;mmt, vor nicht gar lang</l><lb/>
              <l>Ho&#x0364;rt ich Frau Nachtigal &#x017F;ingen,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ang recht wie ein Saiten&#x017F;piel:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der Mai bald will</l><lb/>
              <l>&#x201E;Den lichten Sommer bringen, und zwingen</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Jungfra&#x0364;ulein zu Springen und Singen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>&#x201E;Jedoch &#x017F;o &#x017F;ind die Kleider</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mir leider zerri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich &#x017F;cha&#x0364;me mich vor andrer Ma&#x0364;gdlein Schaar,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mit meinen Schenklein geh ich bar,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil ich grad wa&#x017F;chen wollte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der Reif und auch der kalte Schnee</l><lb/>
              <l>&#x201E;That mir wohl weh,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ich will als Wa&#x017F;chge&#x017F;ellen be&#x017F;tellen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Jungfraun an den hellen Waldquellen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>&#x201E;Komm, komm, lieb, lieb, Agnette,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Margretha, Sophia,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Eli&#x017F;abetha, Amaleya traut,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sibilla, Lilla, Frau Gertraut,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Kommt bald ihr Ma&#x0364;gdlein &#x017F;cho&#x0364;ne,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Kommt bald und wa&#x017F;cht euch &#x017F;a&#x0364;uberlich,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und &#x017F;chmu&#x0364;cket mich.&#x201C;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0210] Große Waͤſche. Friſche Liedlein und muͤndlich. Der Mai will ſich mit Gunſten, Mit Gunſten beweiſen, Pruͤf' ich an aller Voͤgelein Geſang, Der Sommer koͤmmt, vor nicht gar lang Hoͤrt ich Frau Nachtigal ſingen, Sie ſang recht wie ein Saitenſpiel: „Der Mai bald will „Den lichten Sommer bringen, und zwingen „Die Jungfraͤulein zu Springen und Singen. „Jedoch ſo ſind die Kleider „Mir leider zerriſſen, „Ich ſchaͤme mich vor andrer Maͤgdlein Schaar, „Mit meinen Schenklein geh ich bar, „Weil ich grad waſchen wollte, „Der Reif und auch der kalte Schnee „That mir wohl weh, „Ich will als Waſchgeſellen beſtellen, „Die Jungfraun an den hellen Waldquellen. „Komm, komm, lieb, lieb, Agnette, „Margretha, Sophia, „Eliſabetha, Amaleya traut, „Sibilla, Lilla, Frau Gertraut, „Kommt bald ihr Maͤgdlein ſchoͤne, „Kommt bald und waſcht euch ſaͤuberlich, „Und ſchmuͤcket mich.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/210
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/210>, abgerufen am 21.11.2024.