"Unmenschlich brennend dürsten, "Wie Tantalus am Bach?
"In mir kannst du ihn haben, "Ich bin schwach! sonder Müh, "Weil ich die theuren Gaben, "Im Magen trag allhie, "Davon mir Nahrung kömmt, "Und aller andrer Leibe; "Nicht, wie der mit dem Weibe, "Der über dich ergrimmt.
"Derselbe trägts im Herzen, "Und schleußts inwendig ein, "Doch macht es mir viel Schmerzen, "Soll ich Gewährs-Mann seyn? "Mein Grab ist ja dein Stoß, "Ach schone meines Lebens! "Was würgst du mich vergebens? "Ich bin alt, arm und bloß.
"Ich bin der Kinder-Fresser, "Was Noth, daß du viel lochst? "Mein Nachbar hat viel besser, "Was du so emsig suchst; "Drum prahlt er also sehr, "Er ist, schau nur ein Lager, "Der Königin Herr Schwager, "Was willt du ferner mehr?
„Unmenſchlich brennend duͤrſten, „Wie Tantalus am Bach?
„In mir kannſt du ihn haben, „Ich bin ſchwach! ſonder Muͤh, „Weil ich die theuren Gaben, „Im Magen trag allhie, „Davon mir Nahrung koͤmmt, „Und aller andrer Leibe; „Nicht, wie der mit dem Weibe, „Der uͤber dich ergrimmt.
„Derſelbe traͤgts im Herzen, „Und ſchleußts inwendig ein, „Doch macht es mir viel Schmerzen, „Soll ich Gewaͤhrs-Mann ſeyn? „Mein Grab iſt ja dein Stoß, „Ach ſchone meines Lebens! „Was wuͤrgſt du mich vergebens? „Ich bin alt, arm und bloß.
„Ich bin der Kinder-Freſſer, „Was Noth, daß du viel lochſt? „Mein Nachbar hat viel beſſer, „Was du ſo emſig ſuchſt; „Drum prahlt er alſo ſehr, „Er iſt, ſchau nur ein Lager, „Der Koͤnigin Herr Schwager, „Was willt du ferner mehr?
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„Unmenſchlich brennend duͤrſten,
„Wie Tantalus am Bach?
„In mir kannſt du ihn haben,
„Ich bin ſchwach! ſonder Muͤh,
„Weil ich die theuren Gaben,
„Im Magen trag allhie,
„Davon mir Nahrung koͤmmt,
„Und aller andrer Leibe;
„Nicht, wie der mit dem Weibe,
„Der uͤber dich ergrimmt.
„Derſelbe traͤgts im Herzen,
„Und ſchleußts inwendig ein,
„Doch macht es mir viel Schmerzen,
„Soll ich Gewaͤhrs-Mann ſeyn?
„Mein Grab iſt ja dein Stoß,
„Ach ſchone meines Lebens!
„Was wuͤrgſt du mich vergebens?
„Ich bin alt, arm und bloß.
„Ich bin der Kinder-Freſſer,
„Was Noth, daß du viel lochſt?
„Mein Nachbar hat viel beſſer,
„Was du ſo emſig ſuchſt;
„Drum prahlt er alſo ſehr,
„Er iſt, ſchau nur ein Lager,
„Der Koͤnigin Herr Schwager,
„Was willt du ferner mehr?
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/278>, abgerufen am 25.11.2024.
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